Identität von Unternehmen erforscht

Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Medien der TU Ilmenau startet DFG-Forschungsprojekt

Die Identität von Unternehmen – Fachleute sprechen von organisationaler Identität – wird wesentlich davon bestimmt, welche Merkmale als zentral, dauerhaft und einzigartig wahrgenommen werden.

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Für ihre Stakeholder – Kunden, Aktionäre, Mitarbeiter, Lieferanten – ist es aufgrund deren Interessenlage wichtig, wie ein Betrieb sich verhält. Foto: Ralph Schipke

Jüngere Untersuchungen zeigen, dass Unternehmen und Organisationen sich darauf einstellen, indem sie ihre Identität aktiv gestalten. So versuchen sie, Fachkräfte langfristig an sich zu binden oder sich von direkten Konkurrenten strategisch abzuheben. Doch welche Handlungsmöglichkeiten Unternehmen haben, um im Wettbewerb besser zu bestehen, ist bisher kaum untersucht worden. Weitgehend unerforscht ist insbesondere, wie die verschiedenen Bausteine der organisationalen Identität miteinander zusammenhängen und welche Rolle die Unternehmensgeschichte für den Wettbewerbserfolg des Unternehmens spielt.

Die Technische Universität Ilmenau erforscht in einem großangelegten Projekt, wie Unternehmen und Organisationen die eigene Identität gestalten und dadurch Wettbewerbsvorteile erzielen können. Foto: Ralph Schipke

Die Arbeiten des Fachgebiets Unternehmensführung/Organisation, für drei Jahre von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) finanziell gefördert, sollen Unternehmen künftig unter anderem dabei unterstützen, sich auf dem Fachkräftemarkt besser zu positionieren. Vor allem die kleinen und mittleren Unternehmen im mittelständisch geprägten Thüringen könnten im Wettbewerb besser bestehen, wenn sie die eigene organisationale Identität gestalten würden.

Das DFG-Forschungsprojekt „Konstruktion organisationaler Identität und der Einfluss von Geschichte“, das die TU Ilmenau in Zusammenarbeit mit der Universität Paderborn durchführt, will diese Erkenntnislücken schließen. Unter der Leitung von Dr. Simon Oertel vom Fachgebiet Unternehmensführung/Organisation der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Medien der TU Ilmenau und von Prof. Kirsten Thommes von der Universität Paderborn arbeiten Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen interdisziplinär zusammen. So können sie das komplexe Phänomen organisationaler Identitäten aus verschiedenen fachlichen Perspektiven umfassend untersuchen.

In dem Forschungsprojekt werden die Wissenschaftler die Entwicklung von Betrieben aus zwei regionalen Unternehmensclustern untersuchen: dem Uhren-Netzwerk im Schwarzwald und dem im sächsischen Glashütte. Im Zentrum ihrer Arbeiten stehen der Einfluss der Unternehmensgeschichte auf den wirtschaftlichen Erfolg und die Wechselwirkungen zwischen den Ebenen des einzelnen Unternehmens mit seinem jeweiligen institutionellen Umfeld im Verlauf der Zeit. Indem sie Unternehmen in West- und Ostdeutschland miteinander vergleichen, ist es dem Forscherteam möglich, die Rolle radikaler institutioneller Veränderungen, vor allem der Wiedervereinigung, auf ihr Selbstverständnis und ihre organisationale Identität zu untersuchen.

Das Forschungsprojekt möchte insbesondere auch den weiblichen wissenschaftlichen Nachwuchs fördern: Zwei der drei beteiligten Ilmenauer Nachwuchswissenschaftler sind Doktorandinnen. Schon im Juli werden sie ihre Dissertationsprojekte auf der Konferenz der European Group for Organization Studies, mit über 2500 Forschern aus über 60 Ländern eine der bedeutendsten Vereinigungen im Bereich der Organisationsforschung, im schottischen Edinburgh vorstellen.

Insbesondere für die mittelständischen Thüringer Unternehmen ist organisationale Identität von sehr hoher Bedeutung, um sich von Konkurrenten im Markt abzuheben und auch, um Mitarbeiter an sich zu binden. Daher ist die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Medien der TU Ilmenau bereits jetzt, zu Beginn des DFG-Forschungsprojekts, bestrebt, der Thüringer Wirtschaft ihre Erkenntnisse über organisationale Identität zugutekommen zu lassen.

So fand das Fachgebiet Unternehmensführung/Organisation bei der Erforschung des Wachstumsprozesses eines Thüringer Familienunternehmens herausgefunden, wie organisatorische und personelle Maßnahmen bei der Gestaltung der organisationalen Identität ineinandergreifen und aufeinander abgestimmt werden müssen, um erfolgreich zu wachsen. In einem anderen Thüringer Unternehmen, einem weltweit tätigen Hidden Champion aus der Kautschuk verarbeitenden Industrie, ermitteln die Ilmenauer Wissenschaftler, wie sich durch einen Eigentümerwechsel und damit verbunden die Implementierung einer neuen Strategie auch die organisationale Identität des Unternehmens verändert. Mit diesem und weiteren bereits initiierten Kooperationen mit Thüringer Unternehmen will die TU Ilmenau das Thema organisationale Identität zur Profillinie der Forschung der Fakultät für Wirtschaftswissenschaften und Medien machen.
Wissenschaftliche Ansprechpartner:


Dr. Simon Oertel
TU Ilmenau, Fachgebiet Unternehmensführung/Organisation
Telefon: +49 3677 69-4066
E-Mail: simon.oertel@tu-ilmenau.de


Quelle: TU Ilmenau, Fachgebiet Unternehmensführung/Organisation | 13.03.2019 |

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