Global Entrepreneurship Monitor 2018/2019

Der GEM analysiert sowohl Gründungsaktivitäten und -einstellungen als auch gründungsbezogene Rahmenbedingungen in Deutschland im internationalen Vergleich.

Seit 20 Jahren untersucht der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) das weltweite Gründungsgeschehen. Die Ergebnisse des neuen Länderberichts basieren auf weltweit mehr als 150.000 befragten Bürgern und Bürgerinnen (davon 4.248 in Deutschland) in 49 Staaten sowie 2.043 Gründungsexperten und Gründungsexpertinnen (53 in Deutschland).

Der Global Entrepreneurship Monitor wird seit 1999 vom RKW Kompetenzzentrum durchgeführt und sich befasst mit folgenden Themen:

  • Wie viel wird gegründet?
  • Wer gründet?
  • Warum wird gegründet?
  • Was wird gegründet?
  • In welchem Kontext wird gegründet?
  • Der Gründungsstandort Deutschland im internationalen Vergleich sowie
  • Handlungsempfehlungen
Nachfolgend einige Ergebnisse aus dem Global Entrepreneurship Monitor:
  • Gründungsquote in Deutschland bleibt stabil:
    Die Total early-stage Entrepreneurial Activity (TEA) in Deutschland lag 2018 bei 4,97 % und hat sich im Vergleich zu den Vorjahren somit kaum verändert. Das heißt, etwa jeder Zwanzigste im Alter von 18 bis 64 Jahren hatte entweder seit 2015 ein Unternehmen gegründet oder ist gerade dabei, diesen Schritt vorzubereiten. Im Vergleich zu den Referenzländern belegt Deutschland einen der hinteren Plätze.
  • Mehr Gründungen durch junge Menschen in Deutschland:
    Erstmals seit Beginn der GEM-Datenreihe im Jahr 1999 ist die höchste TEA-Quote nicht bei den 35 bis 44-Jährigen mit 6,14 %, sondern bei der Altersgruppe der 25 bis 34-Jährigen mit 6,64 % zu finden. Bei den 18 bis 25-Jährigen lag die Quote bei 5,99 %. Auffällig ist der relativ niedrige Wert für die Altersgruppe der 55 bis 64-Jährigen mit 2,44 %. Gegenüber dem Vorjahr ist bei den älteren Gründern ein deutlicher Rückgang zu verzeichnen (3,4 %).
  • Weiterhin deutliche Unterschiede zwischen Männern und Frauen
    In Deutschland lag die TEA-Quote bei Männern 2018 bei 6,57 % und bei Frauen lediglich bei 3,29 %. Auf eine Gründerin kamen in Deutschland 2018 exakt zwei Gründer. Dieser Wert liegt deutlich über dem Mittelwert (1,61) aller Länder mit hohem Einkommen.
  • Rückgang von Gründungen durch Migranten:
    Seit Beginn der Erfassung von Gründungen durch Migranten im Jahr 2010, definiert als nicht in Deutschland Geborene, gründeten diese Menschen häufiger als Einheimische. 2018 war der Mittelwert der TEA-Quote für Migranten (4,4 %) erstmals niedriger als der der einheimischen Bevölkerung (4,8 %). Es liegt die Vermutung nahe, dass Geflüchtete als Teil der Migranten, etwa aus dem Irak oder Syrien, derzeit noch eine geringere Gründungsneigung aufweisen als Personen, deren Migrationshintergrund nicht in der Flucht lag. Zusätzlich scheint die Arbeitsmarktsituation es auch Migranten zu erleichtern, eine abhängige Beschäftigung zu erhalten.
  • Viermal mehr Chancengründungen als Gründungen aus Mangel an Erwerbsalternativen:
    Aktuell gründen in Deutschland Personen etwa viermal (4,18) so oft, weil sie gute Gründungschan-cen für ihr Produkt/ihre Dienstleistungen sehen, als dies für Menschen ohne Erwerbsalternative der Fall ist.
  • Weniger Angst, mehr Gründungschancen:
    In Deutschland würden rund 38 % der Befragten aus Angst vor dem Scheitern eine Gründung un-terlassen. Dieser Wert lag in den vergangenen Jahren häufig deutlich höher, sodass hier eine posi-tive Entwicklung in Deutschland festzustellen ist. Gleichzeitig werden die Gründungschancen kon-tinuierlich positiver wahrgenommen.
  • Die persönliche Kenntnis einer anderen Gründerperson wirkt positiv:
    Eine Gründerperson kann eine Vorbildfunktion für eine andere, ihr bekannte Person einnehmen. Auch die Wahrnehmung der eigenen Gründungsfähigkeit wird positiv beeinflusst.
  • Anteil der technologieintensiven Gründungen in Deutschland höher als in den USA:
    Deutschland belegt bei der Betrachtung von technologieintensiven Gründungen im Vergleich zu ausgewählten Referenzländern mit hohem Einkommen einen Platz im Mittelfeld. Etwas mehr als 9 % der Gründungen weisen eine mittlere oder hohe Technologieintensivität auf. Das Vergleichsland mit dem höchsten Wert ist Irland mit 13,2 %. Am unteren Ende steht die USA mit einem Wert von 5,2 %.
  • Stärken und Schwächen des Gründungsstandorts Deutschland kaum verändert:
    Die Stärken und Schwächen am Gründungsstandort sind in Deutschland seit Jahren sehr stabil und verändern sich nur langsam. Charakteristisch sind ein attraktives Marktumfeld für neue Produkte und Dienstleistungen, ein breites Angebot an öffentlichen Förderprogrammen sowie ein wirkungsvoller Patent- und Markenschutz.
    Als hemmende Faktoren gelten insbesondere die Gründungsausbildung, gesellschaftliche Werte und Normen sowie der Arbeitsmarkt. Für Gründer ist es eine besondere Herausforderung, passende Mitarbeiter zu finden.
    Finanzierungsbedingungen in Deutschland werden durch die Experten seit Jahren eher durchschnittlich bewertet, obwohl sich seit Längerem positive Strukturveränderungen andeuten. Die Zahl der Angel- und Venture-Capital-Investoren hat insgesamt zugenommen, öffentliche Finanzierungsprogramme wurden weiter ausgebaut.
  • Internationaler Vergleich der gründungsbezogenen Rahmenbedingungen liefert folgendes Bild:
    Im Ranking der 31 Länder mit hohem Einkommen belegt Deutschland den 15. Platz. Ein ähnliches Niveau erreichen Schweden, Irland und Spanien. Deutlich besser platziert sind beispielsweise die Niederlande und die USA. Schlechter bewertete Rahmenbedingungen weisen u. a. Kroatien oder das Vereinigte Königreich auf.
  • Starke Rolle von Familien bei Gründungen und etablierten Unternehmen:
    58 % der etablierten Unternehmen befinden sich im Besitz der Gründungsperson und ihrer Familie. Mehr als 80 % werden von dieser Personengruppe geführt. Bei Gründungen liegen diese Werte mit 52,1 % und 75,4 % etwas niedriger.
    Bemerkenswert ist das überdurchschnittlich hohe Vertrauen in Familienunternehmen. Die Unternehmensführung durch Familien wird vonseiten der Experten ausgesprochen positiv bewertet.
  • Die Gig Economy als Pool von zukünftigen Gründern:
    Die Zusammenführung von Angebot und Nachfrage über digitale Plattformen gewinnt zunehmend an Bedeutung und Aufmerksamkeit. 2,38 % der 18–64-Jährigen geben an, über eine Plattform Produkte oder Dienstleistungen anzubieten und beteiligen sich somit an der Gig Economy.
    In Deutschland planen über 30 % der in der Gig Economy aktiven Personen kurz- bis mittelfristig, ein eigenes Unternehmen zu gründen. Der Schritt in Richtung Unternehmensgründung scheint für einen relativ hohen Anteil der Gig-Worker offenbar naheliegend.

2019-07-08

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