Praxisgründung

Mitstreitersuche: Kräfte bündeln und verstärken zum Wohle der Patienten

Zwei Logopädinnen aus Rostock wollen eine interdisziplinär arbeitende Praxis in der Hansestadt aufbauen und suchen berufliche Partner für ihr ehrgeiziges Projekt, mit dem sie im kommenden Jahr an den Start gehen.

Sitzt man Claudia Bruß und Luise Pohland gegenüber, bekommt man schnell Lust, mit den beiden zu gründen und zusammen zu arbeiten. Das freundlich-fröhliche Logopädinnen-Duo aus Rostock ist auf der Mitstreitersuche nach anderen Therapeuten – Kollegen – Fachleuten in Ergo-, Physio- oder Musiktherapie – gern auch Ärzten, Heilpraktikern oder Menschen aus ganz anderen Berufsgruppen, die sich eine fachliche Zusammenarbeit mit den beiden Gründerinnen in einer interdisziplinär arbeitenden Praxis in der Hansestadt vorstellen können.

YouTube player

In einer solchen Praxisgemeinschaft könnten Sprecherziehung, Ergo- und Entspannungstherapie oder Supervision unter einem gemeinsamen Dach stattfinden. Das würde für ihre künftigen Patienten viele Vorteile bieten, ist sich Claudia Bruß ganz sicher. Sie ist bereits als selbstständige Sprachheilkundlerin tätig. Seit 10 Jahren arbeitet sie in ihrer eigenen logopädischen Praxis im Rostocker Stadtteil Schmarl. Insbesondere für große und kleine, junge und ältere Patienten, die mehrere unterschiedliche Behandlungen benötigen, würde eine interdisziplinäre Zusammenarbeit von Therapeuten reichlich Vorteile bieten.

Auf dem Weg in die Selbstständigkeit

„Es wird so ein reger und kollegialer Austausch untereinander in unserer Gemeinschaft möglich“, ergänzt Luise Pohland, die sich gerade aus einer Anstellung auf den Weg in die Selbstständigkeit begibt. Die junge Frau ist seit fünf Jahren im Angestelltenverhältnis als Logopädin (M. Sc.) tätig. Zunächst neben dem Studium drei Jahre lang in einer logopädischen Praxis. Im Mai 2015 wechselte Luise Pohland in die heilpädagogische Frühförderung. „Die theoretischen Grundlagen für interdisziplinäres Arbeiten wurden mir bereits im Studium vermittelt“, bekräftigt sie.

Als eine Art „Poliklinik im Kleinformat“ titulieren die beiden Frauen illustrierend ihr ehrgeiziges Vorhaben, für das derzeit fast alles noch gesucht wird: Logo, Name, Gewerberäume – und vor allem Mitstreiter. Eine Praxisgemeinschaft gleichberechtigter und selbstständiger „Medizinmänner und -frauen“ könne sich nach außen stark vernetzen, ließe sich viel besser in die sozio-kulturellen Strukturen ihrer Stadt und eines Viertels einbinden, als das mehrere Einzelkämpfer schaffen würden.

 

Mitstreiter gesucht

Claudia Bruß ist bereits als selbstständige Sprachheilkundlerin tätig. Seit 10 Jahren arbeitet sie in ihrer eigenen logopädischen Praxis im Rostocker Stadtteil Schmarl. Foto: Ralph Schipke

Medizinische Dienstleistungen, Beratung, Lebenshilfe unter einem Dach, so ließe sich ihre Gründeridee gut umschreiben. „Dabei wollen wir niemanden einstellen, sondern andere Freiberufler und professionelle Partner gewinnen, mit uns sehr eng im Sinne der Patienten zu kooperieren“, beschreibt Claudia Bruß ihr selbsterdachtes Modellvorhaben.

Konzept überraschend ausgezeichnet

Auch wenn die beiden Logopädinnen noch ganz am Anfang ihrer Gründung stehen, ist schon eine Menge Vor- und Gedankenarbeit in ihr Projekt geflossen – neben der Hauptbeschäftigung in ihrem medizinischen Beruf. Umso überraschter waren Claudia Bruß und Luise Pohland, dass sie mit ihrer Konzeption gleich mal einen Preis gewonnen haben. Den Sonderpreis Gesundheitswirtschaft 2016 des Ideenwettbewerbs „inspired“ 2016.

Das eingereichte Papier der beiden beginnt mit einer Falldarstellung, die beispielhaft und anschaulich die Realität im therapeutischen Alltag zeigt:

„Ein siebenjähriger Junge besucht einmal wöchentlich die logopädische Therapie. Die Logopädin erfährt bei Behandlungsbeginn aus umfangreichen Vorberichten von sozialen Anpassungsschwierigkeiten und von der besonderen Problematik des Einnässens.

Im Verlauf der Zeit baut der Junge ein Vertrauensverhältnis zu seiner Therapeutin auf. Er öffnet sich und erzählt was er zuhause erlebt, was ihn bedrückt und beschäftigt. Der Logopädin wird bewusst, in welch schwierigem familiären Umfeld das Kind aufwächst und wie sehr es psychisch belastet ist. Viele therapeutische und medizinische Maßnahmen liegen bereits hinter ihm: Aufenthalte in verschiedenen Tageskliniken mit Psychotherapie, sozialem Kompetenztraining, Entspannungs- und Psychomotoriktherapie, Ergotherapie, Logopädie, Musiktherapie und diversen medizinischen Maßnahmen im Hinblick auf das Einnässen.

Das Gespräch mit der alleinerziehenden Mutter wird gesucht. Um dafür gewappnet zu sein, nimmt die Logopädin selbst Kontakt zu einer Beratungsstelle der Diakonie auf. Darüber hinaus, wendet sie sich an den behandelnden Kinderpsychologen.“

In ihrem Konzept umreißen die Gründerinnen schnell, warum die geplante interdisziplinäre Praxis so wünschenswert wäre:

„Die Zeit, die der Therapeutin dafür zur Verfügung steht, liegt außerhalb der geregelten Behandlungsdauer und ist durch das tägliche Arbeitspensum begrenzt. Ihre Initiative beruht auf persönlichem Engagement und der Einsicht in die Notwendigkeit.
Die wirkliche Ursache für die vielfältigen Auffälligkeiten des Jungen – das familiäre Umfeld – ist innerhalb der logopädischen Behandlung durch das wachsende Vertrauensverhältnis und die Aufmerksamkeit der Logopädin deutlich geworden. Mit keiner der oben genannten therapeutischen Maßnahmen wurde bisher dort angesetzt. Ein interdisziplinäres, Hand in Hand arbeiten, fehlt.“

Ausgetretene Pfade links liegen lassen

Bisher, so können sie aus den Erfahrungen ihres Praxisalltages berichten, wäre eine weitere Aneinanderreihung von Therapien für das Kind in Planung. Im schlechtesten Fall entzieht die Mutter sich weiteren Gesprächsversuchen. Ein Erfolg der logopädischen Therapie jedoch bliebe aus, da die Gesamtsituation des Kindes die notwendige Energie bindet und der Junge aus ihrem Beispielfall die Zeit bei seiner Logopädin zum Auftanken nutzen würde.

Praxisgründung

Luise Pohland begibt sich gerade auf den Weg in die Selbstständigkeit und sucht Mitstreiter. Foto: Ralph Schipke

Darum wollen Claudia Bruß und Luise Pohland ausgetretene Pfade verlassen und durchaus einen Brückenschlag zwischen Sozial-, Gesundheits- und Bildungswesen schlagen. „Leute auf Augenhöhe, die sich gegenseitig beflügeln können“, bekräftigen beide noch einmal. Und die neben fundiertem Fachwissen und der Bereitschaft für den Dienst am Patienten unbedingt eines in petto haben sollten: Ausreichend Mut zur Selbstständigkeit.

Wer den ehrlichen Herzens hat, melde sich entweder bei www.gruender-mv.de  oder per Mail direkt bei  Claudia Bruß und Luise Pohland.

Ralph Schipke

07/19/2017

Print Friendly, PDF & Email