Baumkuchen

„Ich brauche keine Werbung“

Ausgefallene Torten, ein spezieller Baumkuchen, Kleingebäck und neuerdings auch mal Brot und Brötchen kreiert Peter Komander in seiner kleinen Konditorei auf dem Lande. Der 54-Jährige hat sich vor drei Jahren in Grammentin bei Stavenhagen nebenberuflich selbstständig gemacht. Kunden aus ganz Deutschland bestellen ihn, den Ivenacker Baumkuchen, im Online-Shop. Konditoreien in Berlin verkaufen ihn sogar in ihren Läden. Reisebusveranstalter halten hier, um dem Konditor über die Schulter zu schauen.

Familie Komander: Nur die älteste Tochter Sarah fehlt auf dem Bild. Sie macht eine Ausbildung in Berlin zur Konditorin. alle Fotos: Grit Gehlen

„Peter Komander ist eine besondere Persönlichkeit. Der denkt nach vorn“, beschreibt Michael Wiese von der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern den Mann, den er für ein Porträt auf GRUENDER-MV vorgeschlagen hat. Peter Komander ist als Gebietsverkaufsleiter für die Lübecker Marzipanfabrik in Berlin, Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern täglich unterwegs, baut nebenbei ein altes Haus um, hat sechs Kinder zwischen fünf und 20 Jahren und steht auch noch fast täglich in seiner Konditorei.

„Die Idee, eine Konditorei aufzubauen, hatten eigentlich meine beiden ältesten Kinder“, sagt Peter Komander. „Als die sich mit 16 überlegen sollten wie es nach der Schule beruflich weiter geht, haben die beiden gefragt: Wollen wir nicht eine Familienkonditorei aufmachen?“ Peter Komander, als gelerntertem Konditormeister, gefiel die Idee. Schon seit Jahren war das sein Wunsch. Das war vor vier Jahren. Damals lebte die Familie noch in Bayern.

Zurück in den Norden

Ehefrau Miriam Komander stammt aus Schleswig Holstein. Sie wollte gern zurück in die alte Heimat, zumindest in die Nähe und so suchte die Familie im Norden nach einem bezahlbaren Haus mit genug Platz für die Familie und eine Konditorei. Im Internet wurden sie fündig – wohnen nun in der einstigen Bäckerei von Grammentin. Rund 250 Einwohner leben hier und sind von den Backkünsten ihrer neuen Nachbarn begeistert.

Handwerkskammer half beim Planen

Bevor der erste Baumkuchen verkauft werden sollte, ließ sich Peter Komander in der Handwerkskammer Ostmecklenburg-Vorpommern von Unternehmensberater Michael Wiese beraten. „Das war Anfang 2008. Ich riet ihm zur nebenberuflichen Selbstständigkeit. Er sollte den Betrieb langsam aufbauen und in Ruhe wachsen lassen. Ob man von dieser Geschäftsidee in dieser Region wirklich leben kann, da war ich mir damals nicht sicher.“ Jetzt, drei Jahre nach der Gründung der Konditorei, kam Peter Komander wieder zu Michael Wiese in die Handwerkskammer und der war beim Anblick der Umsatzzahlen begeistert. „Wirklich beeindruckend, was die Familie da auf die Beine gestellt hat! Der Ist-Zustand ist besser als wir damals geplant haben.“ Anfangs verkaufte Peter Komander etwa 2,5 kg Baumkuchen pro Woche, mittlerweile sind es rund 60 kg. Außerdem hat der Konditormeister eine Fritz Reuter Torte kreiert. Grammentiner Baumkuchenspitzen gehören heute auch zu seinen Spezialitäten. Auch ein eigener Eichellikör, passend zum Baumkuchen, ist in Planung… Die Ideen scheinen ihm nie auszugehen.

Im erst kürzlich eröffneten Laden herrscht ständiges Kommen und Gehen. „Vielen Dank für den Einkauf“, ruft Konditormeister Peter Komander fast allen Kunden hinterher, hält die Tür auf, begrüßt viele mit Handschlag. Die ganze Familie ist außerordentlich höflich und aufmerksam. Seine Augen, hinter der Metallbrille, sehen alles, er redet manchmal so schnell, dass einem schwindlig wird. Er selbst trägt eine blütenweiße Bäckerjacke, schwarze, gewienerte Anzugsschuhe: „Nachher kommt ein Reisebus mit etwa 40 Leuten zum Kaffeetrinken und Baumkuchen essen“, erklärt er. Die Kinder decken schon die Tische, die Ehefrau kocht den Kaffee, der älteste Sohn Heinz schrubbt den Boden der Backstube, in der nur gebrauchte Maschinen stehen. „Das, mit den gebrauchten Maschinen, können Sie ruhig schreiben. Dafür schäme ich mich nicht. Ich habe dadurch viel Geld gespart“, sagt er nicht ohne Stolz.

Baumkuchen ist der König in der Konditorei

„Ivenacker Baumkuchen“ ist das Aushängeschild der Familien-Konditorei Komander. Den Namen hat sich der 54-Jährige patentieren lassen, er soll an die Ivenacker Eichen im Nachbarort erinnern. „Alle Zutaten sind frisch und aus der Region“, versichert Peter Komander. „Eigelb aus dem Tetrapack kommt mir nicht in die Backstube. Notfalls stelle ich mal jemanden ein, der den ganzen Tag lang nur Eier aufschlägt, wenn ich es nicht mehr schaffe.“
Das Baumkuchenrezept, für das man so viele Eier braucht, stammt von Konditormeister Dierk Eisenschmidt aus Hamburg. Er ist Obermeister der Konditoren-Innung Hamburg und Bezirkshandwerksmeister in Hamburg-Harburg. Bei ihm hat Peter Komander in den 70-igern gearbeitet. „Der war sogar hier und hat mit uns zwei Tage lang Baumkuchenbacken geübt“, erzählt der 54-Jährige.

Peter und Miriam Komander vor ihrer Konditorei in Grammentin.

Abgeben an die Kinder

Die ältesten Kinder, Sarah und Heinz, sollen und wollen schon bald offiziell in den Familienbetrieb einsteigen. Sarah absolviert derzeit noch eine Lehre zur Konditorin in Berlin und ist so erfolgreich, dass sie schon mehrere Preise in ihrer Branche abgeräumt hat. Zwillingsbruder Heinz hat Bäcker gelernt und macht jetzt noch den Meister. „Ob die anderen vier Kinder später auch in den Familienbetrieb einsteigen, soll ihnen allein überlassen bleiben. Auf jeden Fall sollen alle die Chance bekommen, sich innerhalb des Unternehmens selbst zu verwirklichen“, sagt Peter Komander.

Er hat sich jetzt entschieden, im Angestelltenverhältnis bei der Lübecker Marzipanfabrik zu bleiben. „Wenn die Kinder sich im Vollerwerb mit der Konditorei selbstständig machen, haben sie die Chance auf Kredite vom Land und auf Fördermittel“, erklärt Unternehmensberater Michael Wiese. Wer nur im Nebenerwerb gründet, so wie Peter Komander, wird nicht gefördert. Die Backstube muss aber erweitert und ausgebaut werden, denn die Nachfrage nach der Spezialität der Komanders steigt stetig. „Unser Aushängeschild sind die frischen Zutaten aus der Region. Das spricht sich rum. Wir brauchen keine Werbung für unseren Baumkuchen“, sagt Peter Komander.

Wie Mund zu Mund Propaganda bestens angekurbelt werden kann, wird wenig später klar: Der angemeldete Reisebus hält vor der Tür. Rund 40 Männer und Frauen aus Hildesheim steigen aus und sind entzückt von der persönlichen Begrüßung der Familie. Die Mädchen machen einen Knicks, die Jungs einen Diener. Peter und Miriam Komander begrüßen mit Handschlag und erkundigen sich nach dem Befinden. Klar, dass den Gästen der Baumkuchen an der langen Tafel hinten im Hof doppelt mundet, dass sie anschließend noch welchen kaufen und später vielleicht im Online-Shop nachbestellen.
Jetzt muss Kaffee eingegossen, der Kuchen verteilt werden, danach gibt es noch einen „Fritz Reuter Eisteller“ made by Komander. Die ganze Familie ist im Einsatz: „Wir sind nicht arbeitsscheu und gewohnt die Ärmel hochzukrempeln“, sagt Miriam Komander entspannt lächelnd. „Man muss tun (Tag und Nacht) und machen, stets und ständig“, fügt Peter Komander hinzu, während er Tassen mit Kaffee füllt. Dass er seit früh um 4.00 Uhr auf den Beinen ist, merkt man ihm nicht an.

Grit Gehlen

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