von links: Sebastian Bonk und Phillip Wysotzki sehen ihre Zielgruppe in den jüngeren Mitmenschen. Foto: Manuela Heberer von www.alles-mv.de

Motor im Koffer

Einen Motor im Koffer schleppen nicht viele mit sich herum, einen Motor am Fahrrad sieht man dagegen häufiger. Einen Motor im Koffer am Fahrrad zum Mitnehmen – diese Idee haben jetzt drei Rostocker entwickelt und wurden dafür im Januar mit dem Sonderpreis für Tourismus im Rahmen des Inspired – Ideenwettbewerbs ausgezeichnet.

von links: Sebastian Bonk und Phillip Wysotzki sehen ihre Zielgruppe in den jüngeren Mitmenschen. Foto: Manuela Heberer von www.alles-mv.de

von links: Sebastian Bonk und Phillip Wysotzki sehen ihre Zielgruppe in den jüngeren Mitmenschen.
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Was auf den ersten Blick verwirrend klingt, ist eigentlich recht simpel: Dahinter verbirgt sich ein Anbausatz für einen elektrischen Fahrradantrieb, den man an handelsübliche Fahrräder montieren und bei Bedarf abnehmen kann, etwa um ihn so vor Diebstahl zu schützen oder an ein anderes Fahrrad zu montieren. Sebastian Bonk und Phillip Wysotzki hatten die Idee eher zufällig, beim Fachsimpeln über das alltägliche Radfahren. „Wir fingen an zu recherchieren, wo man solche mobilen Antriebe kaufen kann und stellten fest, dass es keine praktikable und vor allem bezahlbare Lösung gab“, erzählt Sebastian Bonk. So entwickelten die beiden kurzerhand ein eigenes System und bauten den entsprechenden Prototypen. Die Jury überzeugte vor allem die Nachhaltigkeit des Konzepts. „Das Produkt würde optimal zu den touristischen Aktivitäten der Hansestadt Rostock passen, weil es für jedes Alter attraktiv ist und eine wachsende touristische Zielgruppe anspricht“, so Matthias Fromm, Geschäftsführer der Rostocker Gesellschaft für Tourismus und Marketing, die den Sonderpreis bereits zum zweiten Mal vergeben hat. „Der Ideenwettbewerb bietet jungen Unternehmern die Chance, mit kreativen Konzepten aktuelle und zukünftige Trends aufzugreifen und den ersten Impuls für die Umsetzung zu setzen“, so Fromm weiter.

Eine Chance, die sich Sebastian Bonk und Phillip Wysotzki nicht entgehen ließen. „Unser Mittel gegen Gegenwind“, nannten sie ihr Motto bei der Präsentation zum Wettbewerb. In der Tat sehen sie ihre Zielgruppe durchaus auch in jüngeren Radfahrern, die sich alltägliche Strecken unter den norddeutschen Wetterbedingungen mitunter etwas erleichtern wollen, egal ob Studenten, Geschäftsleute oder Freizeitradler. Aber auch Touristen sollen langfristig von dem System profitieren können. So sah die ursprüngliche Idee ein Verleihsystem vor, bei dem Touristen an verschiedenen Punkten in Rostock Verleihstationen vorfinden, an denen sie die mobilen Antriebe leihen, aufladen und tauschen können. „Nach intensiver Beratung haben wir uns jetzt aber dafür entschieden, das System zunächst für den Verkauf an Endkunden zu optimieren“, sagt Sebastian Bonk. Und Phillip Wysotzki fügt hinzu: „Erst wenn wir hier eine kritische Masse an zufriedenen Kunden aufgebaut haben, wollen wir versuchen, finanzkräftige Partner zu finden, die mit uns gemeinsam ein möglichst flächendeckendes Verleihsystem aufbauen.“
Derzeit arbeiten beide noch an ihrer Promotion im Bereich Biophysik. Aber sie sind fest entschlossen, ihre Idee wirtschaftlich umzusetzen und ein Unternehmen zu gründen. „Nächster und wichtigster Schritt ist, unsere Idee zur Marktreife zu bringen und entsprechenden Vertriebs- und Marketingstrategien zu entwickeln“, so Bonk. Dafür holen sich die zwei nun Verstärkung von einem guten Bekannten, der sich in Sachen Marktanalyse auskennt. Damit wären sie dann wieder ein dreiköpfiges Team, als das sie schon bei der Preisverleihung aufgetreten sind. „Leider ist unser damaliger Mitstreiter aus dem Bereich BLW zwischenzeitlich ausgeschieden“, so die beiden Gründer. „Aber das soll uns nicht daran hindern, das Projekt weiter voranzubringen.“

Etwa 400 Euro soll so ein Anbausatz später kosten. „Das ist nur halb so teuer wie ähnliche Angebote aus England oder den USA. Und nur ein Bruchteil von dem, was ein Pedelec kosten würde“, erzählt Sebastian Bonk. Pedelec, kurz: Pedal Electric Cycle, ist ein Fahrrad, bei dem der Fahrer beim Tritt in die Pedale von einem in der Regel fest montierten Elektroantrieb unterstützt wird. Maximal 250 Watt darf der Motor stark und auf 25 km/h begrenzt sein, um nach der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung noch als Fahrrad durchzugehen. „All diese Kriterien erfüllt unser System. Und es bietet neben den Vorteil, dass es mobil, also abnehmbar ist.“ Das sei bei den meisten anderen Systemen nicht ohne weiteres möglich.
Beide sind davon überzeugt, dass die Zeit für ihre Idee gekommen ist. „Noch vor einigen Jahren wäre eine vergleichbare Entwicklung gar nicht bezahlbar gewesen“, so Bonk. Aber heute, knapp 20 Jahre nachdem die ersten Pedelecs auf den Markt kamen, sieht es anders aus. „Der Stand der Technik hat sich seitdem rasant entwickelt, die einzelnen benötigten Komponenten werden mittlerweile in großen Mengen produziert.“ Und auch die positive Resonanz, auf die sie überall mit ihrer Idee stoßen, motiviert, erzählt Phillip Wysotzki. „Es zeigt uns, wir sind auf dem richtigen Weg.“

Manuela Heberer

Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung von www.alles-mv.de

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