Nicht ein Zuwenig, sondern ein Zuviel an Information ist heute oft das Problem. Das gilt auch für das Themenfeld „Nachhaltigkeit”, besonders für das „nachhaltige Bauen”, schreibt das Forum Nachhaltigkeit in seinem jüngsten Newsletter.
Und bietet zugleich Orientierungshilfe: Der „Wegweiser Nachhaltiges Bauen” will zeigen, dass nachhaltiges Bauen gar nicht so kompliziert ist, wie es den Anschein hat. Er stellt die wichtigsten Sachverhalte allgemeinverständlich dar und sorgt so im Informationsdickicht für Orientierung.
Zum einen entwickele sich das Themenfeld sich immer mehr zu einer Spezialwissenschaft mit einer Überfülle an Kriterien und komplizierten Berechnungsverfahren, die nur wenige Spezialisten beherrschen – weshalb es im normalen Baualltag kaum eine Rolle spielt. Zum anderen hat der inflationäre, meist inhaltsleere und oft auch bewusst irreführende Gebrauch des Wortes „nachhaltig” dazu geführt, dass er schon mehrmals für die Wahl zum „Unwort des Jahres” nominiert wurde.
Das Nachhaltigkeitsforum hat zum Bauthema folgende Schwerpunkte ausgemacht:
Thema 1: Graue Energie
Für den Gebäudebereich begrenzt die Energieeinsparverordnung (EnEV) den für das Heizen notwendigen Energiebedarf. Was sie nicht beachtet, ist die sogenannte „Graue Energie”: die Energie, die für die Errichtung, Instandhaltung und Entsorgung eines Gebäudes aufgewendet werden muss. Den größten Anteil hat dabei meist die Herstellung der Baumaterialien. Bei vielen Gebäuden ist der Energieverbrauch für ihre Errichtung so hoch wie der Heizenergiebedarf für mehrere Jahrzehnte. Hier existieren noch gewaltige Energieeinsparpotenziale.
Thema 2: Kohlendioxyd
Die EnEV nennt zwar in ihrem § 1 einen klimaneutralen Gebäudebestand bis 2050 ausdrücklich als Ziel, doch in den restlichen Paragraphen dreht sich dann alles um Energie – obwohl für den Klimaschutz das freigesetzte Kohlendioxid (CO2) maßgeblich ist. Es wird so getan, als gäbe es da eine direkte Korrelation, doch die gibt es nicht: Man kann wenig Energie verbrauchen und trotzdem viel CO2 freisetzen – und umgekehrt. Der falsche Bezugsmaßstab setzt falsche Anreize und verleitet zu falschen Entscheidungen. Und die machen die angestrebte CO2-Reduzierung ineffizient: viel Aktionismus, wenig Nutzen.
Thema 3: Rohstoffe & Müll
Unter dem Schlagwort „Ressourcenwende” setzt sich in Umweltwissenschaft und Umweltpolitik immer mehr die Erkenntnis durch, dass zwar der Klimaschutz das wichtigste Ziel ist, aber nicht das einzige bleiben darf. Der verschwenderische Verbrauch begrenzter Rohstoffe führt zu deren Verknappung, was wiederum den energetischen Aufwand für den Abbau und Transport steigen lässt. Rohstoffverbrauch, Energieverbrauch und CO2-Emissionen hängen also eng zusammen. Die Lösung sind Effizienzsteigerungen und eine verstärkte Nutzung nachwachsender Rohstoffe. Ein positiver Nebeneffekt ist dabei die Reduzierung unseres Müllaufkommens.
Thema 4: Kompensation
In der Klimaschutzpolitik herrscht oft ein schockierender Fatalismus: Klimafreundliche Bauweisen müssen sich auf dem Markt gegen die anderen Bauweisen durchsetzen, der Staat müsse sich da neutral verhalten und dürfe nicht ins Marktgeschehen eingreifen. Das bedeutet: Setzt sich Klimaschutz durch, dann haben wir Glück, setzt er sich nicht durch, dann haben wir eben Pech. Dabei ist der Wettbewerb heute extrem verfälscht: Die Hersteller energieintensiver Baumaterialien sind von der EEG-Umlage befreit und dürfen die Folgekosten ihrer CO2-Emissionen komplett der Allgemeinheit aufbürden. Hier setzt die Idee der Kompensation an: Jeder Baustoff sollte den gleichen Klimaschutzbeitrag leisten.
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19. September 2016