Kein Anspruch auf mobiles Arbeiten im Ausland

Auch für kurze Tätigkeiten im Ausland können bereits erhebliche arbeits- und sozialrechtliche Sonderregelungen bei Arbeitnehmern gelten.

In diesem Zusammenhang hat das Arbeitsgericht München mit Urteil vom 27.08.2021 entschieden, dass eine Arbeitnehmerin mit Wohn- und Arbeitsort in München keinen Anspruch auf Genehmigung einer „remote”-Tätigkeit für vier Wochen in der Schweiz bei ihrem Lebensgefährten hat.
Im verhandelten Fall  hatte die Klägerin pandemiebedingt ihre Arbeit – vollständig und technisch störungsfrei – aus dem Homeoffice heraus geleistet.
Im Mai 2021 beantragte die Klägerin die Erlaubnis zur Mitnahme von Handy und Notebook in die Schweiz für einen 4-wöchigen Zeitraum, in dem sie ganz normal von der Schweiz aus arbeiten wollte.
Die Arbeitgeberin lehnte den Antrag ab, denn durch die dauerhafte Arbeit aus der Schweiz entstünden für die Beklagte Pflichten außerhalb der EU hinsichtlich Steuer-, Sozialversicherungs- und Arbeitsrecht, Migration und Betriebsstättenbegründung.

Das Arbeitsgericht begründete seine Entscheidung u. a. wie folgt:

Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Der Arbeitsvertrag der Klägerin enthält hinsichtlich des Arbeitsorts keine Bestimmung, nach der die Verfügungsklägerin ihre Arbeit auch aus dem Ausland erbringen dürfe. Auch eine kollektivrechtliche Bestimmung hinsichtlich des Arbeitsorts, nach der die Arbeit auch aus dem Ausland erbracht werden darf, gab es nicht.
In diesem Fall kommt es auf die Ermessensausübung des Arbeitgebers an.

Da eine nicht nur gelegentliche und kurzzeitige Auslandstätigkeit von Mitarbeitern rechtlichen Klärungsbedarf in Spezialmaterien auslöst, die sich nach ausländischem und internationalem Recht richten, war es daher nach Auffassung des Arbeitsgerichts München nicht zu beanstanden, wenn die Arbeitgeberin sich entschieden hat, die damit verbundenen ganz erheblichen Kosten (für Gutachten oder die Einholung rechtsverbindlicher Auskünfte) nicht tragen zu wollen.
Die Arbeitgeberin konnte sich weder generell noch im vorliegenden Einzelfall damit behelfen, dass sich die betroffenen Arbeitnehmer von ausländischen Behörden Auskünfte erteilen lassen. Diese gewährleisten nicht mit der erforderlichen Verlässlichkeit, dass der Sachverhalt umfassend und für die Beklagte rechtssicher unter allen relevanten Gesichtspunkten geprüft wird.

Tipp:
Arbeitgeber müssen sich vor einer Tätigkeit ihrer Mitarbeiter im ausländischen Mobile Office genau hinsichtlich der rechtlichen Risiken in arbeits-, sozialversicherungs-, Steuer-, aufenthalts- und melderechtlicher Hinsicht informieren.
Denn auch kurze Tätigkeiten im Ausland („workation”) können bereits erhebliche Risiken aufweisen und sollten trotz des geringen Entdeckungsrisikos nicht unterschätzt werden.

Quelle u. a.: Arbeitsgericht München, Urteil vom 27.08.2021 – 12 Ga 62/21

2021-11-02

Print Friendly, PDF & Email