Home-Office, Teilzeit- und Kleinstunternehmen

Moderne Arbeitsmodelle werden geschätzt, aber nicht von jedem

Die fortschreitende Digitalisierung bringt allerlei Veränderungen für die Arbeitswelt mit sich:

Immer mehr Arbeitnehmer können sich ihre Arbeitszeit frei einteilen. Durch die verstärkte Vernetzung etabliert sich zudem das Home-Office in vielen Unternehmen als flexibler Arbeitsort. Auch übertragene Aufgaben müssen nicht mehr zwingend anhand eines festen Leitfadens und nach einer strikt vorgegebenen Reihenfolge abgearbeitet werden. Im Gegenzug wird den Arbeitnehmern mehr Verantwortung übertragen.

Allerdings zählt zu den Folgen der Digitalisierung auch, dass zunehmend unternehmerische Risiken auf Arbeitnehmer verlagert werden und ein wachsender Qualifikationsdruck besteht.

Insgesamt gesehen entstehen sowohl Chancen durch mehr Entscheidungsspielräume als auch Gefahren durch Überforderung.

Eine aktuelle Studie des Instituts zur Zukunft der Arbeit (IZA) und des sozialen Netzwerks Xing mit mehr als 8.000 befragten Personen kam nun zu dem Ergebnis, dass die selbständige und flexible Gestaltung des Arbeitsalltags von den meisten Arbeitnehmern positiv bewertet wird.

Verantwortung, Flexibilität und neue Freiräume im Job werden geschätzt – aber nicht von allen

Passt das Job-Profil aber nicht zum Naturell eines Arbeitnehmers, leidet die Arbeitszufriedenheit. Der Unterschied in der Zufriedenheit gegenüber einem Job, bei dem Verantwortung, Autonomie, Arbeitszeit- und Homeoffice-Regelungen den individuellen Präferenzen entsprechen, ist etwa vergleichbar mit dem Unterschied in der Lebenszufriedenheit zwischen Erwerbstätigen und Arbeitslosen. Das ist ein erstes Ergebnis der Studie „Arbeiten in Deutschland“, die das IZA und die XING AG jetzt in Berlin vorgestellt haben.

Flexibles Arbeiten inzwischen weit verbreitet

Weitere Ergebnisse zeigen ein hohes Maß an individuellen Freiräumen bei den abhängig Beschäftigten. Unter den befragten Arbeitnehmern haben 21 % keine festen Arbeitszeiten, 32 % können zumindest teilweise mobil oder im Homeoffice arbeiten, 72 % tragen nach eigener Einschätzung ein hohes Maß an Verantwortung, und 60 % können den Ablauf ihrer Arbeit grundsätzlich selbst bestimmen. Wer mehr zeitliche und räumliche Flexibilität, Verantwortung und Autonomie hat, ist im Durchschnitt auch zufriedener mit dem Job.
Die moderne Arbeitswelt kommt also den Wünschen vieler Menschen entgegen.

Dennoch bleibt ein nicht zu vernachlässigender Anteil von Beschäftigten, die feste Strukturen und Vorgaben in ihrem Job bevorzugen und sich von „weicheren“ Vorgaben eher herausgefordert oder sogar überfordert fühlen. Mehr Freiräume entsprechen also nicht dem Naturell aller Menschen, was sich auf die Arbeitszufriedenheit auswirkt.

Das Beispiel der Verantwortungsdelegation verdeutlicht diesen Zusammenhang: 57 % der abhängig Beschäftigten tragen viel Verantwortung und fühlen sich damit wohl. 19 % tragen wenig Verantwortung und sind damit ebenfalls zufrieden bzw. finden sich damit ab, da ihr Job in dieser Hinsicht keine Veränderung erlaubt.
Für diese beiden Gruppen entspricht also das ihnen übertragene Ausmaß an Verantwortung – ob viel oder wenig – dem jeweiligen Naturell.

Mehr Freiheit im Job macht nicht immer glücklich

Allerdings sind 15 % der Beschäftigten mit ihrer hohen Verantwortung unzufrieden, während 9 % nach eigener Einschätzung wenig Verantwortung tragen und gerne mehr hätten. Bei jedem vierten Beschäftigten passt also das tatsächliche nicht zum gewünschten Maß an Verantwortung.

Ähnlich verhält es sich mit Arbeitszeitflexibilität und Autonomie, wo bei 23 % bzw. 25 % der Beschäftigten das vorhandene Ausmaß nicht den individuellen Präferenzen entspricht. Die Möglichkeiten zum mobilen Arbeiten oder Homeoffice kommen sogar zu 55 % nicht den Wünschen der Arbeitnehmer nach.
In diesen Fällen liegt also ein „Mismatch“ zwischen Job-Profil und individuellen Präferenzen vor, der sich in einer deutlich geringeren Arbeitszufriedenheit ausdrückt: Auf einer 5-Punkte-Zufriedenheitsskala macht es im Durchschnitt einen ganzen Punkt aus, ob jemand gerne oder ungerne flexibel arbeitet. Diese Diskrepanz entspricht etwa dem in anderen Studien gemessenen Unterschied in der Lebenszufriedenheit zwischen Erwerbstätigen und Arbeitslosen – nach Einschätzung der Forscher ein „alarmierendes Ergebnis“.

Tipp für (potenzielle) Arbeitgeber: Bedürfnisse der Arbeitnehmer stärker berücksichtigen

Die allgemeine Arbeitszufriedenheit hängt also nicht allein von den Eigenschaften eines Jobs ab, sondern auch davon, wie sehr diese Eigenschaften den Präferenzen des jeweiligen Arbeitnehmers entsprechen.
Beschäftigte mit engen Vorgaben und wenig Verantwortung können grundsätzlich genauso zufrieden mit ihrer Arbeit sein wie Arbeitnehmer mit viel Flexibilität und viel Verantwortung.

Vor dem Hintergrund dieser Ergebnisse sollten Arbeitgeber daher einerseits Bewerber noch sorgfältiger auswählen und verstärkt darauf achten, dass das Stellenprofil auch in Aspekten wie Flexibilität, Verantwortung und Autonomie den individuellen Präferenzen entspricht.
Andererseits könnten Coaching- und Mentoring-Angebote einem „Mismatch“ entgegenwirken, wenn etwa einem Arbeitnehmer mehr Verantwortung oder Autonomie übertragen werden soll.

Präsentation der Studie

Quelle:
Institut zur Zukunft der Arbeit (IZA)

2017-04-24

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