Ralph Schipke

Corona: Zusammentreffen von Urlaub und Quarantäne bei Arbeitnehmern

Im Zusammenhang mit angeordneter Quarantäne, Krankschreibung und Urlaub von Arbeitnehmern kommt es immer wieder zu Unsicherheiten. Mittlerweile gibt es erste gerichtliche Entscheidungen.

So hat das Arbeitsgericht Bonn mit Urteil vom 07.07.2021 entschieden, dass eine Arbeitnehmerin, die sich während ihrer Urlaubszeit mit dem Coronavirus infiziert und sich daraufhin in Quarantäne begeben muss, ohne zugleich arbeitsunfähig erkrankt zu sein, keinen Anspruch auf Nachgewährung von Urlaubstagen hat.

Im entschiedenen Fall wurde der Arbeitnehmerin für den Zeitraum vom 30. November bis 12. Dezember 2020 Erholungsurlaub gewährt. Aufgrund einer Infektion mit dem Coronavirus musste sie sich auf behördliche Anordnung in der Zeit vom 27. November 2020 bis 7. Dezember 2020 in Quarantäne begeben. Eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lag für diesen Zeitraum nicht vor.
Die Arbeitnehmerin klagte sodann auf Nachgewährung von fünf Urlaubstagen.

Voraussetzungen nach § 9 BUrlG lagen nicht vor

Das Arbeitsgericht Bonn hat die Klage abgewiesen. Die Voraussetzungen des § 9 BUrlG für die Nachgewährung von Urlaubstagen lägen nicht vor. § 9 BUrlG bestimme, dass bei einer durch ein ärztliches Attest nachgewiesenen Erkrankung die Arbeitsunfähigkeitstage nicht auf den Jahresurlaub angerechnet würden.
Die Klägerin habe ihre Arbeitsunfähigkeit jedoch nicht durch ein ärztliches Attest nachgewiesen.
Eine behördliche Quarantäneanordnung stünde einem ärztlichen Zeugnis über die Arbeitsunfähigkeit nicht gleich. Die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers obliege allein dem behandelnden Arzt und keiner Behörde.

Eine analoge Anwendung von § 9 BUrIG scheide bei einer behördlichen Quarantäneanordnung aus. Es liege weder eine planwidrige Regelungslücke noch ein mit einer Arbeitsunfähigkeit vergleichbarer Sachverhalt vor. Eine Erkrankung mit dem Coronavirus führe dort, wo die Erbringung der Arbeitsleistung aus dem sog. Homeoffice möglich ist, nicht zwingend und unmittelbar zu einer Arbeitsunfähigkeit.

Die Entscheidung des Arbeitsgericht Bonn ist noch nicht rechtskräftig. Es kann Berufung eingelegt werden.

Quelle: Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 07.07.2021 – 2 Ca 504/21 (Pressemitteilunq)

Was sagt § 9 Bundesurlaubsgesetz?

Eine Anrechnung unterbleibt nach § 9 BurIG nur bei einer, durch ärztliches Zeugnis nachgewiesenen Arbeitsunfähigkeit. Bei einem Arbeitnehmer, der sich in Quarantäne befindet, aber nicht arbeitsunfähig erkrankt ist, rechtfertigt sich mangels planwidriger Regelungslücke keine analoge Anwendung des § 9 BUrIG.
Der Gesetzgeber macht mit dem eindeutigen Wortlaut des § 9 BUrIG klar, dass nur Urlaub und Krankheit einander ausschließen. Andere den Urlaubszweck gefährdende Ereignisse sind insoweit Teil des persönlichen Lebensschicksals des einzelnen Arbeitnehmers (vgl. BAG, Urteil vom 09.08.1994 – 9 AZR 384/92). Abweichungen von der allgemeinen Gefahrtragungsregel kommen nur in Betracht, soweit der Gesetzgeber oder die Tarifvertragsparteien besondere urlaubsrechtliche Normen wie § 9 BUrlG schaffen.

Tipp: Grundlegende Informationen zu Entschädigungsansprüchen nach § 56 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) Ansprüche (Ersatz des Verdienstausfalls für Arbeitnehmer und Selbständige) findet man in den FAQ des BMG.

2021-07-29

Print Friendly, PDF & Email