Was ändert sich im Jahr 2022 in den Bereichen Arbeitsmarkt, Alterssicherung und Unfallversicherung?

Nachfolgend eine Übersicht zu den wichtigsten Änderungen im Jahr 2022 in den o. g. Bereichen.

Verpflichtender Arbeitgeberzuschuss
Ab dem 1. Januar 2022 müssen Arbeitgeber, wenn Beschäftigte einen Teil ihres Lohns oder Gehalts in eine Betriebsrente umwandeln, immer die ersparten Sozialversicherungsbeiträge, maximal 15 %, zugunsten der Beschäftigten an die Versorgungseinrichtung (Pensionskasse, Pensionsfonds oder Direktversicherung) weiterleiten. Bisher galt diese Verpflichtung nur bei Entgeltumwandlungen, die ab dem 1. Januar 2019 neu abgeschlossen worden sind.

Weiterentwicklung des Statusfeststellungsverfahrens
Das Statusfeststellungsverfahren wird durch die folgenden Reformbausteine weiterentwickelt:

  • Die Einführung einer Prognoseentscheidung ermöglicht die Feststellung des Erwerbsstatus schon vor der Aufnahme der Tätigkeit und damit frühzeitiger als bisher.
  • Anstelle der Versicherungspflicht wird künftig der Erwerbsstatus festgestellt. Damit werden die Beteiligten und die Clearingstelle von bürokratischem Aufwand entlastet und das Verfahren wird vereinfacht und beschleunigt.
  • Es wird eine Gruppenfeststellung für gleiche Vertragsverhältnisse ermöglicht. Dies entlastet insbesondere den Auftraggeber bei gleichen Aufträgen; er muss hierfür nicht mehr separate Statusfeststellungsverfahren durchführen.
  • Zukünftig können bestimmte Dreieckskonstellationen geprüft werden. Auch damit können separate Statusfeststellungsverfahren vermieden werden.
  • Im Widerspruchsverfahren ist eine mündliche Anhörung möglich.

Die neuen Regelungen treten zum 1. April 2022 in Kraft. Wesentliche Reformbausteine gelten zur Erprobung zeitlich begrenzt bis zum 30. Juni 2027. Rechtzeitig vor Ablauf dieser Befristung werden die Reformbausteine bewertet.

Hinzuverdienstgrenze bei Altersrenten
Für das Jahr 2022 beträgt die kalenderjährliche Hinzuverdienstgrenze für Altersrenten vor Erreichen der Regelaltersgrenze, wie bereits für das Jahr 2021, 46.060 €. Bei vorzeitigen Altersrenten in der Alterssicherung der Landwirte werden die Hinzuverdienstgrenzen für das Jahr 2022 erneut ausgesetzt.

Sozialversicherungsrechengrößen 2022
Mit der Verordnung über die Sozialversicherungsrechengrößen 2022 wurden die maßgeblichen Rechengrößen der Sozialversicherung gemäß der Einkommensentwicklung im vergangenen Jahr (2021) turnusgemäß angepasst.
(siehe dazu GründerNews vom 08.12.2021, informiert auch über Sachbezugswerte 2022)

Kurzarbeitergeld:
Die befristeten Sonderregelungen für das Kurzarbeitergeld aufgrund der Covid-19-Pandemie wurden im Wesentlichen bis zum 31. März 2022 verlängert:

  • Die Möglichkeit, die maximale Bezugsdauer des Kurzarbeitergeldes von bis zu 24 Monaten nutzen zu können, besteht für weitere drei Monate.
  • Verlängerung der Sonderregelungen über den erleichterten Zugang (statt mindestens ein Drittel nur mindestens 10 % der Belegschaft eines Betriebs betroffen von einem Entgeltausfall, kein Aufbau negativer Arbeitszeitsalden notwendig)
  • Erstattung von 50 % der von den während der Kurzarbeit allein zu tragenden Sozialversicherungsbeiträge auf Antrag in pauschalierter Form; zusätzliche 50 % möglich bei Weiterbildung während Kurzarbeit nach § 106a SGB III
  • Einbeziehung der Zeitarbeit
  • Der Hinzuverdienst aus einer geringfügigen Beschäftigung wird auch künftig nicht auf das Kurzarbeitergeld angerechnet.
  • Der Anspruch auf die erhöhten Leistungsätze des Kurzarbeitergeldes bei längerer Kurzarbeit (ab dem vierten Bezugsmonat 70 % der Nettoentgeltdifferenz, bzw. 77 %, wenn ein Kind im Haushalt lebt; ab dem siebten Bezugsmonat 80 % bzw. 87 %) wird verlängert. Der Anspruch wird zudem für die Monate Januar, Februar und März 2022 auf die Beschäftigten ausgeweitet, die seit April 2021 erstmals in Kurzarbeit gegangen sind.

Genauere Informationen zum Thema Kurzarbeit können z. B. den FAQ Kurzarbeit der BDA sowie den Hinweise der BA zum Kug entnommen werden.

Insolvenzgeld
Der Umlagesatz für das Insolvenzgeld wird für das Kalenderjahr 2022 auf 0,09 % festgelegt.

Sechste Verordnung zur Änderung der Beschäftigungsverordnung – Westbalkanregelung
Die sogenannte „Westbalkanregelung” wird bis Ende 2023 verlängert. Staatsangehörige aus Albanien, Bosnien und Herzegowina, Kosovo, Montenegro, Nordmazedonien und Serbien können damit unabhängig von einer formalen Qualifikation zur Erwerbstätigkeit nach Deutschland einreisen. Die Bundesagentur für Arbeit muss zustimmen. Neu eingeführt wird ein Kontingent für bis zu 25.000 Personen jährlich.

Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber nach § 185a SGB IX
Am 1. Januar 2022 tritt § 185a SGB IX in Kraft, mit dem bundesweit unabhängige und trägerübergreifende Einheitliche Ansprechstellen für Arbeitgeber eingerichtet werden sollen, die Arbeitgeber über die Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten Menschen informieren, beraten und bei der Antragsstellung unterstützen sollen. Sie sollen auch aktiv Arbeitgeber ansprechen und diese für die Ausbildung, Einstellung und Beschäftigung von Schwerbehinderten Menschen sensibilisieren.
Die Beauftragung der Einheitlichen Ansprechstellen erfolgt über die Integrationsämter. Die Integrationsämter haben auf der Ebene der BIH eine Empfehlung zu den „Einheitlichen Ansprechstellen” erarbeitet und veröffentlicht. Sie finden die „BIH Empfehlung zu §185a SGB IX“ auf der Webseite der BIH: BIH Empfehlungen.
Auf der Webseite der BIH werden auch sukzessive die Einheitlichen Ansprechstellen für Arbeitgeber aufgeführt werden. Mit einer flächendeckenden Beauftragung ist allerdings erst im Laufe des Jahres 2022 zu rechnen.

Teilhabestärkungsgesetz: Verbesserung der Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden im SGB II
Mit dem Teilhabestärkungsgesetz sollen die Jobcenter ab dem Jahr 2022 stärker als bisher in das Reha-Geschehen einbezogen und die Betreuung von Rehabilitandinnen und Rehabilitanden verbessert werden.
Die Jobcenter sollen künftig sozialintegrative Leistungen neben einem Rena-Verfahren erbringen können. Dazu gehören kommunale Leistungen wie die Schuldner- und Suchtberatung (§ 16a SGB II) und das neue mit dem Teilhabechancengesetz geschaffene Instrument zur Teilhabe am Arbeitsmarkt (§ 16i SGB II). Nicht dazu zählen Leistungen nach §§ 16c und 16e SGB II.
Um die Leistungen der Jobcenter und Rehabilitationsträger im Sinne der betroffenen Menschen zu koordinieren und abzustimmen, werden die Jobcenter verbindlich am sog. Teilhabeplanverfahren beteiligt.
Informationen der BA hierzu findet man hier.

Private Arbeitsvermittlung:
Im Bereich der privaten Arbeitsvermittlung treten zum 1. Januar 2022 folgende Änderungen in Kraft:

  • Private Arbeitsvermittler werden verpflichtet, bei einer grenzüberschreitenden Vermittlung die vermittelten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Arbeitsbedingungen des Arbeitsverhältnisses sowie über die Beratungsdienste der Sozialpartner und der staatlichen Stellen in Deutschland zu informieren.
  • Für die Vermittlung einer geringfügigen Beschäftigung darf ein privater Arbeitsvermittler künftig keine Vermittlungsprovision vom Arbeitsuchenden verlangen oder entgegennehmen. Dies gilt sowohl bei einer Geringfügigkeit in der Entgelt- als auch in der Zeitvariante.
  • Die Vergütung für eine erfolgreiche Arbeitsvermittlung in versicherungspflichtige Beschäftigung durch einen privaten Arbeitsvermittler auf Basis eines Aktivierungs- und Vermittlungsgutscheins nach § 45 Absatz 6 SGB III wird um 500 € erhöht,

Budget für Ausbildung jetzt auch für Personen, die bereits im Arbeitsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (WfbM) tätig sind

Ab dem 1. Januar 2022 wird der persönliche Geltungsbereich des Budgets für Ausbildung erweitert. Auch Personen, die bereits im Arbeitsbereich einer WfbM tätig sind, sollen dann über das Budget für Ausbildung eine reguläre betriebliche Ausbildung oder eine Fachpraktikerausbildung aufnehmen können.

Quelle: BDA, BA

2021-01-10

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