Werbung in sozialen Medien, Verkauf über Online-Plattformen, kontaktloses Bezahlen per Smartphone im Geschäft: Der Einzelhandel in Deutschland ist seit der Corona-Pandemie so digital wie nie.
Zugleich schätzen sich viele Handelsunternehmen als Nachzügler ein, was ihre eigenen Digitalisierungsbemühungen betrifft. Das zeigt eine aktuelle repräsentative Befragung von mehr als 500 stationär oder online tätigen Groß- und Einzelhändlern in Deutschland, die im Auftrag des Digitalverbands Bitkom durchgeführt wurde.
Demnach besitzen zwei Drittel (68 %) der Einzelhändler eigene Social-Media-Profile, um auf sich aufmerksam zu machen. Ein Drittel (34 %) bezahlt für Anzeigen etwa in Form von gesponserten Posts. Insgesamt sind fast drei Viertel (72 %) auf Facebook, Instagram und Co. aktiv – doppelt so viele wie vor zwei Jahren, als es 28 % waren. Auch die Zusammenarbeit mit Influencerinnen und Influencern hat während der vergangenen beiden Jahre deutlich an Bedeutung gewonnen
85 % der Einzelhändler verkaufen im Netz
Aktuell verkaufen 85 % der Einzelhändler ihre Waren komplett oder parallel zu einem stationären Geschäft im Internet. Von jenen Händlern, die online verkaufen, bieten drei Viertel (72 %) ihre Produkte und Dienstleistungen auf Online-Marktplätzen bzw. Online-Verkaufsplattformen wie Ebay, Amazon oder Zalando an. Einen unternehmenseigenen Webshop betreiben 92 %. So gut wie jeder Einzelhändler, der ganz oder teilweise online verkauft, nimmt auch Bestellungen per E-Mail entgegen (99 %).
8 von 10 stationären Händlern bieten kontaktloses Bezahlen per Smartphone
Auch der stationäre Handel baut seine digitalen Services aus. An der Kasse bieten mittlerweile 8 von 10 Einzelhändlern (79 %) die Möglichkeit an, bargeldlos via Smartphone oder Smartwatch zu bezahlen. Auch insgesamt werden Kassensysteme digitaler und mobiler: Tablet- oder Smartphone-gestützte Kassensysteme waren bei 23 % bereits vor Corona im Einsatz, fast genauso viele (20 %) kamen seitdem hinzu. 27 % der stationären Einzelhandelsunternehmen setzen Tablet-PCs und interaktive Bildschirme ein, um ihre Kundschaft zu informieren und zu beraten. W-Lan im Geschäft (88 %) gehört mittlerweile für die meisten stationären Händler zum Standard. Und Loyalitäts- bzw. Bonusprogramme, mit denen man per Smartphone Treuepunkte sammeln kann, gibt es bei 56 % der Einzelhändler.
Die Lieferoptionen wurden in der Pandemie ebenfalls deutlich ausgebaut. So bieten heute 77 % „Click & Collect“ an, wobei Produkte online gekauft und im Laden abgeholt werden. Auch „Dropshipping“, wenn die im Laden bestellte Ware direkt durch den Hersteller bzw. Großhändler an die Kundin oder den Kunden geliefert wird, gibt es bei jedem dritten Händler (33 %).
Digitalisierung ist für den Handel entscheidender Erfolgsfaktor in der Pandemie
Ob Einzel- oder Großhandel: Fast alle der befragten Unternehmen (91 %) sagen, dass durch die Corona-Pandemie Digitalisierung für ihr Unternehmen an Bedeutung gewonnen hat. Mehr noch: Der Einsatz digitaler Lösungen wird von den meisten als entscheidender Vorteil in der Pandemie gesehen.
Corona verändert die Geschäftsmodelle der Handelsunternehmen
Über alle Größen und Handelsbereiche hinweg ist jedes zweite Unternehmen nach eigenen Angaben bislang gut durch die Corona-Krise gekommen (53 %). Ein mit 45 % etwas geringerer Anteil der Händler kann das nicht von sich behaupten und ist sehr schlecht oder eher schlecht durch die Coronazeit gekommen. 3 von 10 Händlern (29 %) hatten sogar Sorge, Insolvenz anmelden zu müssen.
Zugleich gab es einen starken Einfluss auf die Geschäftsmodelle der Handelsunternehmen in Deutschland: So geben 8 von 10 Händlern (83 %) an, infolge der Pandemie bestehende Produkte und Dienstleistungen anzupassen. Jeder Zweite (55 %) bietet neue Produkte und Dienstleistungen an und fast ein Viertel (23 %) nimmt bestimmte Produkte und Dienstleistungen vom Markt. Die Auswirkungen gehen aber auch noch einen Schritt weiter: So spricht ein Drittel (35 %) von Veränderungen seines gesamten Geschäftsmodells.
Kaum anhaltende Investitionen in die Digitalisierung
Drei Viertel (75 %) der Händler sehen Digitalisierung als Chance für ihr Unternehmen – nur 22 % als Risiko. Und viele Unternehmen stellen Budget für Digitalvorhaben bereit. So haben 4 von 10 Händlern (41 %) im Jahr 2020 in die Digitalisierung ihres Unternehmens investiert. Etwas weniger (35 %) investieren in diesem Jahr – mit einem durchschnittlichen Anteil von 5 % an den Gesamtinvestitionen. Die Hälfte (50 %) plant, im Jahr 2022 oder später zu investieren. Die meisten (59 %) haben bereits vor 2020 Geld für die Digitalisierung ihres Unternehmens aufgebracht. Nur 12 % haben noch nicht investiert und planen dies auch nicht.
Der stationäre Handel hat eine Zukunft, muss sich aber verändern
Leerstehende Ladengeschäfte in Fußgängerzonen, finanzielle Belastungen in Folge der Corona-Pandemie, Konkurrenz aus dem Netz: Der stationäre Handel steht unter Druck. Allerdings ist seine Existenz grundsätzlich nicht bedroht, wie ein Großteil der Handelsunternehmen meint. Fast alle sind der Meinung, dass der stationäre Handel auch in Zukunft bestehen bleibt, nur 2 % sagen, dass er keine Zukunft hat.
Dem stimmen auch die meisten Händler zu: 7 von 10 der befragten Unternehmen (71 %) sagen, dass sich der stationäre Handel in den Innenstädten neu erfinden muss.
Präsentation: “So digital ist der deutsche Handel seit Corona”
Quelle und mehr: Bitkom
2021-10-18