Neuer OECD-Deutschlandbericht lobt Krisenmanagement der Bundesregierung und fordert mehr Tempo bei Digitalisierung

OECD-Generalsekretär Ángel Gurría hat am 08.12.2020 den neuen OECD-Wirtschaftsbericht für Deutschland an die Parlamentarische Staatssekretärin beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie Elisabeth Winkelmeier-Becker übergeben.

Der Bericht bescheinigt dem Bund und den Ländern eine im internationalen Vergleich erfolgreiche Politik im Kampf gegen die COVID-19-Pandemie und deren gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Folgen. Die OECD hebt dabei die große Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems hervor und lobt die in Reaktion auf den Ausbruch der Pandemie erfolgte Bereitstellung zusätzlicher Kapazitäten. Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen zum Schutz von Unternehmen und Arbeitsplätzen werden ebenso wie das Konjunktur- und Krisenbewältigungspaket positiv bewertet. Um den Aufschwung zu unterstützen, sollte die fiskalpolitische Unterstützung nur schrittweise verringert, die Arbeitsmarktinklusion gefördert und Hürden für Infrastrukturinvestitionen abgebaut werden.

Schwerpunktmäßig beschäftigt sich der diesjährige OECD-Bericht mit der Digitalisierung in Deutschland. Er lobt einerseits Fortschritte, z. B. bei der Digitalisierung der industriellen Produktion (Industrie 4.0) oder beim Aufbau einer souveränen europäischen Dateninfrastruktur (GAIA-X), kommt aber andererseits auch zu dem Ergebnis, dass die digitalen Technologien stärker und schneller wirtschaftlich eingesetzt werden müssen. In einer konsequenten Nutzung digitaler und datenbasierter Geschäftsmodelle schlummern erhebliche Wachstumspotenziale. Dazu gelte es Hürden für die Technologieverbreitung abzubauen, insbesondere kleine, mittlere und junge Unternehmen gezielt zu unterstützen und die digitalen Fähigkeiten der Beschäftigten weiterzuentwickeln. Defizite im internationalen Vergleich erkennt die OECD bei privaten Investitionen in wissensbasierte Kapitalgüter und der Nutzung modernster IT-Prozesse und -Dienstleistungen. Auch die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung (E-Government) käme zu langsam voran.

Weitere Empfehlungen betreffen die digitale Bildung. Hier sieht die OECD u. a. den Bedarf, die mathematischen Kompetenzen von Schülerinnen und Schülern zu verbessern und im Rahmen der dualen Berufsausbildung mehr grundlegende Kenntnisse zu vermitteln. Lehrkräfte sollten durch geeignete Weiterbildungsangebote dabei unterstützt werden, vermehrt digitale Techniken im Unterricht zu nutzen.

Quelle: Pressemitteilung BMWi

Zur Info:
Der komplette OECD-Bericht wird leider nicht kostenlos zur Verfügung gestellt. Nachfolgend aber ein kurzer Auszug aus der einführenden Zusammenfassung:

OECD-Wirtschaftsberichte: Deutschland 2020

Die deutsche Wirtschaft ist 2020 aufgrund der Corona-Pandemie in eine tiefe Rezession geraten. Durch entschlossenes staatliches Handeln gelang es, die Kapazitäten des Gesundheitssystems zu stärken und zugleich Arbeitsplätze und Unternehmen zu schützen. Im Rahmen der Krisenantwort wurden auch die Investitionen zur Bewältigung der strukturellen Herausforderungen aufgestockt, die sich aus der Energiewende und der digitalen Transformation ergeben. Es muss aber noch mehr getan werden, um den Investitionsstau im Infrastrukturbereich aufzulösen. Die Emissionsbepreisung im Verkehrs- und Wärmesektor wird helfen, die Treibhausgasemissionen zu reduzieren. Allerdings sind weitere Schritte erforderlich, um die gesetzten Ziele zu erreichen. Die Bundesregierung hat bei der Beseitigung einiger zentraler Hindernisse für die Digitalisierung erhebliche Fortschritte erzielt. Sie kann aber noch mehr tun, um die Vorteile der digitalen Transformation voll auszuschöpfen. Technologieverbreitung und Produktivität lassen sich steigern, wenn es gelingt, Engpässe in der Internetversorgung zu beseitigen, Anreize für Investitionen in Wissenskapital zu setzen und die Unternehmensdynamik in der Erholungsphase zu unterstützen. Dazu gilt es, den Bürokratieaufwand zu reduzieren, den Zugang zu Finanzmitteln zu erleichtern und die Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung zu beschleunigen. Damit alle in der digitalen Welt erfolgreich sein können, sollte „informatisches Denken“ zudem schon früher gefördert werden. Außerdem sollten mehr Fortbildungen für Lehrkräfte angeboten werden, um einen effektiven Einsatz digitaler Technologien in den Schulen sicherzustellen.”

Quelle: OECD iLibrary

2020-12-10

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