Ralph Schipke

Uneins um Hilfen für Selbstständige

Martin: Wir brauchen Kultur für unsere offene, lebendige und demokratische Gesellschaf

Nach der Veröffentlichung eines offenen Briefes der Theaterleitungen in Mecklenburg-Vorpommern, in dem sie auf die Folgen der Schließung von Kultureinrichtungen in der Corona-Krise hinweisen, sagte Kulturministerin Bettina Martin:

„Es ist ein harter und bitterer Schritt, dass Theater, Museen und andere Kultureinrichtungen nun wieder geschlossen sind – zu einem Zeitpunkt, als die Theater gerade wieder in ihre Spielzeiten gestartet waren und sie weitreichende Maßnahmen ergriffen hatten, um einen sicheren Theaterbetrieb unter Pandemiebedingungen zu ermöglichen.

Doch so bitter diese weiteren Einschnitte ins gesellschaftliche und kulturelle Leben sind, so notwendig sind sie leider auch. Denn um diese Krise zu bewältigen, müssen wir angesichts der auch in Mecklenburg-Vorpommern besorgniserregend steigenden Infektionszahlen die Kontakte so weit wie möglich beschränken. Ich bedanke mich deshalb ausdrücklich bei den Intendanten der öffentlich getragenen Theater in unserem Land, dass sie diese Verantwortung wahrnehmen und das Ihre dafür tun, um diese schwierige Notlage in unserem Land gemeinsam zu bewältigen.

Doch ich teile gleichzeitig auch ihre Sorgen um die Situation von Kunst und Kultur und vor allem um die existenzielle Situation so vieler Kulturschaffenden. Jetzt muss es darum gehen, dass die Hilfsprogramme, die von Bund und Ländern aufgesetzt werden, die Kulturschaffenden in den Blickpunkt nehmen.

Es darf beispielsweise nicht wie zu Beginn der Pandemie im Frühjahr erneut passieren, dass die besondere Lebens- und Arbeitssituation der freischaffenden Künstlerinnen und Künstler bei den Bundesprogrammen nicht angemessen mitgedacht werden. Ich bin deshalb froh über die Signale aus Berlin, dass die Konditionen der Überbrückungshilfen so angelegt werden sollen, dass sie auch den soloselbständigen Künstlern zugutekommen können. Dafür habe ich mich gemeinsam mit den anderen Kulturministerinnen und -ministern der Länder auf Bundesebene sehr eingesetzt.

Aber auch über den November hinaus brauchen wir weiterhin passgenaue Unterstützungsprogramme für Kunst und Kultur, damit es gelingt, unsere vielfältige und reiche Kulturszene über diese Krise zu retten.

Dazu gehört natürlich auch, dass bereits jetzt darüber gesprochen wird, wie der Spielbetrieb nach diesem Wellenbrecher wiederaufgenommen werden kann. Sehr gern nehme ich deshalb das Angebot der Intendanten an, die kommenden Wochen dafür zu nutzen, um im gemeinsamen Gespräch Optionen zu entwerfen und den Wiedereinstieg gut vorzubereiten. Bereits in den vergangenen Monaten standen wir in einem guten Austausch. Kunst und Kultur sind mehr als Unterhaltung und Zeitvertreib. Wir brauchen sie für unsere offene, lebendige und demokratische Gesellschaft – gerade auch in solchen gesellschaftlichen Krisenzeiten.“


In der MV-Landesregierung gibt es, laut Ostseezeitung in Schwerin jedoch Streit um die Gewährung der November-Hilfen des Bundes für Soloselbstständige in der Kultur, die vom aktuellen „Lockdown-light“ betroffen sind.

Kulturministerin Bettina Martin (SPD) befürchtet Nachteile für die Künstler. Kulturschaffende müssten so behandelt werden, dass sie bei den Hilfen berücksichtigt werden, forderte sie.

Besonders wichtig sei die Direktbeantragung der Mittel für diesen Personenkreis.

„Alles andere würde dazu führen, dass die soloselbstständigen Künstlerinnen und Künstler hintenan stehen“

Kulturministerin Bettina Martin (SPD)

Ihr Haus sei dazu mit dem Wirtschaftsministerium im Gespräch, schreibt die OZ in der aktuelle Ausgabe.

Vom Bund wurde festgelegt, dass Soloselbstständige wie Künstler oder Musiker für die coronabedingten Einschränkungen im November eine Förderung von bis zu 5000 Euro direkt und ohne bürokratischen Aufwand beantragen können.

Erst jenseits dieser Grenze ist ein Steuerberater notwendig.

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) erklärte am Wochenende, sie sei „alarmiert zu hören“, dass es bei der aktuellen Abstimmung „Widerstände seitens der Wirtschaftsministerien der Länder gegen diese Regelung geben soll“.

Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU) äußerte sich nicht zum konkreten Streitpunkt, der Beantragung der Förderung bis zu 5000 Euro ohne Steuerberater.

„In der jetzt laufenden Diskussion setzen wir uns für ein vereinfachtes Verfahren ein. Wir drängen auf eine schnelle Lösung.“

Wirtschaftsminister Harry Glawe (CDU)

Gespräche mit dem Bund liefen dazu.

Soloselbstständige können als Vergleichsumsatz alternativ zum wöchentlichen Umsatz im November 2019 den durchschnittlichen Wochenumsatz im Jahre 2019 zugrunde legen. Bei Antragsberechtigten, die nach dem 31. Oktober 2019 ihre Geschäftstätigkeit aufgenommen haben, kann als Vergleichsumsatz der durchschnittliche Wochenumsatz im Oktober 2020 oder der durchschnittliche Wochenumsatz seit Gründung gewählt werden.

FAQ zu den außerordentlichen Wirtschaftshilfen unter: www.bundesfinanzministerium.de/novemberhilfe

Die oppositionelle Linke im Schweriner Landtag stellte sich hinter Grütters, forderte aber weitergehende Schritte. „Grundsätzlich wollen wir nicht mehr die Fixierung auf diese Art von Einmalzahlung, sondern eine Verstetigung der Unterstützung“, erklärte die Abgeordnete Eva-Maria Kröger.

“Diese muss so lange gewährt werden, bis die berufseinschränkenden oder -verhindernden Verordnungen vollständig zurückgenommen werden und die Kulturschaffenden wieder selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten können.“

Eva-Maria Kröger (Linke)

Die Kultur- und Kreativszene wird von der Corona-Krise seit Monaten hart getroffen. In dem Bemühen, die Folgen des November-Lockdowns für die Beschäftigten in der Kreativwelt zu mindern, unternimmt die Bundesregierung mit der Novemberhilfe große Anstrengungen, die vor allem auch für Soloselbständige greifen.

Signal der Solidarität und der Wertschätzung aus Berlin

Es sei gelungen, die Gruppe der von der neuerlichen Schließung direkt und indirekt betroffener Unternehmen großzügig zu definieren. Demnach gelten neben den von behördlichen Schließungen direkt Betroffenen als indirekt betroffen diejenigen Betriebe oder Soloselbstständigen, die nachweislich und regelmäßig 80 Prozent ihres Umsatzes in Zusammenarbeit mit den direkt betroffenen Unternehmen erwirtschaften. Die direkt und indirekt von der behördlichen Schließung betroffenen Betriebe können 75 Prozent ihres Umsatzes aus dem November 2019 erstattet bekommen.

Die jetzt erarbeiteten gezielten Hilfen für Soloselbstständige und die pragmatische Definition des Kreises der Berechtigten aus dem Kreativbereich für die neuen Überbrückungshilfen sind ein starkes Signal der Solidarität und der Wertschätzung seitens der Bundesregierung für die Kultur- und Kreativwirtschaft.

„Der Kulturbetrieb ist von den geltenden Einschränkungen besonders stark betroffen. Mit der Novemberhilfe haben wir jetzt eine unbürokratische Unterstützung auf den Weg gebracht, von der gerade die vielen kreativen Soloselbständigen in dieser Branche profitieren werden. Ich stehe dazu: Wir lassen in dieser Krise unsere Selbständigen nicht allein. Mit Blick auf die Kultur- und Medienbranche ist das nicht nur eine Frage der Solidarität, sondern auch zentral für unsere kulturelle Identität, die wir in dieser schweren Krise nicht preisgeben dürfen.“

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier

Quelle: Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur | OZ | tagesspiegel.de | Bundesministerium für Finanzen | Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

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