Sachbezüge: Ermittlung der 44 €-Freigrenze

Gewährt ein Arbeitgeber seinem Arbeitnehmer Sachbezüge in Höhe von maximal 44 € (brutto) monatlich, fällt hierfür keine Lohnsteuer an.
Hierbei ist jedoch zu beachten, dass in die Berechnung der Freigrenze Versand- und Verpackungskosten einzubeziehen sind.

Ergibt sich dadurch ein Betrag von mehr als 44 €, ist der komplette Sachbezug lohnsteuerpflichtig. Diese Ansicht hat das Finanzgericht Baden-Württemberg im Jahr 2016 vertreten.
Im Revisionsverfahren hat der Bundesfinanzhof diese Sichtweise nun konkretisiert.

Im verhandelten Fall ging es um Folgendes:
Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist eine GmbH, die Speditions- und Transportleistungen erbringt. Sie gewährte ihren Mitarbeiten unter bestimmten Voraussetzungen in den streitigen Lohnzahlungszeiträumen 2006 bis 2009 Sachprämien (insbesondere handelsübliche Verbrauchsgüter). Hierzu bediente sie sich der Firma X-GmbH.
Jeder bezugsberechtigte Arbeitnehmer der Klägerin konnte über einen Onlinezugang monatlich aus der Angebotspalette der X-GmbH einen Sachbezug auswählen. Anschließend bestellte die Klägerin die Ware bei der X-GmbH, die der Klägerin die Sachbezüge nebst einer sogenannten Versand- und Handlingspauschale in Rechnung stellte. Nach dem Ausgleich der Rechnung durch die Klägerin bezog die X-GmbH die Waren von ihren Lieferanten und versandte sie an den jeweiligen prämienberechtigten Mitarbeiter der Klägerin oder händigte die Waren der Klägerin zur Verteilung im Betrieb aus.
Der der Klägerin in Rechnung gestellte Bruttobetrag der Sachbezüge einschließlich Umsatzsteuer betrug regelmäßig 43,99 €. Darüber hinaus hatte die Klägerin in der Regel für jede Bestellung eine Versand- und Handlingspauschale in Höhe von 6 € einschließlich, ab dem Lohnzahlungszeitraum 2007 zuzüglich Umsatzsteuer an die X-GmbH zu zahlen.
Die Rechnungen wurden von der Klägerin beglichen und als Personalaufwand gebucht. Die monatlichen Lohnabrechnungen der Arbeitnehmer wiesen jeweils Sachbezüge in Höhe von 44 € aus. Lohnsteuer hierfür erhob die Klägerin nicht. Auch die Versand- und Handlingspauschale wurde von der Klägerin nicht lohnversteuert.

Im Rahmen einer Lohnsteuer-Außenprüfung vertrat die Prüferin die Auffassung, dass die Versand- und Handlingspauschale dem Wert der Sachzuwendung hinzuzurechnen und deshalb die 44 €-Freigrenze nach § 8 Abs. 2 Satz 9 EStG (nunmehr § 8 Abs. 2 Satz 11 EStG) überschritten sei.

Der Bundesfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 06.06.2018 wie folgt:
  1. Üblicher Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG ist der Endverbraucherpreis und damit der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlte günstigste Einzelhandelspreis am Markt (Bestätigung der ständigen Rechtsprechung).
  2. Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze von 44 € einzubeziehen.
  3. Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis i. S. von § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG enthalten, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung „nach Hause” bei der Berechnung der Freigrenze von 44 € zum Warenwert hinzu.

Allerdings wird in den Entscheidungsgründen auch auf Folgendes hingewiesen:
Es ist grundsätzlich nicht zu beanstanden, den Wert des Sachbezugs anhand der Kosten zu bemessen, die der Arbeitgeber seinerseits dafür aufgewendet hat. Dies gilt zumindest dann, wenn der Arbeitgeber die Ware oder Dienstleistung aus Quellen bezogen hat, die auch Endverbrauchern zugänglich sind.
Zudem müssen die Kosten um etwaige Nachlässe (etwa Mengenrabatte) bereinigt werden, die Endverbraucher nicht erhalten hätten. Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung des Arbeitnehmers, ist dies eine zusätzliche Leistung. Es handelt sich um einen weiteren Sachbezug, der gesondert zu bewerten ist.
Eine Bereicherung kann aber fehlen, wenn der Arbeitnehmer für das Empfangene selbst nichts hätte aufwenden müssen. Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der Versand als eigenständige Leistung ausgewiesen, tritt der geldwerte Vorteil aus der Lieferung „nach Hause“ zum Warenwert hinzu.

Quelle: BFH-Urteil vom 06.06.2018, Az. VI R 32/16, zu finden unter www.bundesfinanzhof.de/entscheidungen/entscheidungen-online (Aktenzeichen eingeben)

2018-10-0

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