Wenn Hühnersuppe nicht mehr ausreicht…

Alles Wissenswerte über Krankenversicherungen

Ob harmlos oder gravierend – Krankheiten treffen auch Existenzgründer. Im harmlosen Fall reichen eine Hühnersuppe und etwas Nasenspray, manchmal allerdings ist ein Arztbesuch oder gar Krankenhausaufenthalt unumgänglich. Gründerinnen und Gründer müssen sich daher im Vorfeld Gedanken über die Wahl der passenden Krankenkasse machen. Wir haben im Spitzenverband der Gesetzlichen Krankenkassen (GKV) sowie dem Verband der Privaten Krankenkassen (PKV) nachgefragt, worauf Selbstständige beim Abschluss ihrer Versicherung achten müssen.

Ann Marini, Pressereferentin des Spitzenverbandes der Gesetzlichen Krankenkassen
Foto: GKV

 

Ann Marini (GKV) und Jens Wegner (PKV) stehen uns Rede und Antwort.
Auf welche Dinge sollte ein Existenzgründer bei Abschluss seiner Krankenversicherung unbedingt achten?
Ann Marini: „Eine Krankenversicherung ist eine der wenigen Absicherungen, die man wirklich braucht und die im Übrigen auch Pflicht in Deutschland ist. Das heißt dann aber auch: Als Existenzgründer sollte man beim Aufstellen des Businessplans als Kostenfaktor auch Geld für die Krankenversicherung einplanen. Sonst kann es ein böses Erwachen geben. Für welche Kasse man sich dann konkret entscheidet, hängt von den eigenen Bedürfnissen ab. Idealerweise prüft man nicht nur die Höhe der Beiträge, sondern auch die Leistungen“

Der Hinweis auf die Einbindung in den Businessplan ist wichtig. Er zeigt, wie früh man sich im Verlauf der Gründung bereits mit dem Thema befassen sollte. Die Leistungsüberprüfung empfiehlt auch der Experte der Privaten Krankenkassen, Jens Wegner: „Wer sich privat versichern möchte, kann sich seinen Versicherungsschutz individuell zusammenstellen. Deswegen sollte man sich zunächst selbst darüber im Klaren sein, welche Leistungen man absichern möchte. Soll bei einem Krankenhausaufenthalt der Chefarzt behandeln? Möchte man Heilpraktikerleistungen abgedeckt haben? Oder will man – um Beitrag zu sparen – einen Selbstbehalt vereinbaren? Wie hoch soll ein mögliches Krankentagegeld sein? Darüber sollte jeder schon im Vorfeld nachdenken, um die Angebote der einzelnen Versicherer später besser prüfen zu können“.

Fast alle Gründer haben die doppelte Qual der Wahl: Gesetzlich oder privat; und welche Leistungen brauche ich? Nicht zutreffend ist die Wahlfreiheit übrigens für Landwirte und Künstler. Diese sind über die Landwirtschaftliche Krankenkasse und die Künstlersozialkasse gesondert versichert. Die Entscheidung für eine Kassenart muss mit Bedacht gefällt werden. Denn einfach so wechseln, wenn es einem doch nicht gefällt – das funktioniert unter Umständen nicht.
Jens Wegner: „Wer sich etwa als Selbstständiger für eine Private Krankenversicherung entscheidet, kann während seiner Tätigkeit als Selbstständiger nicht ohne Weiteres wieder zurück in die Gesetzliche Krankenversicherung. Wird man aber wieder sozialversicherungspflichtig – zum Beispiel, weil man die Selbstständigkeit aufgibt und eine Anstellung findet – muss man sogar wieder zurück in die Gesetzliche Krankenversicherung. Für solche Fälle sieht die Private Krankenversicherung sogar ein Sonderkündigungsrecht vor“.

Warten auf einen Termin beim Facharzt? Stunden über Stunden im übervollen Wartezimmer verbringen? Zusatzleistungen? Die Private Krankenversicherung erscheint vielen zunächst attraktiver. Denn auch wenn es eigentlich nicht sein darf, so ist es doch der Eindruck vieler Patienten, dass Privatversicherte zumindest manchmal eine Vorzugsbehandlung genießen. Weshalb sollte man sich freiwillig für die Gesetzliche Krankenversicherung entscheiden?
Ann Marini: „Ein echter Pluspunkt der gesetzlichen Krankenversicherung ist die Familienversicherung. Kinder oder ein Partner ohne eigenes Einkommen sind in der gesetzlichen Krankenversicherung über das zahlende Mitglied beitragsfrei krankenversichert. Ein Punkt auf den gerade junge Menschen viel zu selten achten. Ebenfalls wichtig: Es gibt keine Wartezeiten und keinen Ausschluss oder höhere Beiträge bei Vorerkrankungen. Mit dem ersten Tag der Versicherung steht das gesamte Leistungspaket zur Verfügung. Und schließlich noch das Sachleistungsprinzip. Ein sperriges Wort, das aber gerade Selbstständigen mit schwankenden Einnahmen entgegen kommen dürfte. Für einen Arztbesuch muss ein gesetzlich Versicherter nicht erst bezahlen und sein Geld dann über Kostenerstattung von der Kasse zurückholen. Beim Arztbesuch reicht es für ihn, seine Versicherungskarte vorzulegen“.
Der Beitrag in der Gesetzlichen Krankenkasse bemisst sich nach der Höhe des Einkommens. Bei den privaten Kassen werden auch Vorerkrankungen mit einbezogen. Dies kann, je nach persönlichem Gesundheitszustand, gravierende Auswirkungen auf die Beitragshöhe haben. Die übliche Vorleistung können Privatpatienten ausschließen lassen. Das allerdings kostet extra. Deshalb sollte man immer etwas auf der hohen Kante haben, um die Kosten eines Arztbesuches zu übernehmen.

Und noch etwas sollte man beachten: Die Kosten der Versicherung im Alter.
Jens Wegner: „In der Privaten Krankenversicherung werden von Beginn an Rückstellungen gebildet, um für die im Alter steigenden Gesundheitskosten vorzusorgen. Sie werden verzinst und im Alter für die Versicherten eingesetzt. Etwaige Überschüsse, die das Unternehmen erwirtschaftet, müssen zudem zu einem Großteil den Versicherten gutgeschrieben werden – meist als weitere Reserve für das Alter, teils aber auch als Barauszahlung. Darüber hinaus zahlt jeder Versicherte bis zu seinem 60. Lebensjahr einen gesetzlich vorgeschriebenen 10-Prozent-Zuschlag als zusätzliche Vorsorge. Aufgrund des medizinisch-technischen Fortschritts, der allgemeinen Preissteigerung oder einer steigenden Lebenserwartung kann es aber dennoch zu Beitragsanpassungen kommen. Dafür hat der Versicherte aber auch einen vertraglich garantierten Leistungsanspruch, der weder durch die Versicherung noch durch den Gesetzgeber gekürzt werden kann“.

 


Jens Wegner, Pressereferent Verband der PKV e.V. (c)Hoffotografen

 

Und wenn man mal nicht zahlen kann? Die Spannweite der Beitragshöhen ist groß. Sie reicht von knapp 200 bis zu mehreren hundert Euro. Egal ob privat oder gesetzlich: Immer sofort das Gespräch suchen! Dies bestätigt auch Ann Marini: „In Deutschland gibt es seit 2007 nicht nur das Recht für jeden, sondern auch die Pflicht eine Krankenversicherung zu haben. An dem Punkt, seine Beiträge zu zahlen, kommt also keiner vorbei. Bei finanziellen Engpässen sollte man so früh wie möglich Kontakt zu seiner Kasse aufnehmen. Gemeinsam kann dann nach einer Option gesucht werden. Für die Kasse ist es z. B. möglich, ausstehende Beiträge zu stunden oder auszusetzen. Eine generelle Lösung gibt es in solchen Fällen aber nicht, hier muss immer auf den Einzelfall geschaut werden“.

In den Privaten gibt es noch weitere Wege erläutert Jens Wegner: „Wenn die Beiträge doch einmal zu hoch werden sollten, gibt es mehrere Möglichkeiten. Zunächst können Privatversicherte den Tarif wechseln und gegebenenfalls Leistungsbestandteile herausnehmen. Dadurch ist oft schon eine deutliche Beitragsreduzierung möglich. Wenn tatsächlich finanzielle Hilfebedürftigkeit eintreten sollten, kann man in den so genannten Basistarif wechseln, den jedes PKV-Unternehmen anbietet. Bei nachgewiesener Hilfebedürftigkeit erlässt das Versicherungsunternehmen hierfür die Hälfte des Beitrags. Schlimmstenfalls tragen die Bundesagentur für Arbeit oder das Sozialamt sogar die restlichen Kosten“.

Ein Umstand, der im besten Falle gar nicht erst eintritt. Weitere Informationen zu den jeweiligen Kassen erhält man im Internet bei den Verbänden selbst:

PKV: Link

GKV: Link

Michaela Skott

 

 

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