“Wir werden expandieren”

Jens Schwarck (35) und Ecki Raff (48) haben 2012 die Fotoschule Studio 4 in Schwerin gegründet. Die Geschäftsidee kommt offenbar sehr gut an: Mehr als 100 Workshops und Seminare haben die beiden Fotografen schon für Privatpersonen und Unternehmen gegeben. Wie die Geschäftsidee entstanden ist und wo die beiden Fotografen in nächster Zeit die größten Herausforderungen sehen, erzählt Ecki Raff in diesem Interview.

Jens Schwarck (links) ist freier Journalist, Fotograf und Kameramann

Was steckt hinter Ihrer Geschäftsidee?

Als ich 2008 nach Schwerin kam, hatte ich noch kein eigenes Fotostudio. Ich habe dann Jens kennengelernt und regelmäßig sein Studio gemietet, bis ich 2010 selbst Räumlichkeiten gefunden habe. Jens und ich fotografieren Dinge sehr unterschiedlich und so trafen wir uns regelmäßig zum Austausch und haben beide auch immer Workshops bei tollen Fotografen gebucht, um uns weiterzuentwickeln. Dabei stellten wir fest, dass es hier in der Gegend eigentlich keine Institution gibt, die sich so richtig um Fotografen kümmert. Und irgendwann fiel der Satz: „Eigentlich müssten wir unser Wissen weitergeben.“  Natürlich gibt es Stammtischrunden, Fotoclubs, Volkshochschulkurse und solche Sachen, aber so eine richtige Fotoschule, die gibt es hier eigentlich nicht. Wer was lernen will, muss mindestens bis Hamburg fahren.
Schließlich fanden wir Räumlichkeiten, kündigten unsere eigenen Studios und gründeten am 1. März 2012 das Fotoatelier und die Fotoschule STUDIO 4 in Schwerin.

Wie war der Start?

Viel besser als erwartet. Wir haben eine kleine Anzeige in der Zeitung geschaltet und gleich der erste Kurs war ausgebucht. Da wussten wir, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Und eigentlich wollten wir ja nur „nebenbei“ Kurse geben, weil wir ja beide ein anderes Kerngeschäft hatten. Jens mit seiner Arbeit als Kameramann für namhafte Fernsehsender und ich mit den Bereichen Bildcomposing, Food- und Werbefotografie. Jetzt, nach ziemlich genau einem Jahr, stellen wir fest, dass die Fotoschule das ist, was am meisten Spaß macht. Der Umgang mit Menschen, die alle dieselbe Leidenschaft teilen, ist großartig. Und weil wir natürlich möglichst alle Facetten der Fotografie in unseren Workshops teilen wollen, vergrößern wir auch unser eigenes Wissen.

Als Unternehmer wurden Sie beide sicher nicht geboren. Wie, wo und mit wem  haben Sie sich fit gemacht für die Selbstständigkeit?

Jens ist seit 1999 als freier Journalist, Fotograf und Kameramann selbstständig. Ich war seit 2003 mit einer kurzen Unterbrechung selbstständig. Wir wussten also, auf was wir uns da einlassen und hatten beide ja auch bereits Auftraggeber, für die wir arbeiteten. Natürlich war es ein Risiko. Wir wussten ja auch nicht, ob wir als Partner zusammenpassen in der täglichen Arbeit. Aber es hat sich als Glücksfall herausgestellt und sollte wohl so sein, wie man so schön sagt. Wir ergänzen uns auf wunderbare Art und Weise, weil wir aus unterschiedlichen Perspektiven auf das gleiche Ziel sehen. Und das ist auch das Geheimnis, glaube ich. Wir beide waren vorher eigentlich  Einzelkämpfer. Im Team kann einer die eventuell vorhandenen Schwächen des Anderen ausgleichen und man entwickelt gemeinsam Dinge einfach schneller. Dazu gehört auch eine gewisse Art von Reibung, die am Ende sehr positive Energien freisetzt.

Welche Wissenslücken gab es vor dem Start in die Selbstständigkeit?

Das war eigentlich weniger der wirtschaftliche Aspekt, sondern eher das Marketing für eine solche Fotoschule. Das „Bekanntmachen“ der Idee. Als Fotograf wirst Du empfohlen, hast Dein Netzwerk oder akquirierst Deine Aufträge. Schickst Mappen an potentielle Kunden. Alles überschaubar. Als Fotoschule musst Du plötzlich Zielgruppen finden und Medien, die diese Zielgruppe nutzen. Und bezahlbare Möglichkeiten der Werbung. Das war hier und da schon ein Schuss ins Dunkel und hat auch nicht immer die erwünschten Effekte gebracht.

Wie wichtig ist für Sie und Ihre Planung Ihr Businessplan?

Wie so häufig bei Businessplänen überholt einen immer wieder die Realität. Am Anfang lautete unsere Devise: „Die Schule muss die Kosten decken!“ Wir haben Berechnungen aufgestellt, wie viele Workshops mit wie vielen Teilnehmern zu welchem Preis genau dafür sorgen müssen. Kosten waren hier nicht die privaten Lebenshaltungskosten, sondern die Kosten für Miete, Versicherung, Alarmanlage, Werbung und Studioeinrichtung.
Die tatsächlichen Zahlen entsprachen zunächst auch ziemlich exakt den Kalkulationen aus dem Businessplan. Genau drei Monate lang. Aber dann passierten zwei Dinge. Erstens gab es in den Sommerferien ein kleines, nicht kalkuliertes „Buchungsloch“, das weniger Geld als erwartet in die Kasse brachte. Zweitens reifte die Erkenntnis, dass wir mit der ursprünglichen Betrachtung „Die Schule muss die Kosten decken!“ uns selbst auch jede Chance zur Weiterentwicklung genommen haben, da der Plan nicht auf Wachstum ausgerichtet war.

Also haben wir angefangen, umzudenken und einen neuen Plan aufzustellen. Und dann brach plötzlich ein viel zu großer Ansturm auf unsere Kurse los, aber wir hatten ja beide weiterhin unsere eigenen Kunden im Bereich Film und Fotografie und wir fanden uns wieder in 7-Tage-Wochen und ohne Zeit für detaillierte Anpassungen von Businessplänen.
Ein Businessplan ist gut, weil er einen knallharten Überblick über die zu erwartenden Kosten schafft und man weiß, wie viel Geld auf dem Konto sein muss, um das alles zu bezahlen. Umsatzprognosen lassen sich ohne Erfahrung schwerlich auf solide Beine stellen. Zumindest in unserem, für uns völlig neuen Geschäftsbereich.

Brauchten Sie Geld für Ihre Gründung? Haben Sie Fördermittel beantragt?

Ja, wir brauchten Geld. Wir mussten das Atelier einrichten, haben uns eine „Hohlkehle“ zimmern lassen und einen Schulungsbereich eingerichtet mit entsprechender Technik. Dafür haben wir unsere eigenen Reserven genutzt. Fördermittel haben wir nicht beantragt, einen Dispokredit auf unserem Geschäftskonto auch nicht. Das war ein Risiko. Aber es hat funktioniert. Zum Glück.

Was ist der entscheidendste Faktor, damit Ihr Unternehmen den Durchbruch schafft?
Ganz klar: die Steigerung der Bekanntheit, die Erweiterung unseres Angebotes. Und die permanente Steigerung unserer Qualität.
Wann schreiben Sie schwarze Zahlen?

Vom ersten Monat an. Wenn eine „0“ auch schwarz sein darf…..

Wo sehen Sie in der nächsten Zeit ihre größten Herausforderungen?

Wir werden expandieren und im April die erste „Zweigstelle“ in Rostock eröffnen. Und wir möchten einen einheitlichen Standard bieten. Ein MC Donalds-Burger schmeckt ja auch in Schwerin und Singapur gleich. Das heißt, dass wir Partner finden müssen, mit denen wir gemeinsam den Stil der Fotoschule weiterentwickeln können. Solange wir zu zweit bleiben, ist unser Wachstumspotential endlich. Wir können so lange wachsen, bis wir ausgebucht sind. Aber wir sind sicher, dass der Bedarf da ist, dass man mittelfristig eine Marke für das Erlernen der Fotografie schaffen kann und dass man das mit Partnern  immer wieder erweitert.

Ergänzen Sie bitte die folgenden Stichpunkte zu einem Satz:

Selbstständig sein bedeutet für mich, ……frei sein, neugieriger sein, härter arbeiten, dafür aber mit reichlich mehr Spaß und Freude und Eigenverantwortung.

Würde ich noch mal neu starten, dann…würde ich gerne ein paar Jahre früher auf die Idee kommen, eine Fotoschule zu gründen.

Angehenden Gründerinnen und Gründern rate ich,…..an Chancen zu glauben, nicht an Hindernisse. Wo ein Wille ist, ist immer auch ein Weg.

Kontakt:

studio4
Arsenalstr. 27
19053 Schwerin
Tel. 0385 . 20 25 151
Mail: info@studio4-schwerin.de
Webseite: www.studio4-schwerin.de

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