Rückwirkung einer Rechnungsberichtigung

Eine Rechnungsberichtigung wirkte bisher nicht auf den Zeitpunkt der ursprünglichen Rechnungserstellung zurück. Dies führte mitunter zu hohen Nachzahlungszinsen, weil die Finanzverwaltung den Vorsteuerabzug erst zum Zeitpunkt der berichtigten Rechnung gewährte.

Nachdem der Europäische Gerichtshof diese Zinsbelastung als EG-rechtswidrig eingestuft hatte (siehe GründerNews vom 05.12.2016), hat der Bundesfinanzhof in einem kürzlich veröffentlichten Urteil (V R 26/15 vom 20.10.2016) die Ausgestaltung dieser neuen Rückwirkungslogik erstmals konkretisiert und ist damit von der bisherigen Verwaltungspraxis und der früheren Rechtsprechung abgewichen.

Leitsätze des Urteils:
  1. Berichtigt der Unternehmer eine Rechnung nach § 31 Abs. 5 UStDV, wirkt dies auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Rechnung erstmals ausgestellt wurde (Änderung der Rechtsprechung).
  2. Eine berichtigungsfähige Rechnung liegt jedenfalls dann vor, wenn sie Angaben zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zur Leistungsbeschreibung, zum Entgelt und zur gesondert ausgewiesenen Umsatzsteuer enthält.
  3. Die Rechnung kann bis zum Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem FG berichtigt werden.

Als Mindestanforderungen an die Rechnung reicht es aus, dass die Angaben nicht in so hohem Maße unbestimmt, unvollständig oder offensichtlich unzutreffend sind, dass sie fehlenden Angaben gleichstehen.
Allerdings sollte man ist auf eine hinreichend detaillierte Leistungsbeschreibung auf der Rechnung achten sowie auf die Angabe des konkreten Leistungszeitpunkts bzw. eines Leistungszeitraums, wie es nach Umsatzsteuer-Anwendungserlass (UStAE) von der deutschen Finanzverwaltung gefordert wird.
Hinsichtlich des spätesten Korrekturzeitpunkts der Rechnung blieb der Europäische Gerichtshof unkonkret – nicht aber der Bundesfinanzhof:
Mangels gesetzlicher Festlegung ist auf den auch in anderen Rechtsbereichen maßgeblichen Stichtag „Schluss der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Finanzgericht“ abzustellen.

Die Entscheidung ist von großer Bedeutung für Unternehmer, die trotz formaler Rechnungsmängel den Vorsteuerabzug aus bezogenen Leistungen in Anspruch nehmen. Sie hatten bislang bei späteren Beanstandungen selbst im Fall einer Rechnungsberichtigung Steuernachzahlungen für das Jahr des ursprünglich in Anspruch genommenen Vorsteuerabzugs zu leisten.
Die Steuernachzahlung war zudem im Rahmen der sog. Vollverzinsung mit 6 % jährlich zu verzinsen. Beides entfällt nunmehr.

Hinweis:

Das Urteil des Bundesfinanzhofs ist noch nicht offiziell von der Finanzverwaltung übernommen. Bis dies geschehen ist, sollten entsprechende Sachverhalte offengehalten werden.
Der Europäische Gerichtshof hält die Verzinsung zwar für unangemessen. Die Mitgliedstaaten sind aber befugt, Sanktionen bei Nichterfüllung der formellen Bedingungen für die Ausübung des Vorsteuerabzugsrechts vorzusehen – etwa die Auferlegung einer Geldbuße.
Inwiefern der deutsche Gesetzgeber hier tätig werden wird, bleibt abzuwarten.

2017-03-06

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