Corona: Quarantäne ist nicht immer gleichbedeutend mit Arbeitsunfähigkeit

Im Berufsalltag wird teilweise die Auffassung vertreten, Arbeitnehmer seien arbeitsunfähig, wenn sie sich aufgrund einer Anordnung des Gesundheitsamtes oder der Regelungen der Quarantäneverordnung MV vom 18.12.2020 infolge eines dringenden Infektionsverdachtes in Quarantäne, d. h. Absonderung i. S. d. § 30 Abs. 1 IfSG, begeben müssen.

Arbeitsunfähigkeit besteht nach § 3 Abs. 1 EFZG nur dann, wenn Arbeitnehmer infolge Krankheit an ihrer Arbeitsleistung verhindert sind. Dies ist bei einer Quarantäne, d. h. Absonderung, eines Ansteckungsverdächtigen – im Gegensatz zu einem positiv auf Covid-19 Getesteten – aber gerade nicht der Fall. Bei Ansteckungsverdächtigen handelt es sich nach der gesetzlichen Definition des § 2 Nr. 7 IfSG um eine Person, von der anzunehmen ist, dass sie Krankheitserreger aufgenommen hat, ohne krank, Krankheitsverdächtiger oder Ausscheider zu sein.

Das Gesetz selber trennt damit scharf zwischen Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne nicht Infizierter.

Die Tragweite dieser Unterscheidung ist rechtlich von großer Bedeutung.
Denn Ansteckungsverdächtige, die sich in häuslicher Quarantäne befinden, können – sofern die berufliche Tätigkeit es zulässt – im Homeoffice arbeiten und damit die von ihnen geschuldete Arbeitsleistung erbringen.

Ist eine solche Arbeit im Homeoffice nicht möglich, ergeben sich die finanziellen Folgen für die Arbeitnehmer nicht aus dem Entgeltfortzahlungsgesetz (EntgFG), sondern aus § 56 Abs. 1 IfSG. Diejenigen, die als Ansteckungsverdächtige einen Verdienstausfall erleiden, erhalten nach dieser Vorschrift eine Entschädigung in Geld. Die Entschädigung bemisst sich nach dem Verdienstausfall. Für die ersten sechs Wochen wird sie nach § 56 Abs. Satz 1 IfSG in Höhe des Verdienstausfalls gewährt. Bezugsgröße ist allerdings nach § 56 Abs. 3 IfSG das Netto-Arbeitsentgelt.

Arbeitgeber haben bei Arbeitnehmern nach § 56 Abs. 5 IfSG für die Dauer des Arbeitsfeldes, längstens aber für 6 Wochen der Entschädigung für die zuständige Behörde auszuzahlen. Die ausgezahlten Beträge werden den Arbeitgebern dann auf Antrag von der zuständigen Behörde – in Mecklenburg-Vorpommern ist dies das LAGuS M-V – in voller Höhe erstattet.

Es bestehen somit aus Sicht der Arbeitgeber erhebliche Unterschiede in der für sie eintretenden finanziellen Belastung bei Arbeitsunfähigkeit und Quarantäne eines Ansteckungsverdächtigen.

Bei einer Arbeitsunfähigkeit müssen sie nach § 3 Abs. 1 EFZG das Entgelt für die Dauer der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen weiterzahlen, sofern die Arbeitnehmer an der Arbeitsunfähigkeit kein Verschulden trifft. Eine Erstattung kommt nur ausnahmsweise – und ggf. meistens nur teilweise – dann in Betracht, wenn ein Anspruch nach dem Aufwendungsausgleichsgesetz besteht, weil Arbeitgeber in der Regel nicht mehr als 30 Arbeitnehmer beschäftigen.

Aufgrund dieser unterschiedlichen finanziellen Belastungen bei einer Quarantäne als Ansteckungsverdächtige und einer Arbeitsunfähigkeit besteht damit für Arbeitnehmer aber auch für Ärzte die Gefahr, zumindest in die Nähe des Betrugsverdachts zu geraten, wenn sie eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung anstreben bzw. ausstellen, obwohl bekannt ist, dass tatsächlich „nur” ein Ansteckungsverdacht besteht und deshalb eine Quarantäne notwendig ist.

2020-01-07

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