Lieferservice hat ganz Deutschland im Visier

Vier Studenten aus Wismar haben sich kürzlich selbstständig gemacht und einen außergewöhnlichen Lieferservice gegründet. Im Angebot sind Getränke, Mischwaren und Bürobedarf. Klingt erst mal nicht außergewöhnlich, aber das Konzept der Umsetzung ist andersartig. Was die Studenten anders machen, erklärt einer der Gründer, Marco Berg, bei uns im Interview.

Als 350. Mieter wurden kürzlich die vier Gründer der nerdlich GbR im Technologiezentrum in Schwerin begrüßt. Als “Startbeschleuniger” gab es vom TGZ 350 Liter Sprit und für 350 Tage einen Tiefgaragenparkplatz. Foto: Grit Gehlen

Herr Berg, Ihre kürzlich gegründete nerdlich GbR ist ein Lieferservice. Was ist anders als an anderen Lieferserviceunternehmen?

Unser Augenmerk liegt besonders auf der Versorgung von Studenten, Firmen oder Selbstständigen, die bis spät nachts arbeiten. Natürlich sollen aber auch alle von uns profitieren.
Wir möchten die Menschen in Wismar günstig und schnell mit dem beliefern, was sie gerade brauchen. Dabei beschränken wir uns nicht nur auf Getränke und Knabberzeug. Wir liefern auch alltägliche Dinge, die einen wirklich ärgern können, wenn sie nicht zur Hand sind. So zum Beispiel Hygiene-Artikel, was schnelles zum essen oder Baumaterialien für ein bevorstehendes Uni-Projekt.
Was uns aber besonders abhebt ist unsere Unternehmensphilosophie. Wir wollen stets ökologisch, preiswert und gemeinnützig agieren.
Ökologisch bedeutet in diesem Zusammenhang: Wir verwenden und verkaufen vorwiegend Recycling-Produkte.
Gemeinnützig: Wir verkaufen das, was benötigt wird. Die Kunden sagen uns was sie wollen und von uns bekommen sie es.
Preiswert: Unsere Preise sind so kalkuliert, dass wir grundsätzlich günstiger als die Tankstelle sind und ohne weiteres mit den “Spätis” mithalten können.
Unsere Idee beeinhaltet allerdings nicht nur das einfache Liefergeschäft. Wir wollen unser Geschäft deutschlandweit etablieren und es von studentischen Teams leiten lassen. Das heißt, wir stellen die Räumlichkeiten, die Autos und was sonst noch nötig ist und lassen das Geschäft eigenverantwortlich und selbstständig von den Teams leiten und organisieren. Damit wollen wir erste Praxis-Erfahrungen vermitteln und den Studenten die Möglichkeit geben, ihr Gehalt selbst zu bestimmen. Wenn das Geschäft gut läuft, erhalten sie eine höhere Entlohnung und andersrum.

Zudem tritt unsere Unternehmung unter dem corporate design “Nerd” auf. Das bedeutet: Unsere Fahrer tragen ein weißes Hemd, eine schwarze Fliege und eine “Nerd-Brille”, was uns schon rein optisch von den anderen abhebt.

Was macht Sie so sicher, dass die Idee funktionieren wird und wie ist diese ungewöhnliche Geschäftsidee überhaupt entstanden? In der Kneipe, beim Bier?

Die Idee wird funktionieren, weil wir eine Nische bedienen, in der eine hohe Nachfrage herrscht. Wer kennt es denn nicht? Abends zu Hause, alle Geschäfte haben schon geschlossen und es quält brennender Durst. Aber die Tankstelle ist zu weit weg und zu teuer. Welche Möglichkeiten hat man da denn noch?!
Die Idee ist aus genau dieser Situation heraus entstanden. Es hat uns einfach geärgert, dass es in Wismar nahezu unmöglich ist, zu diesen besonderen Zeiten das zu bekommen, was man gerade braucht.

Sie sind zu viert, alle studieren noch – wie haben Sie zueinander gefunden?

Der Wismarer Campus bietet jede Menge Begegnungsstätten für Studenten. In genau diesen Stätten hat sich unser kleines Netzwerk eben auch entwickelt. Natürlich lernt man mit der Zeit viele kompetente Menschen kennen, aber als die Idee entstanden ist, standen Andreas Braack und ich plötzlich vor einer Hercules-Aufgabe:  Aus der Fülle an Bekanntschaften diejenigen zu finden, die für unsere Unternehmung am besten geeignet sind. Andreas, als angehender Bauingenieur, ist da mehr der praktische Typ – der Macher – was die Unternehmung sehr schnell voran gebracht hat. Zudem konnte er sich schnell mit den betriebswirtschaftlichen Anforderungen an einen Geschäftsführer vertraut machen, was er souverän nach außen hin trägt. Ich selbst bin im Bereich des Marketings und der Arbeitsorganisation angesiedelt, was mich dann wohl zum Theoretiker der Truppe macht.

Für Michail Matwejew haben wir uns recht schnell entschieden. Obwohl er ebenfalls angehender Betriebswirt ist, konnte er uns mit seinen IT-Kenntnissen überzeugen. Dazu kommt seine bedingungslose Einsatzbereitschaft, welche wir alle sehr zu schätzen wissen. Ich kann gar nicht sagen, wie viele Nächte er für die Unternehmung durchgearbeitet hat.
Der vierte im Bunde, Sebastian Pals, hat sich mit seinem Rechtswissen einen Platz in unserem Team verdient. Als Master-Student des Wirtschaftsrechts und als alter Welten-Bummler, der schon um die halbe Welt gereist ist, steht er uns bei jedem Problem mit Rat zur Seite.

Als Unternehmer wurden Sie vier sicher nicht geboren. Wie, wo und mit wem  haben Sie sich fit gemacht für die Selbstständigkeit?

Das Studium hat uns die theoretischen Kompetenzen gegeben. Der praktische Part allerdings, musste von uns erst noch erarbeitet werden. Uns stellten sich viele Hürden in den Weg, die wir so noch nie “im Unterricht” behandelt hatten. Zum Glück bekamen wir bei diesen praktischen Aussetzern Hilfe von Dozenten der Hochschule Wismar, welche ihre freie Zeit für unsere “Problemchen” geopfert haben. Vielen Dank an dieser Stelle an Dr. Hartmut Domröse, der uns geholfen hat wo er nur konnte.
Als Wegweiser und Mentor stand uns jemand aus dem engeren Kreise  zur Seite. Ein Mann, der zusammen mit seiner Frau seit vielen Jahren erfolgreiche Unternehmungen aufzog, und uns daher mit seinem reichen Erfahrungschatz unterstützen konnte. Vielen Dank an Thomas Ziebuhr!


Gibt es etwas, das noch fehlt? Mitarbeiter, Geld oder eine Maschine?

Nein, es fehlt nichts. Wir sind gut vorbereitet und wollen einfach nur noch loslegen.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit die nerdlich GbR den Durchbruch schafft?

Der entscheidendste Faktor ist, dass unsere Kunden mit dem Service, den wir anbieten, zufrieden sind.

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Die größten Herausforderungen sehe ich in der Schaffung eines Netzwerkes von Nerdlich-Filialen in ganz Deutschland. Wir werden versuchen, recht schnell zu expandieren, was wiederrum mit hohen Risiken verbunden ist. Sei es nun die Liquidität zu sichern oder den laufenden Betrieb nicht zu stören. So oder so wird es eine kniffelige Angelegenheit.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich,… Herausforderungen anzunehmen und für die Verläufe gerade zu stehen.

Würde ich noch mal neu starten, dann… hat diese Idee wohl nicht funktioniert.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,… sich genau zu überlegen, wen man mit ins Boot holt – denn nur ein Team, das eingespielt ist, kann auf lange Sicht Erfolg haben.

Kontakt:
Nerdlich GbR
Alter Holzhafen 17a
Wismar

Telefon: 03841 / 758 3000
E-Mail: info@nerdlich-online.de
www: www.nerdlich-online.de

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