Ralph Schipke

Mietzahlungspflicht bei coronabedingter Geschäftsschließung

Der Bundesgerichtshof hatte die Frage zu entscheiden, ob ein Mieter von gewerblich genutzten Räumen für die Zeit einer behördlich angeordneten Geschäftsschließung während der COVID-19-Pandemie zur vollständigen Zahlung der Miete verpflichtet ist.

Der BGH kam dabei u. a. zu dem Schluss:
Sind vermietete Grundstücke oder vermietete Räume, die keine Wohnräume sind, infolge staatlicher Maßnahmen zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie für den Betrieb des Mieters nicht oder nur mit erheblicher Einschränkung verwendbar, so wird vermutet, dass sich insofern ein Umstand im Sinne des § 313 Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs, der zur Grundlage des Mietvertrags geworden ist, nach Vertragsschluss schwerwiegend verändert hat.
Das OLG Dresden (Vorinstanz, Az.: 5 U 1782/20) sah in seinem Urteil eine Störung der Geschäftsgrundlage, die weder Mieter noch Vermieter hätten vorhersehen können. Die Folgen könnten nicht einer Partei allein zugemutet werden, fand das OLG.
Der BGH stimmte diesem Urteil insofern zu, als dass eine Anpassung der Miete im Fall eines Lockdowns grundsätzlich möglich ist.
Er verwies aber darauf, dass geprüft werden muss, welche konkreten wirtschaftlichen Auswirkungen der Lockdown auf das Geschäft hatte und ob diese so gravierend waren, dass der Textilhändler darum weniger Miete zahlen darf.

Im Folgenden die Leitsätze des Urteils vom 12.01.2022:

a) Die durch die COVID-19-Pandemie bedingte Schließung eines Einzelhandelsgeschäfts führt nicht zu einem Mangel der Mietsache im Sinne von § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB. Dem Vermieter wird dadurch die vertraglich geschuldete Leistung zur Überlassung und Erhaltung der Mietsache in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand auch nicht ganz oder teilweise unmöglich.

b) Im Fall einer Geschäftsschließung, die auf einer hoheitlichen Maßnahme zur Bekämpfung der COVID-19-Pandemie beruht, kommt grundsätzlich ein Anspruch des Mieters von gewerblich genutzten Räumen auf Anpassung der Miete wegen Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB in Betracht.

c) Bei der Prüfung, ob dem Mieter ein Festhalten an dem unveränderten Vertrag unzumutbar ist, verbietet sich eine pauschale Betrachtungsweise. Maßgeblich sind vielmehr sämtliche Umstände des Einzelfalls. Daher sind auch die finanziellen Vorteile zu berücksichtigen, die der Mieter aus staatlichen Leistungen zum Ausgleich der pandemiebedingten Nachteile erlangt hat.

BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 – XII ZR 8/21

2022-01-13

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