Kündigung nach Kleinbetriebsregel: Zählen Fremdgeschäftsführer als Arbeitnehmer?

Haben Geschäftsführer keine Anteile am Unternehmen und arbeiten in der Regel auf der Basis eines Geschäftsführerdienstvertrages, werden sie als Fremdgeschäftsführer bezeichnet.

In Kleinunternehmen sind die Hürden für eine Kündigung geringer als in größeren Unternehmen. Denn der gesetzliche Kündigungsschutz greift erst dann, wenn ein Betrieb in der Regel mehr als zehn Arbeitnehmer beschäftigt.
Erhöhen die Fremdgeschäftsführer die Anzahl der Arbeitnehmer, die für die Einstufung als Kleinbetrieb wichtig ist?

In der allgemeinen Rechtsprechung geht man davon aus, dass Fremdgeschäftsführer keine arbeitnehmerähnliche, sondern eine arbeitgeberähnliche Person sind.

Aktuelles Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG)

Aktuell wurde vom Bundesarbeitsgericht in einem Verfahren, in dem die die Parteien über die Wirksamkeit einer ordentlichen Kündigung stritten, zum Thema verhandelt.

Der Kläger war seit Dezember 2016 bei der Beklagten beschäftigt. Diese kündigte das Arbeitsverhältnis ordentlich mit Schreiben vom 21. Juni 2019 zum 31. Juli 2019.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger gegen die Kündigung gewandt. Diese sei sozial nicht gerechtfertigt. Auf das Arbeitsverhältnis der Parteien finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung, denn auch die beiden Fremdgeschäftsführer der Beklagten seien als Arbeitnehmer zu berücksichtigen. Damit würde die Kleinbetriebsregel nicht greifen. Die Kündigung sei auch sitten- und treuwidrig.

Das BAG hat wie folgt entschieden:

Die Kündigung der Beklagten vom 21. Juni 2019 hat das Arbeitsverhältnis der Parteien aufgelöst.
Die Kündigung bedurfte nicht der sozialen Rechtfertigung gemäß § 1 Abs. 2 KSchG, denn die Beklagte beschäftigt nicht mehr als 10 Arbeitnehmer iSd. § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG.
Bei ihr sind nach den nicht mit der Revision angegriffenen Feststellungen des Landesarbeitsgerichts nur 8,5 Arbeitnehmer beschäftigt. Die beiden Fremdgeschäftsführer der Beklagten bleiben bei der Berechnung der Anzahl der beschäftigten Arbeitnehmer unberücksichtigt.

Aus der Begründung:

Der Geschäftsführer einer GmbH wird für diese in aller Regel auf der Grundlage eines freien Dienstvertrags, nicht eines Arbeitsvertrags tätig. Auch gegenüber einem Geschäftsführer als freiem Dienstnehmer steht der Gesellschaft ein unternehmerisches Weisungsrecht zu. Eine Weisungsgebundenheit des GmbH-Geschäftsführers, die so stark ist, dass sie auf einen Status als Arbeitnehmer schließen lässt, kommt allenfalls in extremen Ausnahmefällen in Betracht.

Es ist dabei auch unter Berücksichtigung der Grundrechtspositionen der Arbeitnehmer nicht geboten, den Arbeitnehmerbegriff der Kleinbetriebsklausel auf Fremdgeschäftsführer auszudehnen. Die Besonderheiten eines Kleinbetriebs mit wenigen Arbeitnehmern werden durch ihre Beschäftigung nicht in Frage gestellt. Die von (Fremd-)Geschäftsführern geleisteten Dienste sind nach ihrer sozialen Typik nicht mit denen eines Arbeitnehmers vergleichbar – anders als beispielsweise Leiharbeitnehmer, die – je nach den Umständen des Falls – bei der Beschäftigtenzahl des § 23 Abs. 1 Satz 3 KSchG mitgezählt werden, da sie zur Leistung weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit verpflichtet sind

Quelle und mehr: Urteil des BAG vom 27.04.2021, Az.: 2 AZR 540/20

Mehr zum Thema “Kündigung im Kleinbetrieb” findet man z. B. in unserer GründerNews vom 24.04.20219

2021-06-15

Print Friendly, PDF & Email