Zu viel Bürokratie: Gründer wünschen sich einfachere, schnellere und digitale Prozesse im Kontakt mit öffentlichen Institutionen

Bei wachsender Bürokratie steigt das Risiko, dass der Nutzen mit den Kosten nicht mehr Schritt hält. Auch deshalb wird Bürokratie sehr häufig als Gründungshemmnis genannt.

Standardisierte und formalisierte Regeln und Verfahren für staatliche und administrative Tätigkeiten sind einerseits die Grundlage für ein faires und rechtssicheres Wirtschaften, andererseits werden sie, wenn sie uneindeutig oder zu komplex sind, als bürokratische Hemmnisse wahrgenommen.
Bei Unternehmen belastet das insbesondere die kleinen und jungen, die hinsichtlich ihrer Kapazitäten und Mittel zur Bürokratiebearbeitung eingeschränkt sind. Ein hoher bürokratischer Aufwand wird in Befragungen zu Gründungstätigkeit und -bereitschaft in Deutschland regelmäßig als Hindernis genannt. Hier Abhilfe zu schaffen, steht bereits oben auf der politischen Agenda.

KfW Research hat im Rahmen einer Blitzbefragung auf der durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz und die KfW unterstützten Gründerplattform www.gruenderplattform.de ermittelt, wo (angehenden) jungen Selbständigen konkret der Schuh drückt.

Zentrales Ergebnis: Bürokratie wird auf dem Weg zur beruflichen Selbständigkeit zum Hemmnis, wenn öffentliche Institutionen zu komplex, zu langsam, zu analog, zu wenig hilfreich und zu wenig erreichbar sind. Maßnahmen zum Bürokratieabbau sollten daher die Lösung dieser Probleme zentral berücksichtigen.
Zu viele Behördengänge, die Mehrfacherhebung gleicher Angaben und zu wenig Verständnis für die Situation werden als eher durchschnittlich problematisch bewertet. Zu hohe Gebühren, Falschinformationen und zu viele Abfragen sind Faktoren, die weit unter dem durchschnittlichen Belastungslevel liegen.

Menschen, die sich selbständig machen (wollen), haben mit Abstand am häufigsten Kontakt mit dem Finanzamt, gefolgt vom Gewerbeamt, dem Arbeitsamt, den gesetzlichen Krankenkassen sowie der Deutschen Rentenversicherung.
Mit dem Jobcenter und dem Finanzamt kommt es in der Wahrnehmung der Befragten am häufigsten zu Komplikationen, etwa 4 von 10 Antwortenden mit Kontakt zu den Institutionen berichten davon. Bekannte potenzielle Konfliktpunkte sind hier bspw. die Bewilligung des Gründungszuschusses oder die Anerkennung einer freiberuflichen Tätigkeit, wo teilweise vorhandene Ermessenspielräume zu unterschiedlichen Ansichten führen können. Bei Kontakt mit der Deutschen Rentenversicherung oder den gesetzlichen Krankenkassen nahmen etwa 3 von 10 Antwortenden Probleme wahr. Auch hier gibt es mit der genannten Statusfeststellung (Ermessenspielräume) oder rund um die Familienversicherung (Einkommensgrenze) bekannte potenzielle Konfliktpunkte. Beim Kontakt mit dem Gewerbeamt nahm etwa jeder vierte der Antwortenden Hemmnisse wahr, zu welchen es insbesondere wegen fehlerhafter Angaben bei der Gewerbeanmeldung kommen kann.

In Erfahrungsberichten treten bestimmte Konfliktpunkte vermehrt auf. Zu nennen sind hier:

  • ein zu hoher Mindestbeitrag bei freiwilliger Teilnahme an der gesetzlichen Krankenversicherung
  • zu geringe Einkommensgrenzen bei einer Nebenerwerbsselbstständigkeit
  • eine nicht nachvollziehbare Auslegung von gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit
  • eine unterschiedliche Auslegung von Voll- und Nebenerwerb durch verschiedene Stellen sowie
  • eine nicht nachvollziehbare Auslegung von selbstständiger Tätigkeit und abhängiger Beschäftigung (Statusfeststellung).

„Wir wissen aus vielen unserer Analysen: Egal ob Männer oder Frauen, ob Jüngere oder Ältere, bei allen würde weniger Bürokratie die Gründungsbereitschaft erhöhen. Auf eine einfache Formel gebracht, wünschen sich Menschen auf dem Weg zur Selbständigkeit schnellere, einfachere und digitale Prozesse im Kontakt mit öffentlichen Institutionen“, so Dr. Fritzi Köhler-Geib, Chefvolkswirtin der KfW. „Insbesondere die Verringerung von Komplexität durch einfache und eindeutige Kriterien sowie eine institutionenübergreifende Harmonisierung sind vielversprechende Ansätze. Das würde auch Druck von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der öffentlichen Institutionen nehmen, die weniger Aufwand mit Klärung und Erklärung der Rechtslage und ihrer Entscheidungen hätten und sich damit stärker auf die Bearbeitung der Anliegen der Antragstellenden konzentrieren könnten.“

Zum Datenhintergrund:
Nutzerinnen und Nutzer der Gründerplattform (Gruenderplattform.de) wurden vom 7. Dezember 2022 bis 12. Januar 2023 online befragt. Es nahmen 65 Selbstständige und 105 Gründungsplanerinnen und -planer teil. Aufgrund des Befragungsdesigns sind die Ergebnisse der Blitzbefragung zwar nicht repräsentativ, geben jedoch einen wichtigen Einblick in die Situation der Selbstständigen in Deutschland und jenen auf dem Weg dahin.

Mehr zum Thema: Fokus Volkswirtschaft Nr. 422 „Dreiklang des Bürokratieabbaus: einfacher, schneller, digitaler

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Bereits seit 2019 gibt es das Dritte Bürokratieentlastungsgesetz, in dem auch Erleichterungen für Existenzgründer und junge Unternehmen verankert sind (siehe dazu auch GründerNews vom 18.09.2019).

Im April 2021 hat die Bundesregierung zudem ein umfangreiches Paket für Bürokratieerleichterungen beschlossen. Das Bürokratieentlastungspaket enthält 22 konkrete Maßnahmen, um Unternehmen, staatliche Stellen und Bürgerinnen und Bürger von Bürokratie zu entlasten.

2023-03-16

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