“Wenn man länger macht, weiß man jetzt wofür”

Die Schlecker-Pleite war für zwei Frauen in Parchim der Anstoß, endlich ihren Traum von der Selbstständigkeit zu verwirklichen. Im Vorfeld mussten Silvana Quade und Doreen Just allerdings ungeahnte Hürden nehmen. Mitte September eröffneten sie dann endlich ihre Drogerie Duo.

Silvana Quade und Doreen Just (von links) sind stolz auf ihre Drogerie Duo in Parchim. Bis der Name für die Filiale gefunden war, dauerte es einige Zeit: “Wir haben uns sogar per SMS ausgetauscht und mit Familie und Freunden diskutiert”, erinnert sich Silvana Quade. alle Fotos: Grit Gehlen

„Freitag der 13. war für uns ein Glückstag. Mehr als 600 Kunden haben am Eröffnungstag eingekauft, dazu kamen unzählige Gratulanten und Neugierige“, erinnert sich Doreen Just. Sie strahlt dabei, als hätte sie Geburtstag. „Das Haus war wirklich voll“, bestätigt Silvana Quade ganz nüchtern und erzählt weiter: „Es macht wieder richtig Spaß zur Arbeit zu gehen!“ Dabei huscht ein Lächeln über ihr Gesicht.

Unmittelbar nach der Schlecker-Pleite fanden beide einen Job im Handel – allerdings befristet. In dieser Zeit erfuhren sie von ehemaligen Kollegen, die sich selbstständig gemacht hatten. Und dann ging alles ganz schnell: „In Parchim gab es einst vier Schlecker-Märkte. Alle standen seit der Pleite leer. Auch der, der immer den besten Zulauf und Umsatz hatte“, erklärt Silvana Quade, die bei Schlecker im Außendienst arbeitete und daher die Zahlen kannte.
Im Februar 2013 nahmen die Freundinnen Kontakt zum Vermieter des leeren Ladenlokals am Weststadt-Markt auf. Danach besuchten sie einige der Ex-Kolleginnen, die sich schon selbstständig gemacht hatten und nahmen Kontakt zu den Parchimer Unternehmensberaterinnen Andrea Carmon und Ingrid Rosenow auf.
„Wir haben uns Tipps geholt, um schneller durch den Behördendschungel zu gelangen. Wie kommt man an Lieferanten, welche Versicherungen und Genehmigungen sind nötig. Das waren wichtige Fragen, die im Vorfeld geklärt werden mussten“, erklärt Silvana Quade. Gemeinsam mit den Unternehmensberaterinnen wurde ein Businessplan erarbeitet und auch ein Franchise-Konzept geprüft. In dieser Zeit kamen sich die Unternehmensberaterin Andrea Carmon und die beiden Gründerinnen näher: „Beide bringen Biss mit. Beide wissen was Arbeit bedeutet und kommen aus der Branche. Ich habe keine Zweifel, dass Silvana Quade und Doreen Just bestehen und erfolgreich sein werden“, sagt Andrea Carmon.

Die beiden Frauen lachen, wirken entspannt am kleinen Tischchen im Büro und das obwohl vorne im über 300 Quadratmeter großen Laden gerade nur zwei, drei Kunden unterwegs sind. „Das war auch schon zu Schleckerzeiten so. Es gibt Tage, wie beispielsweise den Mittwoch, da ist hier ab Mittag immer nur wenig los, weil viele umliegenden Geschäfte und Ämter schließen. Bis jetzt haben wir aber jeden Tag mehr Kunden gehabt, als im Geschäftsplan hochgerechnet“, sagt Doreen Just. Unruhig und etwas ängstlich war sie nur, als es um den hohen Kredit ging, den sie für die Gründung brauchten. Ihre alleinigen Versuche gingen schief: „Zwei Banken signalisierten uns schnell, dass sie solche Gründungen nicht finanzieren. Der Laden wäre zu groß, war einer der Ablehnungsgründe.“ Damit hatten Silvana Quade und Doreen Just nicht gerechnet. Spätestens im August war die Eröffnung geplant. Das Vorhaben drohte zu scheitern.

Nicht selten arbeiten die beiden Gründerinnen 12 Stunden, aber sie sind dennoch glücklich und zufrieden, betonen beide.

Unternehmensberaterin Andrea Carmon schaltete sich ein und suchte ein Gespräch mit der örtlichen Sparkasse. Dann begann eine Zitterpartie: „Die Prüfung unseres Kreditantrages hat vier Wochen gedauert.“ Eine gefühlt unendlich lange Zeit für die Gründerinnen: „Wir mussten uns gegenseitig immer wieder aufbauen und Mut machen“, erinnert sich Doreen Just nicht gern. „Die Nerven lagen oft blank. Aber jetzt endlich schlafe ich wieder gut!“
Auch der hohe Kreditbetrag beschert den Drogerie-Gründerinnen keine Bauchschmerzen. Die finanzierende Bank gewährt den Frauen ein Jahr Tilgungsfreiheit, das schafft „Freiheit“. „Wir wollen aber jeden Monat Geld weglegen, damit wir unsere Raten auch später jederzeit bedienen können, sollte es mal Probleme geben“, sagt Doreen Just.

Die Arbeitstage der Jungunternehmerinnen sind lang. Zehn und 12 Arbeitsstunden sind keine Seltenheit. Meistens sind sie schon gegen sieben Uhr im Laden, packen Ware aus, wischen und putzen, geben Preise in die Kasse ein, kümmern sich um Bestellungen und besondere Wünsche der Kunden. „Wer sich selbstständig machen will und davon träumt, künftig weniger zu arbeiten und mehr Freizeit zu haben, dem rate ich ab von der Existenzgründung. Das klappt nicht“, sagt Unternehmensberaterin Andrea Carmon. Ihre beiden Gründerinnen hält sie für sehr belastbar und weiß auch von deren Traum. Eine zweite Filiale soll bald folgen, vielleicht in Parchim. Mehr wollen die Frauen nicht verraten und jetzt ganz gern wieder was im Laden tun. Es ist noch viel zu erledigen, der Tag wird sicher lang. Aber das störe nicht, versichert Silvana Quade augenzwinkernd: „Wenn man länger macht, weiß man ja jetzt wofür.“
Grit Gehlen

Kontakt:
Drogerie Duo
W.-I.-Lenin-Straße 23
19370 Parchim
Tel: 03871 – 727 96 45
Mail: info@qj-drogerie-duo.de

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