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Kontopfändung von Corona-Soforthilfe wegen Schulden unzulässig

Eine Kontopfändung durch das Finanzamt, das auch Beträge der Corona-Soforthilfe umfasst, ist rechtswidrig. Das hat aktuell der Bundesfinanzhof bestätigt.

Soforthilfen, die Selbstständigen und Freiberuflern aufgrund der Corona-Pandemie ausgezahlt wurden, dürfen nicht vom Finanzamt gepfändet werden. Das hat auch der Bundesfinanzhof (BFH) mit einem aktuell veröffentlichten Beschluss vom 09.07.2020 bestätigt.

Hintergrund:

Im vorliegenden Verfahren geht es um den Inhaber eines Hausmeisterservice. Er unterhält ein als Pfändungsschutzkonto (P-Konto) nach § 850k der Zivilprozessordnung (ZPO) geführtes Konto bei der Sparkasse.
Ihm wurde aus dem Bundesprogramm „Corona-Soforthilfen für Kleinstunternehmer und Selbständige” und dem ergänzenden Landesprogramm „NRW-Soforthilfe 2020″ eine Soforthilfe in Höhe von 9.000 € als einmalige Pauschale bewilligt.
Diese Soforthilfe dient insbesondere zur Überbrückung von Liquiditätsengpässen, die seit dem 1. März 2020 in Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind.

Der Betrag in Höhe von 9.000 € wurde dem P- Konto gut geschrieben.
Da dieses Konto aber vom Finanzamt mit einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung wegen Umsatzsteuerschulden aus früheren Jahren belastet war, verweigerte die Bank die Auszahlung der Corona-Soforthilfe.

Der Selbstständige verlangte beim Gericht die Freigabe der Corona-Soforthilfe und wurde in seiner Rechtsauffassung nun vom Bundesfinanzhof bestätigt.

Aus der Begründung:

Die Corona-Soforthilfe ist ausweislich der ihr zugrunde liegenden Bestimmungen als zweckgebunden einzustufen, denn:

„Ausweislich des Bescheids und der zugrunde liegenden Programme des Bundes und des Landes Nordrhein-Westfalen dient die Corona-Soforthilfe, bei der es sich um eine Billigkeitsleistung als freiwillige Zahlung ohne Rechtsanspruch handelt (1.2 und 1.3 NRW-Soforthilfe 2020, Ministerialblatt –MinBl– Nordrhein-Westfalen 2020, S. 360), der Abmilderung der finanziellen Notlagen des betroffenen Unternehmens bzw. des Selbständigen im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie. Sie soll insbesondere Liquiditätsengpässe, die seit dem 01.03.2020 im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie entstanden sind, überbrücken. Ausdrücklich nicht umfasst sind nach dem Bescheid vor dem 01.03.2020 entstandene wirtschaftliche Schwierigkeiten bzw. Liquiditätsengpässe. Aus den Bestimmungen zur Beihilfegewährung hat das FG zutreffend geschlussfolgert, dass die Corona-Soforthilfe jedenfalls nicht der Befriedigung von Gläubigeransprüchen dient, die – wie im Streitfall – vor dem 01.03.2020 entstanden sind, sondern nur solchen, die seit dem 01.03.2020 entstanden sind.
Die Mittel sind zur Finanzierung von Verbindlichkeiten für fortlaufende erwerbsmäßige Sach- und Finanzausgaben vorgesehen, wobei die Entscheidung darüber, welche Ausgaben damit getätigt werden und in welcher Reihenfolge damit Forderungen erfüllt werden, nach den Förderbestimmungen allein dem Empfänger der Soforthilfe obliegt, der eine zweckentsprechende Verwendung später auch zu verantworten hat. Vor diesem Hintergrund ist es jedenfalls bei summarischer Prüfung im Ergebnis nicht zu beanstanden, dass das FG den Anspruch auf Soforthilfe als i.S. des § 851 Abs. 1 ZPO aufgrund der Zweckbindung nicht übertragbar und damit unpfändbar angesehen und diesen Gedanken auch auf die bereits ausgezahlten Mittel übertragen hat.
Auch soweit der Antragsgegner nach 5.3. Abs. 3 NRW-Soforthilfe 2020 (MinBl Nordrhein-Westfalen 2020, S. 360) für seinen fiktiven Unternehmerlohn 2.000 € ansetzen darf, rechtfertigt dies nicht die Annahme, dass es sich bei der Corona-Soforthilfe lediglich um einen pfändbaren Lohnersatz handelt, so dass die Pfändung und Einziehung der Corona-Soforthilfe zugunsten des FA als Altgläubiger keinen rechtlichen Bedenken begegneten.“

Tipp:

Betroffene Steuerzahler, denen das Finanzamt wegen alter Steuerschulden gänzlich oder teilweise die Soforthilfeleistung oder die Überbrückungshilfe gepfändet hat, sollten sich auf den Beschluss des Bundesfinanzhofs unter dem Aktenzeichen VII S 23/20 berufen und zugleich die Freigabe des gepfändeten Betrags beim zuständigen Finanzamt beantragen.

Quelle: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 09.07.2020, Az.: VII S 23/20

2020-09-03

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