Wenn man in MV einen Platz sucht, an dem sich ein Hamburger Jung richtig zu Hause fühlen kann, dann wäre es wohl dieser im Holzhafen Wismar: Horst Erichsen blickt von seinem Schreibtisch genau auf den Hafen. Aus dem Hamburger ist ein Wismarer geworden. Wie auf’s Stichwort fährt ein Holzschiff vorbei. Holz – und was man damit machen kann – ist nämlich das Thema der HE Energy GmbH.
Seit Jahren vertreibt Horst Erichsen Holzvergaser-Kaminöfen, ist auf rund 200 Messen damit unterwegs. Mit der Zeit wird eine Frage immer häufiger gestellt: Kann man damit nicht nur Wasser für Heizungen erhitzen, sondern daraus auch Strom generieren? Mit der Energiewende stellen sich immer mehr Menschen die Frage, wie sie autark – unabhängig von Gas- und Stromlieferungen großer Erzeuger – ihre Bedarfe decken können. Als gestandener Geschäftsmann spürt Horst Erichsen, dass hier etwas „in der Luft“ liegt. Also: „Geht das?“ „Klar!“, hat sich der Unternehmer die Frage mittlerweile mit Hilfe seines findigen Teams von Ingenieuren, Konstrukteuren und Projektentwicklern selbst beantwortet. „Die Lösung liegt in einem relativ alten Verfahren – der Thermoelektrik, bei dem Elektrizität durch einen Temperaturunterschied an den Verbindungsstellen der elektrischen Leiter in einem geschlossenen Stromkreis erzeugt wird.“
Entwickler leisten Pionierarbeit
Im Januar 2016 starten Horst Erichsen und sein Team das neue Projekt. Tatkräftig unterstützt von der MV Invest und dem Technologie- und Gewerbezentrum e.V. Schwerin/Wismar. Ausschlaggebend für ihn, sich hier niederzulassen, war nicht die schöne Aussicht der Büros im TGZ am Holzhafen. Hier findet er, was ein Unternehmer braucht: „Die Förderstruktur stimmt. Die kurzen Wege ebenso. Wir wurden bestens beraten. Man muss sich ja auch vorstellen, dass wir mit einer Idee um die Ecke kamen, von der wir selbst noch nicht sagen konnten, ob sie wirklich funktionieren wird.“ Horst Erichsen spricht von Pionierarbeit, die seine Entwickler leisteten und leisten. Davon, dass es zunächst nicht einfach war, auch die Banken von diesem Projekt zu überzeugen. Und, dass er hier motivierte Mitarbeiter fand.
Nur wenige Monate später steht der erste Prototyp – ein Blockheizkraftwerk (BHKW) für das Wohnzimmer – mit 5 Watt Stromertrag in der Werkstatt. Ein Jahr später sind es bereits 250 Watt. Genug Strom, um einen üblichen Haushalt über drei bis vier Stunden mit Strom zu versorgen.
Während die einen entwickeln und bauen, gehen die anderen bereits die nächsten Schritte zur Marktreife: Messebesuche, Produktdesign und vieles mehr. Auch hier zahlen sich die kurzen Wege im Land aus. Es kommt zu einer Zusammenarbeit mit der Wismarer Hochschule. Die Fakultäten Gestaltung und Wirtschaft entwickeln Vorschläge für ein ansprechendes Aussehen des weltweit ersten e-Kaminofens sowie für einen Messestand.
Selbst in der Raumfahrt spielt Thermoelektrik eine Rolle
Vernetzung gibt es auch an anderer Stelle. Denn nicht nur beim Holz-Nano-BHKW aus Wismar, sondern auch in der Raumfahrt spielt Thermoelektrik eine Rolle. So kommt es zu einer Zusammenarbeit mit dem Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt e.V., Institut für Werkstoff-Forschung aber auch mit den Fraunhofer-Instituten in Köln und Dresden.
Auf den ersten Messebesuchen, so bei der ISH in Frankfurt und der LIGNA in Hannover, wird deutlich: Das autarke System trifft den Nerv der Kunden; gerade bei Menschen, die in abgeschiedenen Gebieten leben und nicht mit einer konstanten Stromversorgung rechnen können. Es kommen beispielsweise Anfragen aus Kanada. Horst Erichsen sieht eine Lücke auch in den ländlichen Gebieten Deutschlands: „Nicht überall ist die Stromversorgung dauerhaft so sicher, wie in den Ballungszentren. Außerdem wollen sich viele Menschen von fossilen Brennstoffen unabhängig machen.“ Wer noch dazu über einen Kaminofen im heimischen Wohnzimmer nachdenkt, ist schon fast überzeugt. Ende 2017 wird die Entwicklung abgeschlossen sein. Unterdessen wird in Wismar eine Fertigungsstätte eingerichtet. Fast alle Komponenten kommen aus Mecklenburg-Vorpommern. „Wir planen keine Großproduktion. Der Bau und Vertrieb wird komplett in unserer Hand bleiben.“, betont Horst Erichsen. „Wir denken, dass wir so eine bessere Kundenzufriedenheit einerseits und einen guten Preis andererseits erhalten.“ Ebenso sei nicht von der Hand zu weisen, dass man durch ein direktes Feeback der Kunden weiterhin an der stetigen Verbesserung des Ofens arbeiten könne. Dass Idee und Umsetzung überzeugend sind, das bewies die HE Energy GmbH kürzlich auch an anderer Stelle: Als Sieger des INNO AWARDS 2017.
Folgende Varianten sind bei HE Energy in der Entwicklung:
- Holzvergaser-Heizkessel/Kaminofen für Zentralheizung
- Holz-Nano-BHKW für den Wohnraum (Zentralheizung, Brauchwasser, Strom)
- Holz-Nano-BHKW für den Heizungsraum (Zentralheizung, Brauchwasser, Strom)
- feuerungstechnischer Wirkungsgrad: > 92 %
- Abgabe von Strahlungswärme an den Ausstellraum bis 1,5 kWh
- Brenndauer bis zu 4 Stunden
- Brennstoffe: Scheitholz und Holzbriketts
Autorin: Michaela Skott
08/09/2017