Foto: Grit Gehlen

Im Sprint gegründet

„Ohne Blumen kann ich gar nicht!“, sagt Yvonne Schmidtke. Die 36-jährige Floristmeisterin hat vor über einem Jahr in Greifswald ein Blumenfachgeschäft eröffnet. Geplant war das nicht. Innerhalb von nur zwei Wochen schrieb sie ihren Businessplan, beantragte den Gründungszuschuss, renovierte und krempelte den Laden dabei völlig um und ging mit kleinen Blumenpräsenten auf Kundenfang in Greifswalder Unternehmen. Der Start in eine rosige Zukunft begann.

Yvonne Schmidtkes BlumenReich finden Kunden in Greifswald in der Fleischerstraße 4. Laut Yvonne Schmidtke nicht die beste Lage in der Stadt, aber die Mund zu Mundpropaganda beschert ihr immer mehr Kunden. Foto: Grit Gehlen

Yvonne Schmidtkes BlumenReich finden Kunden in Greifswald in der Fleischerstraße 4. Laut Yvonne Schmidtke nicht die beste Lage in der Stadt, aber die Mund zu Mundpropaganda beschert ihr immer mehr Kunden.
Foto: Grit Gehlen

Yvonne Schmidtke strahlt mit ihren Blumen um die Wette, wenn sie Kunden begrüßt und berät. Währenddessen werden im Raum hinter der Kassentheke die Nudeln kalt. „Das macht nichts. Manchmal wärme ich mein Mittagessen drei und vier Mal auf.“, sagt sie achselzuckend und steckt den nächsten Haps in den Mund. Schnell kauen. Die Ladentür ist schon wieder zu hören. Yvonne Schmidtke springt auf. Die nächste Kundin will sich nur mal umschauen und nachher zusammen mit der Mutti beim Spazierengehen einkaufen. Yvonne Schmidtke fegt währenddessen den Laden, erzählt nebenbei von den tollen dreitriebigen Orchideen, die sie gerade frisch ausgepackt hat. Die Nudeln werden wieder kalt.
So und ähnlich läuft es jeden Tag im BlumenReich von Yvonne Schmidtke. An guten Tagen, wie zu Ostern oder Weihnachten kommen bis zu 90 Kunden in die Fleischerstraße 4. Die Jungunternehmerin hat aber auch schon einige schlechte Tage erlebt. „Ja, das war im Sommer. An heißen Tagen waren es nur neun oder zehn Kunden.“, erinnert sie sich. „Das kann einen dann doch beunruhigen. Man fragt sich, kaufen die Kunden jetzt woanders? Muss ich was ändern?“

Die reiche Blütenpracht vor dem BlütenReich ist wichtig, um Kunden in die Nebenstraße zu locken. Foto: Grit Gehlen

Die reiche Blütenpracht vor dem BlütenReich ist wichtig, um Kunden in die Nebenstraße zu locken.
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In diesem Sommer will sie nicht grübeln, sondern solche Tage zum Dekorieren, Aufräumen und Durchatmen nutzen. „Aus meiner langjährigen Berufserfahrung weiß ich eigentlich, dass es im Hochsommer auch mal schlechter läuft. Aber wenn einem der Laden selbst gehört, ist man anfangs doch etwas verunsichert.“
Yvonne Schmidtke hat in den 90igern die Ausbildung zur Floristin in Greifswald absolviert. Dann ging sie nach Norderney und später nach Kiel, sammelte Berufserfahrung und machte ihren Abschluss als Floristmeisterin. „In Kiel wollte ich eigentlich den Laden meines Chefs übernehmen. Er übergab mir nach und nach immer mehr Verantwortung und Entscheidungsfreiheit. Doch dann kam die Liebe dazwischen.“ In der alten Heimat traf sie ihren heutigen Lebensgefährten. Mit ihm will sie keine Fernbeziehung führen. Auch zur Freude der Eltern kommt Yvonne Schmidtke nach 15 Jahren in der Fremde zurück nach Greifswald. Sie begräbt ihre Pläne von der Selbstständigkeit und sucht sich einen Job als Angestellte.

Mutter Veronika Schmidtke ist stolz auf ihre Tochter: „Wir wussten, dass sie das packt und haben ihr damals zugeraten, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen.“ Die Mutter half anfangs viel im Laden mit. Jetzt schaut sie regelmäßig rein und kauft Blumen oder packt kurzentschlossen mit an, wenn im Blumenreich der Bär steppt. Foto: Grit Gehlen

Mutter Veronika Schmidtke ist stolz auf ihre Tochter: „Wir wussten, dass sie das packt und haben ihr damals zugeraten, den Schritt in die Selbstständigkeit zu gehen.“ Die Mutter half anfangs viel im Laden mit. Jetzt schaut sie regelmäßig rein und kauft Blumen oder packt kurzentschlossen mit an, wenn im BlütenReich der Bär steppt.
Foto: Grit Gehlen

Als die neue Chefin ihr nach nur zwei Monaten den Laden anbietet, tut sich Yvonne Schmidtke sehr schwer mit der Entscheidung. „Ich wollte eigentlich unbedingt kürzer treten und eine Familie gründen. Als Selbstständige geht das erstmal nicht. Und ich hatte total Existenzängste.“

Doch diese Ängste konnte ihr der IHK-Existenzgründungsberater Sebastian Bensemann nehmen. „Er hat mich gefragt was ich zu verlieren habe und mir Mut gemacht. Auch fürs Schreiben des Businessplans und für den Gründungszuschuss-Antrag beim Arbeitsamt gab er hilfreiche Tipps“, sagt die 36-Jährige dankbar.
Nach zwei schlaflosen Nächten, Ende Januar, stand die Entscheidung: „Ich wollte aber unbedingt den Valentinstag zwei Wochen später mitnehmen. Einen besseren Einstieg für einen Blumenladen als Eröffnung gibt es nicht.“ Die Eltern, der Lebensgefährte, der Bruder, die Schwägerin, die zukünftigen Schwiegereltern – alle halfen, den Traum zu verwirklichen. Yvonne Schmidtke strahlt übers ganze Gesicht, als sie das erzählt. „Wir haben gemalert, zusammen Regale auf- und umgebaut, Ware ausgepackt, Luftballons für die Eröffnungsfeier aufgepustet, Kuchen gebacken, Sekt eingekauft – mein Gott es gab so viel zu bedenken und zu organisieren.“ Yvonne Schmidtke schüttelt den Kopf, blickt einen Moment nachdenklich vor sich hin und hält den mittlerweile leer gegessenen Teller auf dem Schoß fest. „Ich habe kaum geschlafen in der Zeit. Nachts habe ich wach gelegen und überlegt was noch fehlt. Dann fiel mir zum Beispiel ein, dass wir noch Luftballons in einer bestimmten Farbe brauchen. Husch, raus aus dem Bett, Laptop an und schnell online bestellt. Ja, so war das.“

„Viel Freude mit den Blumen und gute Besserung für Ihre Frau.“ Yvonne Schmidtke hat für jeden Kunden ein nettes Wort. Foto: Grit Gehlen

„Viel Freude mit den Blumen und gute Besserung für Ihre Frau.“ Yvonne Schmidtke hat für jeden Kunden ein nettes Wort.
Foto: Grit Gehlen

Ein grauhaariger Mann mit Brille und Bart betritt das Geschäft. Er freut sich über die Frage für wen denn der Blumenstrauß sein soll und erzählt, dass seine Frau nach drei Tagen im Krankenhaus endlich wieder nach Hause kommt. Die orangen Gerbera in der einen Hand und mit der anderen winkend verlässt er den Laden. „Bis bald wieder.“
Yvonne Schmidtke überlegt: „Bei welchem Thema waren wir? Noch bei der Eröffnung!? Genau. Ich wollte den Kunden unbedingt klar machen, dass hier im Geschäft nun ein neuer Wind weht, dass die Inhaberin gewechselt hat und die Kunden neugierig machen. Deswegen war mir auch wichtig, den Namen zu ändern.“
Die Wats App-Freunde mussten ran. Yvonne Schmidtke stellte mehrere Namensvorschläge zur Auswahl und bat um Hilfe: „Edelweiß, Stil und Blüte, Blütenstiel oder BlütenStil hatte ich beispielsweise vorgeschlagen. Edelweiß, mein heimlicher Favorit, wurde gleich von allen Freunden abgelehnt, weil das zu bayrisch klingt. Naja, und dann ist es BlütenReich geworden.“ Eine Agentur in Greifswald bekam den Auftrag das Logo, Flyer und Visitenkarten zu entwickeln. Die Agentur war ein Glücksgriff, freut sich Yvonne Schmidtke.
Am 9. Februar 2016 dann die Eröffnungsfeier: „Früh um 5.00 Uhr bin ich aufgestanden. Mein Gott, der Tag ist nur so an mir vorbeigerauscht. Das war Bombe.“ Alle Kunden, ob sie gekauft haben oder nicht, bekamen ein kleines Blumenpräsent mit Visitenkarte.

Yvonne Schmidtke hat in Greifswald viele Mitbewerber. Mindestens zehn in der näheren Umgebung, weiß sie. Daher ist es umso wichtiger, anders zu sein. „Ich setzte auf Natürlichkeit, bringe viel Berufserfahrung mit und hole mir immer wieder Anregungen im Internet.“
Sie beliefert Unternehmen, wie Arztpraxen oder Restaurants, liefert Blumensträuße im Stadtgebiet Greifswalds kostenfrei aus, im Kalender stehen etliche Vorbestellungen für Hochzeiten und sie ist Fleurop-Partnerin.

Floristin Madlen Grothe (links im Bild) fing im Juni mit 15 Wochenstunden im BlütenReich an. Mittlerweile arbeitet sie 30 Stunden. Beide Frauen kennen sich aus ihrer Ausbildungszeit. Foto: Grit Gehlen

Floristin Madlen Grothe (links im Bild) fing im Juni mit 15 Wochenstunden im BlütenReich an. Mittlerweile arbeitet sie 30 Stunden. Beide Frauen kennen sich aus ihrer Ausbildungszeit.
Foto: Grit Gehlen

Was sie drauf hat, zeigt Yvonne Schmidtke auch stolz auf ihrer Facebook-Seite und auf ihrer Internetseite. „Dass ich sowas nutzen muss, um bekannt zu werden, war mir von Anfang an klar. Allerdings würde ich jedem raten, bevor er eine Agentur beauftragt eine Website zu erstellen, den Vertrag nicht zu schnell zu unterschreiben. Vergleichsangebote sind wichtig. Ich habe zwar eine tolle Website, mich vertraglich aber zu lange an die Agentur gebunden. Ich zahle vier Jahr lang jeden Monat 100 Euro. Das ist sehr viel Geld. Und im nach hinein habe ich erfahren, dass andere Agenturen ganz andere Preise anbieten.“, ärgert sie sich noch heute über diese Vertragsunterschrift.
Viel Zeit zum Nachdenken über diesen Fehlgriff hat Yvonne Schmidtke glücklicherweise nicht. Der Kundenstamm wächst stetig. Es gibt so viel zu tun, dass sie eine Mitarbeiterin einstellen konnte. Und Madlen Grothe scheint wieder ein Glücksgriff zu sein. „Sie ist fleißig, umsichtig, akzeptiert mich als Chefin, wir verstehen uns sehr gut. Mit Madlen würde ich gern bis zur Rente zusammenarbeiten.“

Wie gut sind Website und Facebook-Auftritt verknüpft, welche digitalen Arbeitserleichterungen machen Sinn und sparen Zeit – dazu ließ sich Yvonne Schmidtke vom Digitaliserungslotsen beraten. Matthias Sachse lobte die Idee für das Online-Blumenabo sehr. Foto: Grit Gehlen

Wie gut sind Website und Facebook-Auftritt verknüpft, welche digitalen Arbeitserleichterungen machen Sinn und sparen Zeit – dazu ließ sich Yvonne Schmidtke vom Digitaliserungslotsen beraten. Matthias Sachse lobte die Idee für das Online-Blumenabo sehr.
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Die beiden Frauen lachen. Bis zur Rente sind es noch gut 30 Jahre. Jetzt will Yvonne Schmidtke erst mal versuchen etwas kürzer zu treten. „Ich arbeite wöchentlich so meine 60 bis 70 Stunden. Morgens, weit vor Ladenöffnung, geht’s oft zum Großmarkt frische Ware holen und abends, nach Ladenschluss müssen Abrechnungen gemacht oder Blumen ausgeliefert werden.“
Nach einem Jahr durcharbeiten hat sich die Jungunternehmerin im Februar eine Woche Winterurlaub gegönnt. Die ersten drei Tage habe ich dauernd aufs Handy geguckt, ob sich Madlen mit Fragen oder Problemen meldet. Aber dann habe ich mein BlütenReich fast vergessen und mich wunderbar erholt.“

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Yvonne Schmidtke ist hatte nur zwei Tage um sich für die Nachfolge des alten Blumenladens zu entscheiden. „Ich würde es immer wieder tun!“, sagt sie rückblickend. Foto: Grit Gehlen

Für die nahe Zukunft kann sich die 36-Jährige gut vorstellen eine weitere Mitarbeiterin einzustellen und eine zweite Filiale zu eröffnen. „Ich will auch unbedingt ausbilden. Schließlich bin ich Floristmeisterin.“
Aber der Plan muss noch ein bisschen warten. Die Jungunternehmerin will ihren Traum von einer eigenen Familie endlich wahr machen.

Grit Gehlen

Kontakt:
BlütenReich
Fleischerstraße 4
17489 Greifswald
Tel: 03834 – 88 45 404
E-Mail: info@bluetenreich-greifswald.de

Internet: www.bluetenreich-greifswald.de
Facebook: https://www.facebook.com/Bl%C3%BCtenreich-1064060513611467/timeline/

9.5.2016

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