Zipfel Lienchen – Hier gibt es nichts von der Stange

Flippige Zipfeljacken, bequeme Pumphosen und farbenfrohe Mützen für Kinder – sowas vermisste die junge Mutter Tina Hartig im Einzelhandel und lernte deswegen kurzerhand das Nähen. Die einzigartigen Kleidungsstücke, die die fünfjährige Tochter dann trug, fielen nicht nur Freunden und Nachbarn auf. Immer öfter wurde Tina Hartig auch von Fremden angesprochen, wo es die trendigen Klamotten zu kaufen gäbe. Die Geschäftsidee war geboren. Kunden gibt es nun sogar in Österreich.

In Deutschlands größter Feldsteinscheune, in Bollewick bei Röbel, hat Tina Hartig einen etwa 100 Quadratmeter großen Laden gemietet. „Am  1. August 2014 haben wir hier eröffnet und hatten gleich am ersten Tag über 40 Kunden. Nur mal reingeschaut haben bestimmt drei Mal so viele“, erinnert sich Tina Hartig.
Die 35-Jährige ist in den Farben ihres Geschäftslogos gekleidet:   Eine schwarze Bluse, ein pinkes Halstuch, schwarz lackierte Fingernägel und auf dem schwarzen Minirock leuchten pinke Sternchen. Auch einige Kleiderständer im Laden sind pink gestrichen. Alles wirkt fröhlich und einladend.
Tina Hartig ist keine Schneiderin. Aus gesundheitlichen Gründen musste sie ihren geliebten Job in der Gastronomie aufgeben, sagt sie bedauernd. „Das war meine große Leidenschaft. Die Arbeit am Gast habe ich anfangs sehr vermisst“, gesteht die 35-Jährige. Sie ist froh, eine neue Leidenschaft gefunden zu haben: Das Nähen und die begeisterten Kunden.

Und so fing alles an

Vor etwa zwei Jahren borgte sich Tina Hartig von ihrer Mutter die Nähmaschine. Ihr Ziel: eine flippige Zipfeljacke für die kleine Tochter. Mithilfe von Büchern und Videos im Internet lernte sie recht zügig nähen. „Für die ersten Zipfeljacken habe ich im Schnitt noch drei Stunden gebraucht, heute bin ich doppelt so schnell.“ Anfangs kaufte Tina Hartig auch noch Schnittmuster, jetzt entwickelt sie eigene. „Die Pumphose hier besteht aus drei Nähten. Den Schnitt habe ich selbst gemacht. Fürs Zusammennähen brauche ich etwa zehn Minuten“, schätzt die Jungunternehmerin.
Zunächst verkauften sie und ihr Mann die selbstgenähten Sachen auf Flohmärkten. „Wir wollten testen, wie die Kleidung ankommt und was die Kunden bereit sind zu bezahlen.“  Diese Tests waren ein voller Erfolg. Tina Hartig bereitete zusammen mit ihrem Mann die Selbstständigkeit vor.

Ohne Existenzgründerlehrgang und Coach gegründet

„Mein Mann hat vor Jahren mal einen Existenzgründerlehrgang besucht und ich war schon selbstständige Handelsvertreterin für Stromverträge und später für Tupperware“, erklärt Tina Hartig, auf die Frage nach ihrer Vorbereitung für den Schritt in die Selbstständigkeit. Sie habe sich viel im Internet zu speziellen Dingen belesen. Denn wer Kinderkleidung herstellt und verkauft muss gewisse Vorschriften beachten.

In Röbel, nahe ihres Wohnortes, suchte Tina Hartig nach einem Ladengeschäft. „Die Ladenmiete ist in Röbel allerdings hoch und außerhalb der Saison ist dort wenig los.“ Tina Hartig zögerte.  Doch nur einen Online-Shop eröffnen? In der Zeitung entdeckte sie dann die Annonce der Scheune Bollewick. „Hier zahle ich keine 3 Euro Kaltmiete pro Quadratmeter und es ist immer Kundschaft unterwegs. Auch außerhalb der Saison, dank der Reisebusunternehmen.“

Sechs Wochen vor der geplanten Eröffnung unterschrieb die Jungunternehmerin den Mietvertrag. Ihr Mann richtete nach ihren Wünschen und Vorstellungen den Laden ein und Tina Hartig nähte im Akkord. „Ich wollte den Laden auf keinen Fall mit leeren Regalen eröffnen. Seit dem 1. August habe ich bestimmt schon 300 Pumphosen, unzählige Mützen und über 40 Zipfeljacken verkauft“, zählt sie auf. Viele Bestellungen kommen auch über das Internet, hauptsächlich über Facebook.

„Ich bräuchte eigentlich acht Arme und Hände.“

Allein ist das alles nicht mehr zu schaffen. Um die Buchhaltung kümmert sich abends der Ehemann. Eine Schneiderin und eine Bekannte nähen stundenweise für Tina Hartig und helfen im Laden. Der hat, wie die Scheune auch, von Montag bis Sonntag geöffnet, denn die Feldsteinscheune ist ein touristischer Anziehungspunkt. „Spätestens im nächsten Jahr soll eine der beiden Aushilfen bei mir fest eingestellt werden“, hat sich Tina Hartig vorgenommen. Mit der Agentur für Arbeit ist sie schon wegen Lohnkostenzuschüssen im Gespräch. Denn die neue Mitarbeiterin ist schwerbehindert. „Andere Fördermittel oder gar Kredite brauchte ich bisher zum Glück nicht.“
Das soll auch so bleiben, hat sich Tina Hartig vorgenommen. Neue Ideen und Projekte sollen nur umgesetzt werden, wenn das Geld dafür auch da ist. Ihr Mann schaut überrascht, als die 35-Jährige erzählt, dass sie gern eine Modelinie im Stil der 50-iger Jahre rausbringen möchte. „Schicke Petticoat-Röcke und Kleider und natürlich nur hochwertig hergestellt zu einem entsprechenden Preis möchte ich gern nähen“, erzählt sie schmunzelnd.
Doch jetzt muss erstmal der Weihnachtsmarkt im Land Fleesensee vorbereitet werden. „Wir haben uns da einen Stand gemietet und rechnen mit großem Ansturm.“ Nicht nur die vier Nähmaschinen haben also in den nächsten Tagen und Wochen gut zu tun.

Grit Gehlen

Tina Hartigs Geschäft finden Sie hier:

Zipfel Lienchen
Scheune Bollewick . OG
Dudel 1
17207 Bollewick

Internet: www.unikatewithlove.de
Facebook: www.facebook.com/UnikateWithLove/timeline?ref=page_internal

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