Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Wie ist zu verfahren, wenn ein Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet? Unsere Tipps sollen helfen:

In der Praxis tritt häufig die Situation ein, dass Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden oder aber eine Erkrankung in der Folgezeit während der Arbeitslosigkeit eintritt. Anfragen und aktuelle höchstrichterliche Rechtsprechung zu dieser Thematik geben Anlass zu einem Überblick über die wesentlichen Punkte.

Krankheit nach Ende des Arbeitsverhältnisses kann vor allem in folgenden Konstellationen eintreten:

– Der Arbeitnehmer befindet sich zu dem Zeitpunkt des Austritts aus dem Arbeitsverhältnis noch in dem Zeitraum der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall.

– Zum Zeitpunkt des Austritts aus dem Arbeitsverhältnis bezieht der Arbeitnehmer bereits Krankengeld.

– Die Krankheit tritt erst in der Folgezeit während der Arbeitslosigkeit auf.

Hierzu im Einzelnen:

– Vertragsbeendigung während der Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall

Grundsätzlich enden ab dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch die laufenden Zahlungspflichten des Arbeitgebers gegenüber den aus dem Vertrag ausscheidenden Arbeitnehmern. Dies bedeutet, dass grund-sätzlich auch der Entgeltfortzahlungsanspruch eines erkrankten Arbeitnehmers zu diesem Zeitpunkt endet, § 8 Abs. 2 EFZG.

Beispiel:
Das Arbeitsverhältnis eines Arbeitnehmers endet nach einer arbeitgeberseitigen betriebsbedingten Kündigung zum 31.07.2014. Zum Zeitpunkt des Austritts aus dem Arbeitsverhältnis ist der Arbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt und hat bereits vier Wochen Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall erhalten.

Lösung:
Mit dem Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses endet auch der Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall. Der Arbeitgeber muss den gesetzlich in § 3 Abs. 1 EFZG geregelten 6-Wochen-Zeitraum nicht ausfüllen. Der Arbeitnehmer erhält stattdessen ab dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit Arbeitslosengeld oder – wenn die Erkrankung eine Vermittelbarkeit ausschließt – Krankengeld.

Anders stellt sich die Situation allerdings dann dar, wenn der Arbeitgeber das Arbeitsverhältnis aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit beendet. Nach § 8 Abs. 1 S. 1 EFZG wird der Anspruch auf Fortzahlung des Arbeitsentgelts nicht da-durch berührt, dass der Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis kündigt.

Beispiel:
Wie oben, der Arbeitgeber kündigt allerdings nicht aus betriebsbedingten Gründen, sondern aus Krankheitsgründen das Arbeitsverhältnis zum 31.07.2014.

Lösung:
Nach § 8 EFZG hat der Arbeitgeber über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus bis zum Ablauf des 6-wöchigen Entgeltfortzahlungszeitraums Entgeltfortzahlung zu leisten. Entsprechend verlängert sich das sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhältnis. Die Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus gilt nach § 8 Abs. 1 Nr. 2 EFZG auch für den Fall, dass der Arbeitnehmer das Arbeitsverhältnis aus einem vom Arbeitgeber zu vertretenden Grunde kündigt, der den Arbeitnehmer zur Kündigung aus wichtigem Grund ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist berechtigt.


– Vertragsbeendigung während des Krankengeldbezugs

Vielfach stellt sich bei Arbeitnehmern, die arbeitsunfähig erkrankt aus dem Arbeitsverhältnis ausscheiden und die im Krankengeldbezug stehen, die Frage nach dem weiteren Sozialleistungsbezug. Lange Zeit wurde dazu die Auffassung vertreten, dass bei einer Krankheit, die eine Verfügbarkeit auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zulässt, mit Ende des Arbeitsverhältnisses ein Wechsel vom Krankengeld- in den Arbeitslosengeldbezug erfolgen muss. Hierzu hat allerdings das Bundessozialgericht (BSG) grundsätzlich festgestellt, dass für die Arbeitsunfähigkeit eines Versicherten die bisherige Tätigkeit auch nach dem Verlust des Arbeitsplatzes maßgebend ist, vgl. BSG, Urteil vom 12.03.2013 – B 1 KR 7/12 R.
Danach kann ein Arbeitnehmer, der im Krankengeldbezug aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, nicht auf alle Tätigkeiten verwiesen werden, in die er als Arbeitsloser zumutbar vermittelt werden könnte. Seine Arbeitsunfähigkeit wäre vielmehr zugunsten einer möglichen Vermittelbarkeit und damit eines Arbeitslosengeldanspruchs nur dann beseitigt, wenn er seinen früheren Beruf wieder ausüben könnte oder wenn ihm sein Gesundheitszustand eine gleichartige Tätigkeit erlaubt, vgl. BSG, Urteil vom 14.02.2001 – B 1 KR 30/00 R. Die Höhe des Krankengeldes verändert sich im Übrigen mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht, da bei durchgehender Krankheit das Entgelt des letzten abgerechneten Monats vor Beginn der Arbeitsunfähigkeit Maßstab für die Berechnung des Krankengeldes ist und bleibt, vgl. § 47 Abs. 2 SGB V

– Eintritt der Erkrankung während des Arbeitslosengeldbezugs

§ 126 SGB III regelt den Fall, dass ein Arbeits-loser während des bereits laufenden Bezugs von Arbeitslosengeld erkrankt. Wird danach ein Arbeitsloser während des Bezugs von Arbeits-losengeld infolge Krankheit arbeitsunfähig, oh-ne dass ihn ein Verschulden trifft, verliert er dadurch nicht den Anspruch auf Arbeitslosengeld für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen; gleiches gilt, wenn der Arbeitslose während des Bezugs von Arbeitslosengeld auf Kosten der Krankenkasse stationär behandelt wird, § 126 Abs. 1 S.1 SGB III.
Hier gelten im Wesentlichen die gleichen Grundsätze wie bei der Entgeltfortzahlung nach dem Entgeltfortzahlungsgesetz: Soweit mehre-re Krankheiten überlagern, führt dies nicht zu einer Verlängerung der 6-Wochen-Frist. Die Frist läuft dagegen stets von Neuem, wenn sich die Arbeitsunfähigkeitszeiten nicht unmittelbar anschließen.
Ein wesentlicher Unterschied besteht allerdings gegenüber der Entgeltfortzahlung im Krank-heitsfall: Eine erneute Leistungsgewährung nach § 126 SGB III kommt bei erneuten Arbeit-sunfähigkeitsfällen unabhängig davon zum Tra-gen, ob diese Krankheitsfälle in einem Fortsetzungszusammenhang stehen, vgl. Ei-cher/Schlegel, Kommentar zum SGB III, § 126 Rdnr. 58.
Die Dauer der Leistungsfortzahlung bei Arbeitsunfähigkeit nach § 126 SGB III wird auf die Leistungsdauer beim Arbeitslosengeld nach § 127 SGB III angerechnet. Somit kann der Anspruch auf Arbeitslosengeld vor Ablauf des sechswöchigen Fortzahlungszeitraums erschöpft sein, wenn die nach § 127 SGB III begründete Leistungsdauer erreicht ist, vgl. BSG, Urteil vom 21.9.1995-11 RAr 35/95. Bei einer über den sechswöchigen Leistungsfortzahlungszeitraum hinausgehenden Arbeitsunfähigkeit kann der Arbeitslose Krankengeld beziehen. Das Krankengeld wird dabei in Höhe des Arbeitslosengeldbetrags gewährt, den der Arbeitslose zuletzt bezogen hat, § 47 b Abs. 1 SGB V. Der länger erkrankte Arbeitslose hat also beim Bezug von Krankengeld gegenüber der vorangegangenen Leistungshöhe beim Arbeitslosengeld keinen Nachteil. Der Zeitraum der Krankengeldzahlung während der Arbeitslosigkeit wird im Übrigen nicht auf die Arbeitslosengelddauer nach § 127 SGB III angerechnet.

Beispiel:
Ein Arbeitsloser erkrankt während des Arbeitslosengeldbezuges für die Dauer von 60 Tagen.

Lösung:
Für die Dauer von 42 Tagen zahlt die Agentur für Arbeit Arbeitslosengeld nach § 126 SGB III unter Anrechnung auf die Dauer des erworbenen Arbeitslosengeldanspruchs. An-schließend zahlt die Krankenkasse für 18 Tage nach § 47 b Abs. 1 SGB V Krankengeld in Höhe des vorangegangenen Arbeitslosengeldes. Diese 18 Tage werden nicht auf die Arbeitslosengelddauer angerechnet, das Ende des Arbeitslosengeldbezugs verschiebt sich also um diese 18 Tage.

Während des Bezugs von Krankengeld von Arbeitslosengeldbeziehern werden von der Krankenkasse Beiträge zur gesetzlichen Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung abgeführt, und zwar jeweils auf der Basis von 80 % des der Leistung zugrunde liegenden Arbeitsentgelts, vgl. §§ 166 Abs. 1 Nr. 2 SGB VI, 345 Nr. 5 SGB III, 57 Abs. 2 SGB XI.
Die Krankenkasse kann bei der Berechnung des Krankengeldes einen Versichertenanteil von jeweils 50 % der zur Renten-, Kranken-und Pflegeversicherung abgeführten Beiträge ab-ziehen, vgl. §§ 170 Abs. 1 Nr. 2 a SGB VI, 347 Nr. 4 SGB III und 59 Abs. 2 SGB XI.

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