BAG lehnt eine Entschädigung nach AGG bei einer provozierten Absage ab

Immer wieder gibt es vor den Arbeitsgerichten Verfahren sog. „AGG – Hopper”, d. h. abgelehnter Bewerber, die geltend machen, im Rahmen des Bewerbungsprozesses benachteiligt worden zu sein, obwohl sie allein an einer Entschädigungsleistung nach dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG) interessiert zu sein scheinen.

In diesem Zusammenhang stellt sich natürlich die Frage, unter welchen Voraussetzungen angenommen werden kann, dass eine Bewerbung allein deshalb eingereicht worden ist, um Entschädigungsansprüche nach dem AGG im Falle einer Ablehnung stellen zu können.

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat nunmehr mit einem aktuell veröffentlichtem Urteil vom 31.03.2022 entschieden, dass das Entschädigungsverlangen eines erfolglosen Bewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG dem durchgreifenden Rechtsmissbrauchsgedanken des § 242 BGB ausgesetzt sein kann.

Zum Verfahren:

In dem der Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalt stritten die Parteien um die Zahlung einer Entschädigung wegen einer Benachteiligung wegen des Alters.

Der 74-jährige Kläger, ein pensionierter Oberamtsrat im Bundespresseamt, bewarb sich auf eine ausgeschriebene Stelle als „Bürosachbearbeiterin/Bürosachbearbeiter” beim Technischen Hilfswerk.
In der Stellenausschreibung hatte die Beklagte unter anderem Wert auf Aufgeschlossenheit für IT-Anwendungen, Freundlichkeit sowie gutes mündliches und schriftliches Ausdrucksvermögen gelegt.
Die Bewerbung sollte online über ein Portal erfolgen.
Der Kläger übersandte aber eine E-Mail an die Pressestelle der Beklagten mit folgendem Anschreiben:
„Sehr geehrte Damen und Herrn, laut meiner u.a. Kontaktdaten bin ich Facharbeiter in nahezu allen Verwaltungsangelegenheit. Aus meine Zeugnissen ersehen Sie bitte, dass ich sicherlich nicht klüger als meine Mitbewerbe bin habe jedoch einen wertvollen Mehrwert- an Lebens,- und Berufserfahrungen. Ich bin geistig und körperlich sehr fit, fleißig, zuverlässig, seriös, flexibel sowie extrem belastbar. Meine monatliche Höchstverdienstgrenze beträgt pensionsbedingt Brutto 1.600,- €. Zurzeit bin ich ehrenamtlich Bereich der EU tätig. Freuen Sie sich auf ein Vorstellungsgespräch.”

Auf die Bitte der Beklagten, die Bewerbung über den Online – Bewerbungsbogen einzureichen, antwortete der Kläger: „sorry mit Ihnen kann ich nicht arbeiten Bitte stornieren sie meine Bewerbung”.
Nach weiterer Korrespondenz übernahm die Beklagte die Daten manuell in das System und der Kläger nahm am Bewerbungsverfahren teil. Er wurde wegen Überschreitung der Rentenaltersgrenze letztlich abgelehnt.

Erst- und zweitinstanzlich obsiegte der Kläger. Das BAG hingegen hat die Klage vollumfänglich abgewiesen.

Offen ließ das BAG in der Entscheidung, ob die Ablehnung des Klägers ausnahmsweise nach § 10 Satz 1 und Satz 2 AGG zulässig gewesen wäre, da dieser die Regelaltersgrenze bereits erreicht hatte.
Denn nach Auffassung des Senats war dem Entschädigungsverlangen bereits der Rechtsmissbrauchseinwand entgegenzusetzen. Die Gesamtschau des Bewerbungsverfahrens zeige, dass der Kläger es geradezu auf eine Absage der Beklagten angelegt, mithin die Absage provoziert habe. Aufgrund fehlender gegenteiliger Anhaltspunkte könne hieraus nur der Schluss gezogen werden, dass es dem Kläger gar nicht darum ging, die ausgeschriebene Stelle zu erhalten, sondern dass er mit seiner Bewerbung nur die Voraussetzungen für die Zahlung einer Entschädigung schaffen wollte.
Als Indizien wertete das BAG u. a. die Betonung des Alters, ohne weitere Ausführungen zum geforderten Stellenprofil, das nur oberflächliche Eingehen auf die Stellenanzeige, das ungewöhnliche Verhalten im Verlauf des Bewerbungsverfahrens sowie die fehlerhafte Rechtschreibung gerade und insbesondere mit Blick auf die Forderungen in der konkreten Stellenbeschreibung.

Mit dieser Entscheidung zeigt das BAG die Umstände auf, die auf einen Missbrauch der Rechte aus dem AGG hinweisen. Hieran können sich Arbeitgeber orientieren.
Dringend anzuraten ist aber, bereits sowohl bei der Stellenausschreibung als auch beim Bewerbungsverfahren größte Sorgfalt anzuwenden, um keine Indizien für einen Diskriminierungstatbestand zu setzen, damit Klagen von vornherein vermieden werden können.

Quelle: BAG, Urteil vom 31.03.2022 -8 AZR 238/21

2022-10-10

Print Friendly, PDF & Email