Ralph Schipke

MINT-Herbstreport 2020: MINT-Engpässe und Corona-Pandemie

Seit März gab es durch das Corona-Virus und die Maßnahmen gegen dessen Ausbreitung einen großen konjunkturellen Einbruch. Die Corona-Krise hat die deutsche Industrie hart getroffen.

Viele Betriebe mussten vorübergehend schließen, noch immer sind Hunderttausende Beschäftigte in Kurzarbeit.
Für die Unternehmen bedeutet der wirtschaftliche Einbruch auch, nun den Gürtel enger zu schnallen, wo es geht. So haben bereits viele Firmen offene Stellen vorerst gestrichen.

Lücke in den MINT-Berufen signifikant verringert

Auch die Nachfrage nach Personen mit einer MINT-Ausbildung hat sich deutlich verringert: Vom Februar 2020 bis zum Oktober 2020 hat sich die Lücke in den MINT-Berufen von 193.500 auf 108.700 verringert.

Aber wie lässt sich anhand dieser extremen coronabedingten Entwicklung sagen, in welchen Bereichen der Rückgang besonders groß war oder wo weiterhin hohe Engpässe bestehen?
Die IW-Forscher haben dazu den Durchschnitt der MINT-Lücke im Oktober der Jahre 2014 bis 2019 herangezogen und auf die Veränderungsraten geschaut.

Unterteilt man die Ergebnisse nach Qualifikationsgrad, fällt auf, dass die Lücke bei den Fachkräften mit gut 70 Prozent am stärksten geschrumpft ist. Bei den Experten, darunter fallen vor allem Akademiker, betrug das Minus nur rund 30 Prozent. Die Unternehmen sind also offenbar trotz der Corona-Krise weiterhin in hohem Maße auf der Suche nach Hochqualifizierten.

Auch zwischen den Berufen gibt es große Unterschiede. Die Bauberufe verzeichnen als einzige eine Vergrößerung der MINT-Lücke. Bei den Energie- und Elektroberufen betrug das Minus nur knapp 35 Prozent. Dagegen schrumpfte die MINT-Lücke in den Maschinenbau-, Fahrzeugbau- und Metallberufen sowie den Chemieberufen massiv. Insgesamt sind hier aktuell nur knapp 8.000 MINT-Stellen unbesetzt.

Vergleicht man die Entwicklung der MINT-Lücke im Jahr 2020 mit dem mehrjährigen Durchschnitt, so ist die MINT-Lücke von März (97,3 Prozent des langjährigen Durchschnitts) bis Juli 2020 sehr stark gesunken (48,0 Prozent). Ab Juli 2020 ist eine Seitwärtsbewegung zu erkennen. Im Oktober 2020 betrug die MINT-Lücke 46,1 Prozent des Durchschnitts der Vorjahre und liegt minimal höher als im September mit 45,9 Prozent. Insgesamt kann damit festgestellt werden, dass noch kein Wiederanstieg der MINT-Lücke beobachtet werden kann.
Begehrt sind in den Unternehmen weiterhin IT-Fachkräfte. Im Zeitraum von Ende 2012 bis zum Ende des ersten Quartals 2020 stieg die Zahl der beschäftigten IT-Facharbeiter um gut 52 Prozent, bei den IT-Experten waren es sogar fast 88 Prozent. Das sind die mit Abstand höchsten Wachstumsraten aller MINT-Berufe.

In den kommenden Jahren dürfte der Bedarf wieder bedeutend steigen

Der langfristige Bedarf an MINT-Fachkräften ist nicht gesunken. Ganz im Gegenteil: Allein aufgrund der Altersstruktur der MINT-Beschäftigten dürfte er in den kommenden Jahren weiter steigen.
So waren Ende 2012 waren 15 Prozent der MINT-Beschäftigten in Deutschland mindestens 55 Jahre alt, bis März 2020 ist der Anteil bereits auf mehr als 20 Prozent gestiegen.

Um in Zukunft sämtliche MINT-Akademiker, die in den Ruhestand gehen, zu ersetzen, benötigt man rund zwei Drittel aller Hochschulabsolventen aus dem MINT-Bereich. Ein Beschäftigungswachstum wird dadurch erschwert. 

Download  MINT-Herbstreport 2020

Quelle: IW Köln

2020-12-02

Print Friendly, PDF & Email