Angemessenheit der Ausbildungsvergütung

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG haben Auszubildende Anspruch auf eine „angemessene” Vergütung. Die Bestimmung ist nur eine Rahmenvorschrift und legt den Maßstab für die Angemessenheit der Ausbildungsvergütung nicht selbst fest.

Bei fehlender Tarifbindung ist es Aufgabe der Vertragsparteien, die Höhe der Ausbildungsvergütung zu vereinbaren. Sie haben dabei einen Spielraum.
Ob die Parteien den Spielraum gewahrt haben, ist unter Abwägung ihrer Interessen und unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls festzustellen. Maßgeblich dafür ist die Verkehrsanschauung. Wichtigster Anhaltspunkt für die Verkehrsanschauung sind nach der ständigen Rechtsprechung des BAG die einschlägigen Tarifverträge.

Dies wird mit einem Urteil des BAG vom 16.05.2017 (9 AZR 377/16) erneut bestätigt.

Das Ergebnis von Tarifverhandlungen berücksichtige danach hinreichend die Interessen beider Seiten. Es habe die Vermutung der Angemessenheit für sich. Eine Ausbildungsvergütung, die sich an einem entsprechenden Tarifvertrag ausrichtet, gelte deswegen stets als angemessen.

Eine Ausbildungsvergütung sei demgegenüber in der Regel nicht angemessen im Sinne von § 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG, wenn sie die in einem einschlägigen Tarifvertrag enthaltenen Vergütungen um mehr als 20 % unterschreite.

Dies gilt allerdings nicht ausnahmslos:

Beispielsweise iat eine teilweise oder vollständig durch öffentliche Gelder oder Spenden Dritter finanzierte Ausbildungsvergütung zur Schaffung zusätzlicher Ausbildungsplätze, die mehr als 20 % unter den tariflichen Sätzen liegt, z. B. nicht zwingend unangemessen im Sinne von 17 Abs. 1 Satz 1 BBiG.

Eine Unterschreitung des Tarifniveaus um mehr als 20 % kann u. a. auch dann gerechtfertigt sein, wenn der Ausbildende den Zweck verfolgt, die Jugendarbeitslosigkeit zu bekämpfen und auch Jugendlichen eine qualifizierte Ausbildung zu vermitteln, die sie ohne Förderung nicht erlangen könnten. Dazu müsse der Unterstützungs- und Förderungsbedarf gerade in der Person des Auszubildenden begründet und bereits beim Abschluss des Lehrvertrages bekannt sein.

Die richterliche Überprüfung einer Ausbildungsvergütung erstreckt sich darauf, ob die vereinbarte Vergütung die Mindesthöhe erreicht, die als noch angemessen anzusehen ist.

2017-08-09

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