KfW-Gründungsmonitor 2019: Zwischenhalt oder Ende der Talfahrt?

Zahl der Existenzgründer kaum verändert

Gestützt durch die gute Binnenkonjunktur hat sich die seit Jahren rückläufige Gründungstätigkeit in Deutschland 2018 stabilisiert. Die Zahl der Existenzgründer ist mit 547.000 im Vergleich zum Vorjahr nur noch leicht gesunken (-10.000 bzw. -2 %). Für die Gründungstätigkeit 2019 sind die Vorzeichen widersprüchlich. Arbeitsmarkt- und Konjunkturprognosen geben in Summe ein negatives Signal. Dagegen gibt es mehr Gründungsplanungen, was eine positive Entwicklung erwarten lässt.

Mehr Existenzgründungen durch Frauen

Die Zahl der Existenzgründungen durch Frauen ist um 4 % gestiegen, während Existenzgründungen durch Männer weiter rückläufig sind (-5 %). Der An-teil von Frauen hat sich damit wieder auf 40 % er-höht. Für die Gründungsentscheidung von Frauen ist ‚Unabhängigkeit‘ häufig ein entscheidender Aspekt. Offenbar fehlte diese Unabhängigkeit bei vielen Jobangeboten auf dem Arbeitsmarkt, weshalb die Selbstständigkeit 2018 von Frauen häufiger als die bessere Erwerbsalternative angesehen wurde.

Neugründungen liegen im Trend

Neugründungen dominieren die Gründungstätigkeit seit jeher. Im Jahr 2018 waren es so viele wie nie: 8 von 10 Existenzgründern machten sich selbstständig, indem sie unternehmerische Strukturen erstmalig aufbauten. Auch bei Existenzgründungen durch Übernahmen bestehender Unternehmen gibt es seit einiger Zeit eine positive Entwicklung: Ihr Anteil ist bis 2018 sukzessive auf 13 % angestiegen. Angesichts der hohen Zahl an Mittelständlern, bei denen auf absehbare Zeit die Nachfolge ansteht, eine gute Nachricht. Tätige Beteiligungen als dritter Weg der Existenzgründung verloren dagegen an Bedeutung.

Gründungen deutlich kapitalintensiver

In den vergangenen 10 Jahren hat sich der durch-schnittliche Kapitaleinsatz von Gründern merklich erhöht. Insbesondere Vollerwerbsgründer setzen größere Summen ein. Insgesamt ist die Gründungsfinanzierung eine Herausforderung, an der bereits viele Gründungsplaner scheitern. Zuletzt ist die Barrierewirkung von Finanzierungsproblemen nochmals stärker geworden. Finanzierungsprobleme sind vor dem finanziellen Risiko das Gründungshemmnis mit der höchsten Barrierewirkung.

Bundeslandranking der Gründungstätigkeit

Rang neuRang alt
Berlin1=1
Hamburg2=2
Brandenburg3+8
Bayern4=4
NRW5=5
Niedersachsen63
Baden-Würtemberg7 + 9
Rheinland-Pfalz8 + 11
Sachsen9 + 10
Hessen106
Schleswig-Holstein11 + 12
Saarland1214
Bremen137
Mecklenburg-Vorpommern1413
Sachsen-Anhalt15 + 16
Thürigen1615
Quelle: KfW-Gründungsmonitor
Berlin färbt auf Brandenburg ab

„Die gute Konjunktur hat der Gründungstätigkeit im vergangenen Jahr positive Impulse gegeben und die negativen Effekte der weiterhin hervorragenden Lage am Arbeitsmarkt abgebremst. Die Zahl der Gründer konnte sich so stabilisieren“, sagt Dr. Georg Metzger, Gründungsexperte bei KfW Research. „Kurzfristig ist eine Trendwende hin zu wieder steigenden Gründerzahlen aber fraglich. Zwar sehen wir im KfW-Gründungsmonitor wieder mehr Personen, die eine Gründung ernsthaft planen – was ein gutes Omen ist. Die Prognosen für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung senden in Summe aber ein negatives Signal. Welchen Kurs die Gründungstätigkeit 2019 nimmt ist daher ungewiss.“

In der Rangliste der Gründungstätigkeit nach Bundesländern bleibt Berlin souverän an der Spitze. Dort haben im Durchschnitt der Jahre 2016 bis 2018 von 10.000 Erwerbsfähigen jährlich 193 Personen eine selbstständige Tätigkeit begonnen. Hamburg liegt mit 146 Gründern auf Platz zwei. Neu in der Spitzengruppe ist im Jahr 2018 das Land Brandenburg, das seine positive Entwicklung fortsetzt und mit 134 Gründern je 10.000 Erwerbsfähigen Platz drei erobert. Vermutlich profitiert Brandenburg hierbei von der überdurchschnittlichen Gründungstätigkeit in Berlin, die in die Peripherie der Hauptstadt ausstrahlt. Auf den Plätzen vier und fünf liegen nach wie vor Bayern und Nordrhein-Westfalen, mit 126 und 118 Gründern je 10.000 Erwerbsfähige.

Weitere zentrale Ergebnisse des KfW-Gründungsmonitors 2019

  • Der Anteil von Gründern mit Mitarbeitern ist von 21 % im Jahr 2017 auf 26 % im Jahr 2018 gestiegen. Im Vollerwerb legte er von 36 % auf 42 % zu, im Nebenerwerb von 9 % auf 13 %. Existenzgründer, die sich durch Übernahmen oder tätige Beteiligungen selbstständig machen, haben besonders häufig Mitarbeiter, weil bei den bestehenden Unternehmen oft schon zuvor Mitarbeitern angestellt sind: 2018 war der Anteil mit 63 % außergewöhnlich hoch. Bei Neugründern hatten 19 % Mitarbeiter, sie haben 2018 somit 219.000 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze geschaffen. Inklusive der eigenen Stellen der Neugründer betrug der Beschäftigungseffekt im vergangenen Jahr 481.000 vollzeitäquivalente Arbeitsplätze.
  • Nachdem der Anteil von Frauen an allen Gründungen unerwartet zwei Jahre in Folge verlor, kletterte er 2018 wieder auf 40 % (2017: 37 %). Die Zahl der Existenzgründungen durch Frauen stieg auf 216.000. Dagegen ging es bei der Gründungstätigkeit von Männern weiter leicht bergab. Im Jahr 2018 haben 331.000 Männer eine Existenzgründung realisiert, das sind 5 % weniger als im Jahr davor. Ein Blick auf die Motivlage zeigt, dass für Frauen Unabhängigkeit eine große Rolle spielt: Rund die Hälfte nennt dies als wichtigstes Motiv, bei Vollerwerbsgründungen sogar knapp zwei Drittel. Frauen sehen die Selbstständigkeit hinsichtlich ihrer Anforderungen an Unabhängigkeit offenbar häufig als die bessere Alternative an – insbesondere wenn es um eine Vollerwerbstätigkeit geht oder minderjährige Kinder zu versorgen sind (‚Mompreneurs‘).
  • Die Mehrheit der Existenzgründer setzt für die Realisierung ihrer Gründung Finanzmittel ein (2018: 67 %). Dabei griffen 2018 mit 44 % mehr Gründer als im Vorjahr ausschließlich auf eigene Mittel zurück (2017: 39 %). Knapp ein Viertel der Gründer (23 %) mobilisierte externe Mittel von dritten Kapitalgebern. Davon waren 14 % Mikrofinanzierungen (höchstens 25.000 EUR externes Kapital) und 9 % Makrofinanzierungen (mehr als 25.000 EUR externes Kapital). Bei Mikrofinanzierungen sind meist Familie und Freunde Kapitalgeber, bei Makrofinanzierungen dagegen eher Kreditinstitute.
  • Der Anteil von Gründern mit Finanzierungsschwierigkeiten ist 2018 auf 17 % gestiegen (2017: 14 %). Bei Gründungsplanern, die ihr Vorhaben wieder aufgegeben haben, hatten sogar 57 % Finanzierungsschwierigkeiten (2017: 52 %). Die Barrierewirkung von Finanzierungsschwierigkeiten ist folglich etwas stärker geworden: Finanzierungsprobleme bringen geplante Gründungsvorhaben bereits vor der Realisierung am häufigsten aller Gründungshemmnisse zum Scheitern.

Quelle: KfW Research | 31.05.2019 |

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