Lokalhelden Andreas Krüger

Jung wie ein Baum

Eine Plantage der Zukunft wächst in Buggenhagen. Angelegt hat sie ein Lokalheld.

Obstbäume, einheimische Sträucher und Gehölze will Andreas Krüger im Lassaner Winkel heranziehen. Er ist Begründer der 1. ökologischen Baumschule in Mecklenburg-Vorpommern.

Wer im vorpommerschen Vor-Frühling mit Andreas Krüger dessen drei Hektar Baumschule gleich hinter Wangelkow besucht, sieht auf den ersten Blick fast nichts. Noch nichts! Außer einem mächtigen hölzernen Tor – selbstgezimmert wie eine urige Bank. Außerdem stehen zwei weiße Container hinter dem Wildzaun auf seinem Pachtland, vor denen die Bank schon mal zum Verweilen einlädt, falls die Sonne durch die Wolken lugt.
Von hier hat Andreas Krüger den Überblick über die gute Hälfte seiner vor sich hinwachsenden Plantage. Immerhin der ersten Baumschule im Bundesland, die er von Anbeginn nach ökologischen Gesichtspunkten bewirtschaftet.

Von hier hat Andreas Krüger den Überblick über die gute Hälfte seiner vor sich hinwachsenden Plantage. Foto: Ralph Schipke

Warum sollte seine Baumschule „Öko“ sein? Auf diese Frage hat der grüne Gründer zwei starke Argumente parat: „Dieses Land konnte ich von einem Öko-Bauern pachten.“ Andere Landeigentümer hätten sich kaum auf einen Deal über 20 lange Jahre für die drei lehmig-sandigen Hektar mit durchschnittlich 33 Bodenpunkten für Krügers Vorhaben eingelassen. Sein Verpächter knüpfte eine „Öko“-Bedingung an den Vertrag. „Immerhin ist der Boden das höchste Gut jedes Landwirtes“, weiß Andreas Krüger. „Ich war durch meine Ausbildung zum Umweltplaner und Naturschützer in Potsdam aber ohnehin davon überzeugt, dass ein ökologisch geführter Betrieb, eine Reihe Vorzüge gegenüber einem konventionellen hat“, nennt er seinen zweiten Öko-Grund. Statt eine weitere herkömmliche Baumschule aufzubauen, will Andreas Krüger so naturnah wie möglich junge Bäume aufschulen, die in Mecklenburg-Vorpommern nahe der Ostsee typisch – „gebietsheimisch“ sind, wie die Ökologie es benennt. Mit dem Ziel: Mehr biologische Vielfalt zu schaffen, die wiederum Mensch, Tier und Pflanze bessere Anpassungsmöglichkeiten an sich verändernde Umweltbedingungen bietet.

Eine berufliche Doppelgleisigkeit verschafft dem Gründer Zeit und nicht zuletzt die Freiheit, sich bisher nicht mit Krediten für das Baumschulprojekt belasten zu müssen.

Das beschauliche Wangelkow, das Andreas Krüger vor etwas mehr als Jahresfrist zum Lebensort wählte, besteht gerade einmal aus sechs Häusern. Eines davon hat die Familie erworben und wird demnächst einziehen. Es gibt hier am Peenestrom – vis-à-vis der Insel Usedom – ein paar Urlauberquartiere für Ruheliebhaber. Auf zwei Nachbar-Gehöften wird auf Feld und im Beet oder auf Weideland gewirtschaftet: Hier lassen sich offensichtlich alternative und innovative Bewirtschaftungskonzepte gut erproben, dachte auch Andreas Krüger und wurde zum Gründer.

Vorerst wirtschaftet er gleich am Ortsrand im Nebenerwerb. Den Lebensunterhalt für seine kleine Familie bestreitet Andreas Krüger aus seinem freiberuflichen Lehrerjob: Er unterrichtet an zwei Wochentagen Mathe und Bio an der Produktionsschule Vorpommern-Greifswald in Wolgast. Die berufliche Doppelgleisigkeit verschafft ihm Zeit und nicht zuletzt die Freiheit, sich bisher nicht mit Krediten für das Baumschulprojekt belasten zu müssen.

Rund 1500 solcher Pflanzensetzlinge brachte Andreas Krüger vor einem Jahr in den vorpommerschen Boden.

Weiß- und Sanddorn, Doberaner Renette, Danziger Kant-, Pommerscher Schnee- oder Mecklenburger Herrenapfel, zarte Birken und robuster Boskop, so werden Krügers „Baumschüler“ gerufen. Der entstehende Buggenehagener Forstgarten ist nicht für Wald und Frost angelegt. Eher für Baumnachwuchs in offener Flurlandschaft.

Wenn in drei bis fünf Jahren erste Stämme und Sträucher herangewachsen sein werden und robust sind, Obstbäume traditioneller norddeutscher Sorten veredelt wurden, sollen Gehölze aus Buggenhagen in Gärten des Umlandes verkauft oder auf Streuobstwiesen umgepflanzt werden. Oder auch als Flurgehölze, Hecken oder Schutzstreifen an Feldränder oder auf Weiden weiterwachsen. So könnte sich langfristig die stark landwirtschaftlich geprägte Kulturlandschaft wandeln und wieder Verstecke für Kleinsäuger oder Bienennahrung – Lebensraum für Insekten und Vögel bieten. Gern würde der Gründer möglichst viele Landwirte davon überzeugen, auf ihren Flächen seinen Jungbäumen eine Chance zu geben und so einen einfachen aber wichtigen Beitrag zur Artenvielfalt in ihrer Region zu leisten.

So jedenfalls sieht der Plan des Bachelors für Geoökologie aus, der von der Müritz stammt und Umweltplanung und Naturschutz im Nachbarland Brandenburg studierte.

Rund 1500 Pflanzensetzlinge brachte er vor einem Jahr in den vorpommerschen Boden. Er ist entschlossen, alles über die nächste Wachstumsphase zu bringen, was nicht in der ersten „heißen“ Phase vertrocknete. Etwa ein Drittel seiner Setzlinge musste er nach dem Dürre-Sommer abschreiben.

Das Baby lässt sich derweil von Papa im Tragetuch über die noch beinahe unsichtbare Zukunfts-Plantage befördern. Fotos: Ralph Schipke

„Bis zu 10.000 Setzlinge könnte ich ganz allein bewirtschaften;“ rechnet sich der Jung-Agrarunternehmer aus. Doch: „Früchte“ wird die eigene Firma, werden die Obstbäume des jungen Vaters, wohl erst für Töchterchen Frida tragen. Das Baby lässt sich derweil von Papa im Tragetuch über die noch beinahe unsichtbare Zukunfts-Plantage befördern. Das Mädchen wird bereits auf ihren eigenen Beinen laufen, wenn die ersten Bäume die Baumschule verlassen.


| 20.03.2019 |

Die Lokalhelden Gründerwerkstatt

Zuspruch und Gründerhilfe erhält Andreas Krüger in der „Lokalhelden Gründerwerkstatt“. Dort trifft er regelmäßig auf Gleichgesinnte, die sich im ländlichen Raum eine Existenzgrundlage aufbauen und in neuen Lebensmodellen experimentieren. Ausschließlich in Ostdeutschland bietet dieses Förderprogramm des Vereins „Wertewandel – soziale Innovation und demokratische Entwicklung“ Wissen, Erfahrungen, Beratung und ein Unterstützungs-Netzwerk für die selbständige Planung und Umsetzung eines Gründungsprojektes.

Rat und Hilfe auf dem Weg in die Selbstständigkeit bekommen über zwei Jahre junge Leute bis Mitte 30.


In ländlichen Räumen schlummert Gründungspotential! Davon ist die Gründer-Intitiative für den ländlichen Raum in Ostdeutschland fest überzeugt.
Hintergrund zu diesem GründerThema
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