Ralph Schipke

Blitzbefragung: Auswirkungen der Corona-Pandemie treffen Selbstständige hart

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie sowie die Maßnahmen gegen ihre Ausbreitung haben viele Unternehmen und Selbstständige in eine existenzbedrohende Lage gebracht.

Um herauszufinden, wie genau Selbstständige und Gründungsinteressierte dadurch betroffen sind, hat KfW Research in Kooperation mit der Gründerplattform eine Blitzbefragung durchgeführt. Nachfolgend einige Ergebnisse der Befragung:

Corona-Pandemie trifft Selbstständige besonders hart bei Umsätzen

Knapp 60 % der Selbstständigen haben normalerweise Monatsumsätze bzw. monatliche Einnahmen von bis zu 5.000 €, 40 % liegen darüber. Die Umsatzhöhe hat dabei nicht nur mit dem Umfang der Selbstständigkeit zu tun, also der „Unternehmensgröße“, sondern auch mit der Branche. So sind Umsätze in Dienstleistungsbranchen typischerweise niedriger als in Branchen mit hohen Kosten für Vorprodukte und Waren wie im Verarbeitenden Gewerbe, Gastronomie oder im Handel.
Schon bevor die Pandemie in Deutschland ankam waren Unternehmen und Selbstständige in Deutschland von Umsatzrückgängen betroffen. So schlugen sich beispielsweise Reisewarnungen in den Umsätzen von Reisebüros nieder. Nach dem Nachweis der ersten Corona-Infektionen in Deutschland, wurden die Einschränkungen schrittweise verschärft – zuerst auf Länderebene, dann bundesweit. So waren Unternehmen und Selbstständige nicht nur durch eine indirekte Kaufzurückhaltung von Kunden betroffen, sondern teilweise ganz direkt durch die amtlich angeordnete Einschränkung oder Stilllegung der Geschäftstätigkeit.
Durch die Auswirkungen der Corona-Pandemie haben 90 % der Selbstständigen Umsatzrückgänge zu verkraften. Bei mehr als der Hälfte sind über 75 % der Umsätze weggebrochen, ein Drittel hat sogar gar keine Einnahmen mehr.
Aufgrund der hohen Umsatzeinbrüche fehlen Selbstständigen oft die Einnahmen, um ihre laufenden Kosten zu decken – für viele ist das existenzbedrohend. So kann etwa ein Drittel der Selbstständigen mit eigenen Mitteln einen Zeitraum von 1 Monat überbrücken und zahlungsfähig bleiben. Ein weiteres Fünftel kann rund 2 Monate durchhalten. Insgesamt kann nur etwa ein Drittel der Selbstständigen länger als 3 Monate mit eigenen Mitteln zahlungsfähig bleiben. Andererseits berichten 16 % der Selbstständigen mit eigenen Mitteln mehr als ein halbes Jahr über die Runden zu kommen.

Für viele existenziell wichtig: staatliche Hilfsangebote

Für die existenzbedrohten Selbstständigen ist es wichtig, Möglichkeiten zur Schonung der eigenen liquiden Mittel zu nutzen. Vom Gesetzgeber wurden solche Möglichkeiten extra verbessert oder geschaffen. Für kleine und mittlere Unternehmen sowie Selbstständige sind dabei insbesondere folgende, zum Zeitpunkt der Befragung bekannte staatliche Hilfsangebote relevant: Die Einmalzuschüsse zu den Betriebskosten, die von Bund und Ländern als Soforthilfe erhältlich sind bzw. waren, das Kurzarbeitergeld, Kredite aus dem KfW-Sonderprogramm 2020, Steuerstundungen, das Leistungsverweigerungsrecht für Dauerschuldverhältnisse der Daseinsvorsorge (wie für Strom, Gas oder Telekommunikation) sowie der erleichterte Zugang zur Grundsicherung (keine Vermögensprüfung).
Acht von zehn Selbstständigen (79 %) wollen eine oder mehrere dieser staatlichen Hilfsangebote nutzen (bzw. haben es bereits getan) – es sind überwiegend eben jene, die nur eine begrenzte Durchhaltefähigkeit haben. So liegt bei ihnen der Anteil der Selbstständigen mit einem Liquiditätshorizont von über einem halben Jahr bei 8 %, während es bei den Nicht-Nutzern 53 % sind.
Durch die staatlichen Hilfsangebote können viele Selbstständige ihre akute existenzbedrohende Situation entschärfen. Ein Drittel der Nutzer kann sich für etwa 3 Monate zusätzlich Luft verschaffen. Voraussichtlich mehr als 1 Monat bleiben 95 % der Nutzer und 77 % mehr als 2 Monate länger liquide.
Insgesamt zeigt sich, dass 82 % der Selbstständigen die Dauer ihrer voraussichtlichen Zahlungsfähigkeit mindestens verdoppeln können, wenn sie die staatlichen Hilfsangebote nutzen.

„Stillstand“ für viele Selbstständige ein Problem

Neben den Umsatzeinbrüchen hat die Corona-Pandemie weitere Auswirkungen, die Selbstständigen das unternehmerische Leben erschweren. Die meisten sind direkt oder indirekte Folgen des „Stillstands“. So kann knapp die Hälfte der Selbstständigen (49 %) öffentliche Einrichtungen wie Ämter, Behörden oder Sozialversicherungsträger nicht oder nur schwer erreichen. Auch wenn gescheiterte Kontaktversuche im Vergleich zu ausbleibenden Einnahmen erst einmal weniger schlimm erscheinen, können sie schwerwiegende wirtschaftliche oder strafrechtliche Folgen haben. Beispielsweise, wenn dadurch staatliche Hilfsangebote nicht rechtzeitig genutzt werden konnten oder wenn aufgrund mangelnder Informationen unwissentlich gegen Corona-Einschränkungen verstoßen wird.
Mehr als ein Drittel der Selbstständigen (36 %) hat aufgrund der Kinderbetreuung zuhause weniger Zeit für das Geschäftliche. Bei 31 % der Selbstständigen ist aufgrund der Corona-Pandemie eine geplante Finanzierung geplatzt. Etwas mehr als ein Viertel der Selbstständigen (26 %) hat Probleme bei der Versorgung durch Lieferanten (inklusive Vor- oder Zuarbeiten von Dienstleistern) und 13 % sind durch den Ausfall von Mitarbeitern belastet.

Unternehmergeist ist gefragt

Viele Unternehmen und Selbstständige versuchen ihre pandemiebedingten Umsatzeinbrüche dadurch abzufedern, dass sie ihr Geschäftsmodell anpassen. Gastronomiebetrieben wurde beispielsweise eine Möglichkeit zur Anpassung bereits bei der amtlichen Verfügung, dass sie keine Gäste mehr empfangen dürfen, aufgezeigt: Speisen zum Mitnehmen zu verkaufen oder Essen zu liefern bleibt weiter erlaubt. So haben viele Gastronomiebetriebe ihr Angebot auf „To go“- oder Lieferalternativen umgestellt.
Daran nehmen sich auch Unternehmen und Selbstständige anderer Branchen ein Beispiel: Über die Hälfte der Selbstständigen passt ihr Angebot zumindest vorübergehend den neuen Bedingungen an. Gut ein Fünftel der Selbstständigen will sein Geschäftsmodell sogar dauerhaft anpassen.

Gründungsplanungen gehen weiter

Wer sich gerade selbstständig machen will, sollte sich die Frage stellen, ob der ursprüngliche Gründungsplan zeitlich und inhaltlich zu halten ist. Eine knappe Mehrheit der Personen mit Gründungsplänen sieht allerdings keine Notwendigkeit bzw. Möglichkeit für Anpassungen. Mehr als die Hälfte (57 %) will ihren ursprünglichen Zeitplan durchziehen. Ähnlich viele wollen auch keine Änderungen am Geschäftsmodell vornehmen (60 %).
Unter dem Eindruck der existenzbedrohenden Lage, in der sich viele Selbstständige durch die aktuelle Krise befinden, wäre zu erwarten, dass viele Gründungspläne aufgegeben werden. Das ist aber offenbar nicht der Fall. Die aktuelle Situation ist nur für wenige Anlass ihren Plan zur Selbstständigkeit abzubrechen (2 %). Dennoch wird es eine Verlagerung der Gründungsaktivität von 2020 auf 2021 geben, da 4 von 10 Gründungsplänen verschoben werden sollen.
Ähnlich viele Gründungspläne werden auch inhaltlich angepasst. Bei einem Viertel sollen diese Anpassungen nur vorübergehend sein, 16 % wollen dauerhaft ändern.

Quelle und mehr: KfW Research Fokus Volkswirtschaft vom 21.04.2020

2020-04-22

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