Urlaub, Bildung, Veranstaltungen und veganes Bio-Catering – die Kernvoll GmbH hat in Warsow bei Neukalen das Vegan Resort gegründet. Im Interview verrät der Gesellschafter und vegane Ernährungsberater Christian Schletze-Wischmann seine Gründe fürs Gründen.

Christian, ihr habt mitten in der Corona-Krise 2020 das Vegan Resort gegründet. Warum?

In Berlin haben wir uns seit 2017 bereits mit unserem veganen Bio-Catering “Kernvoll” etabliert. Mit der Idee, neben dem Catering auch einen rein veganen Raum mit Urlaubsmöglichkeiten zu schaffen, haben wir immer mal wieder gespielt. Für mich als ehemaligen Eggesiner stand fest, dass ich mich im Osten Deutschlands engagieren möchte. Da ich aus Mecklenburg-Vorpommern stamme, sollte der Standort auch ebendort sein. Durch Zufall sind wir in Warsow bei Neukalen auf ein Grundstück mit bestehenden Ferienunterkünften gestoßen, haben dieses gekauft und innerhalb von sieben Monaten durchrenoviert. Seither stehen wir für veganen Urlaub ohne Kompromisse.

Veganer Urlaub ohne Kompromisse?

Wir verstehen uns als veganes Urlaubsressort und Bildungszentrum. Wer zu uns kommt, erlebt einen nachhaltigen, tierleidfreien Aufenthalt. Dieser Tierwohl-Gedanke spiegelt sich auch bei den geretteten Schweinen auf dem Hof wider. Die Tiere werden aus den laufenden Einnahmen finanziert.

Wir bereiten vegane, oft auch kreative Bio-Speisen frisch zu und setzen komplett auf Ökostrom.  Auch wenn die vegane Lebensweise noch immer speziell ist, muss sich bei uns niemand verstecken. Wir begegnen uns auf Augenhöhe. Ankommen, entspannen und sich überraschen lassen. Den persönlichen Kontakt zu unseren Gästen schätze ich sehr.

 

 

Wie habt ihr gegründet und euch aufgabenmäßig aufgeteilt?

Wir waren anfangs vier Menschen und haben uns bewusst für die Gründung einer gleichberechtigten GmbH in Berlin entschieden. Nach einer Experimentierphase in der heimischen Küche stand für uns fest, wir wollen vegane Ernährung zu unserem beruflichen Mittelpunkt machen. Mittlerweile sind wir zwei mitarbeitende Gesellschafter mit insgesamt 18 Beschäftigten in Berlin und Mecklenburg.  Manu – zuvor wissenschaftliche Referentin im Bundestag – fungiert als Chefköchin in Berlin, ich – zuvor Gewerkschaftsfunktionär – als Betreiber des Vegan Resorts in Warsow.

Was sind eure Gründe fürs Gründen?

Gründen bedeutet für uns in erster Linie Selbstbestimmung. Da wir uns lange mit der pflanzlichen Ernährung befasst hatten, ist das in unsere Entscheidung eingeflossen, uns mit einem veganen Catering selbstständig zu machen und in Erweiterung um das Vegan Resort einen Ort für Leute zu schaffen, die sich vegan ernähren und nachhaltig leben.
Wir wollten alte Unternehmerstrukturen aufbrechen, um die Ecke denken und Leuten in der Region Perspektiven bieten und das alles in einem geregelten Tarifvertrag, was in der Gastronomie leider noch nicht selbstvertändlich ist. Gemäß dem Credo “Aus MV für MV” ist es unsere Herzensangelegenheit, mit lokalen Dienstleistern zusammenzuarbeiten. Insgesamt lässt sich das Gründen auch als eine Wette auf die Zukunft beschreiben.

Welche Hürden gilt es bei der Gründung zu überwinden? Welche Tipps habt ihr selbst befolgt und würdet anderen geben?

Wer heute gründen will, muss an einer guten Idee das Besondere herausarbeiten, richtig Lust darauf haben und es selber machen können. Trink’ keinen Alkohol, mach’ Sport, achte auf gesunde Ernährung, damit du das Pensum schaffst. Das entscheidet nämlich, ob du länger als zwei Jahre durchhältst. Eine weitere Herausforderung ist es, Leute zu finden, die arbeiten wollen. Suche dir auf jeden Fall Unterstützung! Dadurch, dass wir im Politikwissenschaftsstudium auch BWL hatten, waren die Themen nicht ganz fremd für uns. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass so ein Belastungsszenario realistisch dargestellt worden wäre. Um anderen Gründern zu helfen, bieten wir auch eine vegane Unternehmensberatung an.

Was genau verbirgt sich hinter einer veganen Unternehmensberatung?

Wir haben bei unserer Gründung einige Fehler gemacht, die sich mit dem Wissen von heute vermeiden lassen. Aber: wir haben auch Dinge probiert, vor denen wir gewarnt wurden und die im Sinne eines großen Pioniergeistes funktioniert haben. Mit uns erhalten Gründende alles, was sie benötigen, um ein nachhaltiges Unternehmen aufzubauen. Wir reden nichts schön und stehen ehrlich an deren Seite. Es bedeutet immer viel Arbeit, wenn jemand etwas Neues erschafft und es zum Laufen bringen möchte.
Der Prozess eines Unternehmensaufbaus ist harte Arbeit und immer einzigartig. Wir können die komplette Bandbreite einer Unternehmensgründung und den weiteren Wachstum abbilden und begleiten.

Welche Ziele habt ihr euch für dieses sowie für die kommenden Jahre gesteckt?

Pünktlich zur Draußen-Saison soll unsere Natursteinterrasse fertig werden. Ein großes Ziel von uns ist es, einen veganen Pflegedienst aufzubauen, also mobile Pflege zwischen Berlin und Neukalen zu ermöglichen. 2023 wollen wir zudem der erste Betrieb in der Gastronomie werden, der seinen Mitarbeitern monatlich mindestens 3000 Euro brutto bei einer 38-Stunden-Woche bezahlen kann.

 

“Gründen – das ist eine Wette auf die Zukunft”

Christian Schletze-Wischmann

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Text: VTM