Kleinunternehmerregelung zur Umsatzsteuer

Umsatzgrenze darf auch nicht geringfügig überschritten werden

Kleinunternehmer müssen keine Umsatzsteuer in Rechnung stellen, wenn der Umsatz im laufenden Jahr voraussichtlich maximal 50.000 € beträgt und darüber hinaus im Vorjahr nicht mehr als 22.000 € betragen hat.
Ergibt sich aber im Zuge einer Betriebsprüfung, dass die Umsatzgrenze geringfügig überschritten wurde, ist die Kleinunternehmerregelung nicht anwendbar – und zwar von Anfang an, so auch das Finanzgericht Sachsen-Anhalt in einer aktuellen Entscheidung.

Zum Hintergrund:

Der Unternehmer argumentierte im Streitfall, dass es nicht gewollt sein kann, dass erst Jahre später erlangte Erkenntnisse soweit zurückwirken, dass sie das ursprünglich bekannte Wissen ersetzen.

vordruck-ust Da der Antragsteller für das Streitjahr zunächst keine Umsatzsteuererklärung abgegeben hatte, schätzte der Antragsgegner die Besteuerungsgrundlagen nach den Grundsätzen der Regelbesteuerung und setzte die Umsatzsteuer mit Bescheid vom 27. Oktober 2015 entsprechend fest. Dagegen hat der Antragsteller Einspruch eingelegt, über den noch nicht entschieden worden ist.
Nachdem der Antragsgegner einen entsprechenden Antrag abgelehnt hatte, hat der Antragsteller im Verfahren vor dem Finanzgericht Sachsen-Anhalt die Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Bescheides durch das Gericht beantragt.

Zur Begründung trägt er vor, er unterliege mit seinen Umsätzen des Streitjahrs der Kleinunternehmerbesteuerung, weil nach seinen Aufzeichnungen der Umsatz des Vorjahres 2012 nur 17.239,48 € betragen habe und er davon ausgegangen sei, dass er auch im Streitjahr 2013 die Grenze von 17.500,00 € nicht überschreiten werde.
Im Rahmen einer im Januar 2015 begonnenen Außenprüfung sei jedoch festgestellt worden, dass er sich bei der Zusammenstellung seiner Umsätze aus 2012 um 152,78 € verrechnet habe. Weil er außerdem für die von ihm getätigten Privateinlagen keinen Nachweis habe erbringen können, seien Umsätze i. H. v. zunächst 2.980,00 € hinzu geschätzt worden, die im Laufe des Einspruchsverfahrens aber auf 780,00 € vermindert worden seien.
Mit den danach verbliebenen Umsätzen von 18.172,26 € überschreite er die Umsatzgrenze mithin nur geringfügig.

Der Antragsteller ist der Ansicht, das Überschreiten dieser Grenze müsse zu Beginn des Kalenderjahres für den Unternehmer offensichtlich und bekannt sein.
Daran fehle es im Streitfall. Selbst unter Berücksichtigung des Rechenfehlers werde nach seiner Aufstellung die Umsatzgrenze nicht überschritten. Er habe deshalb die Regelung des § 19 UStG korrekterweise auch im Streitjahr angewendet, keine Umsatzsteuer berechnet und einen Vorsteuerabzug nicht geltend gemacht.
Da die Entscheidung, die Regeln der Kleinunternehmerbesteuerung in Anspruch zu nehmen, zu Beginn eines Kalenderjahres getroffen werden müsse, müsse auch für die Prüfung der Rechtmäßigkeit dieser Entscheidung auf diesen Zeitpunkt abgestellt werden.
Im Übrigen habe er die verbliebene Hinzuschätzung von 780,00 € lediglich deshalb akzeptiert, um das Verfahren zu beenden. Dass er diese Umsätze tatsächlich erzielt habe, werde weiterhin bestritten und habe auch seitens des Antragsgegners nicht belegt werden können.
Insofern sei die Hinzuschätzung für die Beurteilung der Anwendung der Kleinunternehmerregelung irrelevant. Da er, der Antragsteller, davon ausgegangen sei, nur die Umsätze laut eigener Aufstellung erzielt zu haben, sei seine Entscheidung korrekt gewesen, die Regelungen des § 19 UStG auch im Streitjahr in Anspruch zu nehmen.
Es könne gesetzlich nicht gewollt sein, dass erst Jahre später erlangte Erkenntnisse soweit zurückwirkten, dass sie das ursprünglich bekannte Wissen ersetzten.

Das Finanzgericht war jedoch der Auffassung, dass der Unternehmer das Risiko der zutreffenden Ermittlung der Umsätze zu tragen hat. Die Grenze von 17.500 € ist starr, sodass auch ein geringfügiges Überschreiten deren Anwendung ausschließt. Umfang und Umstände des Überschreitens sind ohne Bedeutung.

Hinweis:

Ist der Unternehmer aber subjektiv von einem Nichtüberschreiten ausgegangen und hat er die Kleinunternehmerregelung deswegen weiter angewendet, kommt gegebenenfalls eine Billigkeitsmaßnahme in Betracht. So soll die Festsetzung der Steuer unbillig sein, wenn der Irrtum entschuldbar war und der Unternehmer nachweisen kann, dass er seine Preise ohne Umsatzsteuer kalkuliert hat.
Diese Billigkeitsmaßnahme ist aber in einem gesonderten Billigkeitsverfahren und nicht im Rahmen der Steuerfestsetzung zu überprüfen.

(Finanzgericht Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 26.07.2016, Az. 4 V 1377/15)

2016-11-15 (aktualisiert am 06.01.2020)

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