MyFoodHero heißt eine neue App, die dem Nutzer in Echtzeit zeigt, wo er in seiner Nähe besonders günstig das bekommt, was auf seinem Einkaufszettel steht. Sie unterscheidet sich dabei aber grundlegend von einer gewöhnlichen Einkaufsliste oder einer Schnäppchenjäger-App. Und: Die MyFoodHero–App, die auf mobilen Geräten Kunden, Händler und Erzeuger zusammenbringen soll, ist in Stralsund entwickelt worden.
Damit aufwendig erzeugte Lebensmittel nicht im Müll landen müssen und um generell Lebensmittelverschwendung zu bekämpfen, hat Oscar Schröder mit seinem DIGITACK-Team in den vergangenen Monaten dieses Programm entwickelt. „Ich bin angetreten um in Mecklenburg Vorpommern nachhaltige Geschäftsmodelle aufzubauen und die Digitalwirtschaft im Land zu etablieren. Mit wenig Kapital und einer guten Idee, lassen sich in dieser Branche nachhaltige und eine Vielzahl von Arbeitsplätzen schaffen“, sagt der Gründer und Unternehmer im Interview mit Gründer-MV.de.
Wo gibt es preiswertes und regionales Rindfleisch?
MyFoodHero soll vom Endverbraucher kostenlos aus App-Stores heruntergeladen werden können. Das Projekt wird unterstützt von der deutschen Gesellschaft für Ernährung, dem Schweriner Landwirtschaftsministerium und der Universität Greifswald. Am 25. Oktober nun hatte MyFoodHero mit allen Funktionen Premiere in einem Edeka-Markt in Stralsund.
Wo gibt es den günstigsten Qualitätskaffee, die billigsten Zucchini und das preiswerteste, regionale Rindfleisch? MyFoodHero ist die neue App, die dem Nutzer in Echtzeit zeigen kann, wo er in seiner Nähe besonders günstig all das bekommt, was auf seinem Einkaufszettel steht. Und: Er kann auch gezielt nach Lebensmitteln suchen, die stark gefährdet sind, schon bald im Müll zu landen. So erklärt Schröder das einfache und logische Prinzip zur Ressourcenschonung und Nachhaltigkeit.
Studie: Elf Millionen Tonnen für die Tonne
Eine Lösung zur Vermeidung von Lebensmittelverschwendung kristallisierte sich für den IT-Unternehmer sehr bald nach der Gründung seines Stralsunder Start-ups heraus. „Ein Thema für jeden unter uns“, ist er sich sicher. Immerhin elf Millionen Tonnen qualitativ hochwertiger Lebensmittel landen jedes Jahr allein in Deutschland in der Tonne. So konnte es Oscar Schröder in einer bundesweiten Studie der Uni Stuttgart lesen. Schlimmer noch: Die Hälfte der Ernteerzeugnisse von lokalen Produzenten findt noch nicht einmal den Weg in den Handel, ermittelten die Wissenschaftler in ihrem Forschungsbericht unter dem etwas sperrigen Titel „Ermittlung der weggeworfenen Lebensmittelmengen und Vorschläge zur Verminderung der Wegwerfrate bei Lebensmitteln in Deutschland“.
Kann auch heimischen Landwirten helfen
Immer mehr regionale Landwirte müssen aufgrund zu geringer Einnahmen ihre Höfe schließen, das wissen alle im Agrarland Mecklenburg-Vorpommern nur zu gut. Der Preisverfall für die Milchbauern nach Wegfall der Erzeugerquoten war erst kürzlich ein ganz großes medialed Thema. Die scheinbare Allmacht der industrialisierten Landwirtschaft treibt immer wieder viele Menschen zu Protesten auf die Straße. Anderseits steigt die Nachfrage nach Bioprodukten und regional erzeugten Lebensmittel ungebrochen. In sozialen Netzwerken werden längst die leckersten Rezepte für Leibgerichte ausgetauscht oder „Mundräuber“ weisen sich gegenseitig auf die besten Erntestellen für Zutaten in der freien Natur oder auf Überschüsse aus dem eigenen Gärtchen hin.
Also begann DIGITACK zunächst FoodHero als Informationsmarktplatz mit eigenen redaktionellen Beiträgen und einem Forum über Möglichkeiten für weniger Lebensmittelverschwendung zu betreiben. Jeder Nutzer des Forums kann ganz leicht ein FoodHero werden und sich aktiv auf der Plattform einbringen. Mit FoodHero wurde bereits vor Programmierung der App eine Plattform geschaffen, die den Austausch darüber fördert, wie „Essen und Trinken zu schätzen ist und Lebensmittelverschwendung zu vermeiden“.
Alle „FoodHeros“ vernetzt
Die Redaktion ermöglicht gemeinsam mit den Nutzern und kompetenten Fachleuten in Sachen Ernährung neue Einblicke in das Thema. In einem Forum können die „FoodHeros“ aktuell zu den Facetten der Lebensmittelverschwendung diskutieren. „Wir wollten allerdings immer mehr als nur informieren“, erklärt Unternehmer Schröder. Es sei ein Kompetenzzentrum geplant, mit Kinder- und Erwachsenenbildung, einem bewegten Kochbuch und diverse Kampagnen, wagt er schon mal einen Blick in die schöne, neue Essenshelden-Welt.
Direkter Weg vom Handel zum Kunden
Der jüngste Schritt der Lebensmittelretter aus der Hansestadt ist die neue App. „Mit MyFoodHero entwickeln wir eine Web- und App-Anwendung, die regionale Einzelhändler, Landwirte, Lebensmittelproduzenten, aber ebenso Supermarktketten unterstützen kann. Der Anbieter des jeweiligen Lebensmittels erhält mit unserer Software eine einfache und praktikable Möglichkeit der Direktvermarktung“, beschreibt Schröder den Nutzen für die Lebensmittelprofis.
Lebensmittlerettung und Entsorgung 4.0
Die Ideen, Konzepte und Fachkräfte waren in seiner Firma DIGITACK vorhanden. Nun bringt die im April gegründete IT-Firma ihre jüngste Entwicklung im Bereich Lebensmittel auf den Markt. Oscar Schröder und seine Mitstreiter planen bereits parallel ein zweites Vorhaben zur Entsorgung 4.0. Deutschland habe eine führende Rolle in der privaten Abfallwirtschaft. „Mit unserem Vorhaben bauen wir diese Branchenführerschaft weiter aus und denken das Thema Kreislaufwirtschaft aus einem völlig neuen Blickwinkel“, heißt es aus Stralsund. Damit wollen sie nichts weniger als ein neues Alleinstellungsmerkmal in Mecklenburg Vorpommern generieren.
Innerhalb der Digitalwirtschaft realisiert die Stralsunder DIGITACK Plattformen, Portale sowie Web- und App-Anwendungen für B2B und B2C. Oscar Schröder: „Wir verstehen uns als Projektentwickler, die Ideen und Anforderungen aus der Wirtschaft aufgreifen sowie eigene Konzepte entwickeln und markttauglich umsetzen. Unsere Produkte sollen unter anderem auch im Rahmen der Strategie “Industrie 4.0“ Einzug in die Märkte finden. Stralsund liegt zwar immer noch etwas im Dornröschenschlaf, aber die Voraussetzungen für eine Neugründung hier in meiner Region sind besser, als ich dachte.“
Mehr Unterstützung für die Digitalwirtschaft gefordert
Gerade die Region Vorpommern-Rügen mit Stralsund und Greifswald strebt im Bereich IT eine noch stärkere Rolle an. „Das kann auch anderen mutigen Gründern helfen, sich hier in unserer Region zu etablieren – setzt aber zugleich mehr Verständnis für die Digitalwirtschaft in unserem Land voraus“, fordert er selbstbewusst ein. Nur mit großen Mühen sei es auch ihm selbst überhaupt möglich, eine SEED-Finanzierung einzuwerben oder Investoren zu finden. „Hier sehe ich im Land ein Kompetenzproblem in Bezug auf die Vergabe von Fördermitteln“, beanstandet Oscar Schröder. Und sieht mangelndes Verständnis bei vielen Entscheidern darin, wie langwierig und kostenintensiv der Weg von der Idee bis zum marktfähigen Produkt in der IT-Branche werden kann.
Ralph Schipke
25. Oktober 2016