Einchecken in Etagenbett und Schlafsaal

Schwerins erstes Hostel haben die Schwestern Julia und Theres Heintze im Juli eröffnet. Das Haus ist eine Mischung aus Jugendherberge und Hotel. Ab 15 Euro kann man hier schon ein Bett buchen. Ein Angebot, das in Schwerin bislang offenbar gefehlt hat: Das Hostel mit seinen 35 Betten ist regelmäßig ausgebucht. Davon träumt die Konkurrenz.

“Heintzes Töchter” vor ihrem Hostel. Die blonde Theres ist studierte Eventmanagerin und kennt sich daher bestens mit Zahlen und Marketing aus. Die dunkelhaarige Julia ist gelernte Linergistin (Permanent-Make-up) und bringt viel Kundenerfahrung mit. Die Schwestern ergänzen sich perfekt.

Hostels wurden einst für Rucksacktouristen erfunden, doch längst gehen hier auch Touristen mit Rollkoffern ein und aus. Die preisgünstigen Betten, in kleinen Zimmern oder Schlafsälen ohne Fernseher, Kleiderschrank und Schnickschnack sind mittlerweile bei allen Alters- und Einkommensgruppen beliebt.
„Wir haben schon eine 80-Jährige hier gehabt. Die fand das ganz toll bei uns“, erzählt die blonde Theres. Stolz blättert sie im Gästebuch, liest laut vor: “Viel schöner als in einer anonymen Bettenburg! Ankommen- Wohlfühlen- Wiederkommen! Diese drei Worte fielen uns spontan zu Eurem Hostel ein. Oder hier: Wir “Mitsechziger” haben uns bei Euch sehr wohl gefühlt. Und hier: Well done! The hostel is very nicely decorated and it’s acomfortable place to stay.”
Theres lacht, klappt das Gästebuch zu und fährt sich mit den Fingern durch ihren blonden Wuschelkopf als sie sagt. „Julia hatte schon vor acht Jahren die Idee, ein Hostel zu eröffnen. Sie war zwei Monate als Rucksacktouristin in Australien unterwegs und total begeistert von diesen Unterkünften.“ Vor zwei Jahren entschlossen sich die Schwestern dann die Idee in die Tat umzusetzen. Ein heruntergekommenes Mehrfamilien-Wohnhaus wurde in Schwerins Altstadt ersteigert, Baupläne ent- und verworfen und anfangs auch viel Zeit bei einem Unternehmensberater vergeudet. Erst ein zweiter Berater, der im Bekanntenkreis empfohlen wurde und gute Referenzen nachweisen konnte, entwickelte mit den Schwestern ein Konzept, das auch von der IHK zu Schwerin „abgenickt“ wurde. „Das Okay der IHK brauchten wir unbedingt für die Fördermittelanträge beim Landesförderinstitut“, erinnert sich Julia. Die 28-Jährige ist zwei Jahre älter Theres. Auch sie hat eine freche Kurzhaarfrisur, ist aber nicht blond, sondern schwarzhaarig und wirkt etwas ernster als ihre Schwester. Mag sein, dass das an den Rückenschmerzen liegt die sie seit Wochen plagen. Doch in Ruhe im Bett auskurieren geht nicht: Jeden Tag muss Frühstück gemacht, müssen Betten abgezogen, Bäder geputzt, Buchungsanfragen beantwortet und eingekauft werden. Die Gäste haben außerdem viele Fragen. Eine allein würde das alles nicht schaffen und kürzer treten geht nicht: Beim Landesförderinstitut muss ein sechsstelliger Existenzgründerkredit abbezahlt werden. „Ein Jahr lang haben wir gebangt und gehofft, es gab immer neue Fragen zu unserem Antrag. Dann endlich kam die Zusage“, erklärt Julia. „Fast die Hälfte der Darlehenssumme haben wir als Zuschuss bekommen, weil wir auch internationale Gäste und Fahrradtouristen mit unserem Angebot nach Mecklenburg-Vorpommern locken.“ Aus Polen, Amerika, Spanien, Rumänien, England, Frankreich, Schweden, Australien, Dänemark und sogar aus Japan waren schon Gäste da. „Die meisten von denen kamen in den ersten zwei Wochen. Das war echt der Knaller.“

Am 6. Juli 2009 haben die Schwestern ihr Hostel eröffnet. Seitdem gab es noch keinen freien Tag. Trotzdem wirken sie entspannt und glücklich. „Klar, wir hatten auch schon Meckerköppe hier, aber das sind Ausnahmen.

Das Hostel Heintzes Töchter hat 35 Betten aufgeteilt in 2 bis 9 Bett Zimmern.

Das Telefon, das Theres wie ihren Augapfel hütet und überall mit hin nimmt, klingelt: „Einzelzimmer haben wir nicht… Nee, am Wochenende ist alles ausgebucht. Tut mir leid!“

Schon zwei Monate vor der Eröffnung stellten die Schwestern ihre Website ins Internet. Das erwies sich als goldrichtig: Zehn Gäste standen am Eröffnungstag auf der Reservierungsliste. „Und dann ging es Schlag auf Schlag. Das lief wie Brezelbacken, ein Tourist nach dem anderen kam durch die Tür und fragte nach einem freien Bett“, erinnert sich Theres mit leuchtenden Augen. Das ist bis heute so geblieben. Kein Wunder: Das erste Hostel Schwerins war mehrfach in der Presse Thema. In der Zeitung, im Radio und sogar im regionalen Fernsehprogramm wurde über die Jungunternehmerinnen berichtet. „RTL war auch hier“, erzählt Theres stolz, „und hat auch Aufnahmen gemacht. Der Bericht soll irgendwann demnächst ausgestrahlt werden.“ Dem privaten Sender hatten die  Schwestern einfach eine launige Mail geschrieben und ein Kamerateam zur Eröffnung eingeladen. Dass das klappt, damit hatten beide nicht gerechnet.

Auf die Frage, was sie rückblickend anders machen würden bei ihrer Existenzgründung grübeln beide Schwestern eine Weile. Julia sagt schließlich: „Nichts. Egal wie man plant, es gehört immer Stress dazu. Auch im laufenden Betrieb passieren immer Sachen, mit denen man nicht rechnet. Gründen würden wir aber immer wieder!“

Grit Gehlen

Facebookseite von Heintzes Töchter

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