Unterkostenangebot

Öffentliche Aufträge: Aufklärungspflicht bei Widersprüchen im Angebot

Das OLG Düsseldorf hat mit Beschluss vom 21. Oktober 2015 entschieden, dass der öffentliche Auftraggeber Angebote, die bei Vorliegen formaler Mängel wegen widersprüchlicher Angaben (Erklärungen oder Nachweise) an sich „ausschlusswürdig” sind, nicht ohne weiteres von der Wertung ausnehmen darf, ohne dass von einem Ausschluss bedrohte Bieterunternehmen zuvor zu einer Aufklärung über den Inhalt des Angebotes aufgefordert und ihm Gelegenheit gegeben zu haben, den Tatbestand der Widersprüchlichkeit nachvollziehbar auszuräumen.

Baustelle Foto Grit GehlenDer Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde:
Im Rahmen einer Ausschreibung von Bauleistungen an einer Autobahn sahen die Vergabeunterlagen vor, dass die Bieter mit dem Angebot eine Liste der Leistungen einzureichen hatten, die von Nachunternehmern ausgeführt werden sollten.

Nach dem Öffnungstermin forderte die Vergabestelle die Namen der vorgesehenen Nachunternehmer an.
Bei einer Position, die Planungsleistungen für  ein Traggerüst betraf, vermerkte der günstigste Bieter auf der eingereichten Nachunternehmerliste zu diesem Punkt „Eigenleistung, keine Nachunternehmerleistung”.
Da die entsprechende Leistung laut Angebot aber eine Nachunternehmerleistung sein sollte, schloss die Vergabestelle das Angebot wegen Widersprüchlichkeit aus.

Der hiergegen gerichtete Nachprüfungsantrag hatte vor dem OLG Erfolg. Dieses vertrat die Auffassung, dass der Auftraggeber Angebote, die widersprüchliche Angaben enthalten, nicht ohne vorherige schriftliche Aufklärung ausschließen dürfe. Er habe in einem solchen Fall vielmehr das Verfahren nach § 15 Vergabeverordnung (VOB/A) einzuleiten.
Dies folge nicht nur aus dem Gebot der Transparenz, sondern auch daraus, dass der Auftraggeber Bietern, denen die Rechtsfolge einer unterbliebenen Mitwirkung drohe, einen Angebotsausschluss nach § 15 Abs. 2 VOB/A nachhaltig vor Augen zu führen habe, um sie zu der gebotenen Mitwirkung anzuhalten.

Hinweis:
Das OLG Düsseldorf hat zu Recht auf die Aufklärungspflicht nach § 15 VOB/A verwiesen, zumal es sich hier um einen Widerspruch in einer untergeordneten Position handelte. Ob die Entscheidung auch so erfolgt wäre, wenn der Widerspruch eine Position mit Wettbewerbsrelevanz betroffen hätte, dürfte zumindest zweifelhaft sein.
Auch die Vergabekammer des Bundes hat sich in einem aktuellen Beschluss vom 15.09.2015 (Az.: VK 1-86/15) gegen den vorschnellen Ausschluss von Angeboten wegen vermeintlicher Abweichungen von der Leistungsbeschreibung gewandt.
(OLG Düsseldorf, Beschluss vom 21.10.2015, Az.: Verg 35/15)

2016-01-23

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