Arbeitsrecht: Schadensersatz wegen unterbliebener Zielvereinbarungen

Ein Arbeitnehmer hat vor dem Bundesarbeitsgericht erfolgreich auf Schadensersatzansprüche wegen unterbliebener Zielvereinbarungen aufgrund eines Versäumnis der Arbeitgeberin geklagt.

Die Parteien stritten darüber, ob der Kläger von der Beklagten Schadensersatz wegen entgangener variabler Vergütung (Bonuszahlung) verlangen kann.
Im Arbeitsvertrag des Klägers gibt es eine Bonusregelung folgenden Wortlaut:
„Der Mitarbeiter kann nach Ablauf der Probezeit zusätzlich zu seiner vorgenannten Vergütung eine erfolgsabhängige variable Vergütung (Bonus) abhängig von seiner Leistung und der Geschäftsentwicklung des Arbeitgebers in Höhe bis zu 25 % seines vereinbarten Bruttojahresgehaltes erhalten. Die Bestimmung über die Voraussetzung, die Höhe und die Auszahlung der erfolgsabhängigen variablen Vergütung (Bonus) wird gesondert geregelt.”

In der Klage auf Schadensersatz in Höhe von insgesamt 42.000,00 € vertritt der Kläger die Auffassung, die Beklagte sei verpflichtet gewesen, Zielvereinbarungen für 2016 und 2017 abzuschließen.

Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, dem Kläger keinen Schadensersatz zu schulden. Sie sei nach § 5 des
Arbeitsvertrags schon nicht verpflichtet gewesen, mit dem Kläger Zielvereinbarungen abzuschließen. Sollte dennoch eine solche Verpflichtung bestanden haben, sei zu berücksichtigen, dass mit den dem Kläger im Rahmen des Bewertungssystems „C Success“ im Februar 2017 übersandten und von diesem ausgefüllten Formularen Ziele für das Kalenderjahr 2016 vereinbart worden seien und der Kläger die dort aufgeführten Ziele nicht erreicht habe, weshalb eine Bonuszahlung für das Kalenderjahr 2016 ausscheide. Für das Jahr 2017 könne wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit Ablauf des 31. Mai 2017 allenfalls ein anteiliger Anspruch bestehen. Einer Bonuszahlung für die Kalenderjahre
2016 und 2017 stehe darüber hinaus eine außergewöhnlich negative Geschäftsentwicklung in diesen Jahren entgegen.
Sollte die Beklage wegen unterbliebener Zielvereinbarung dennoch zum Schadensersatz verpflichtet sein, sei ein
Mitverschulden des Klägers am Nichtzustandekommen einer solchen Vereinbarung zu berücksichtigen. Im Übrigen seien etwaige Zahlungsansprüche des Klägers nach der in § 17 des Arbeitsvertrags getroffenen Ausschlussklausel verfallen.

BAG Bejaht mit Urteil vom 17.12.2021 den Anspruch des Arbeitnehmers auf Schadensersatz

Nach Klageabweisung des LAG Hessen (22.11.2019 – 14 Sa 1378/18) bejaht das BAG in seinem Urteil vom 17.12.2021 einen Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB i. V. m. § 283 Satz 1, § 252 BGB wegen nicht abgeschlossener Zielvereinbarung(en).

Die Beklagte – so das BAG – sei nach dem Arbeitsvertrag verpflichtet gewesen, mit dem Kläger eine jährliche Zielvereinbarung abzuschließen. Dies ergebe sich aus der Auslegung der Vertragsklausel.
Die Arbeitgeberin schulde zusätzlich zu der im Arbeitsvertrag geregelten monatlichen Vergütung eine kalenderjährliche erfolgsabhängige variable Vergütung (Bonus), wobei die Bestimmungen über die Voraussetzung, die Höhe und die Auszahlung dieser Vergütung von den Parteien im Wege einer Zielvereinbarung zu treffen waren.
Diese Pflicht habe die Arbeitgeberin verletzt. Denn – so das BAG – bis zum Ablauf der jeweils maßgeblichen Zielperioden, nämlich bis zum Ablauf der Kalenderjahre 2016 und 2017 ist keine Zielvereinbarung zwischen den Arbeitsvertragsparteien zustande gekommen, die es dem Kläger ermöglicht hätte, bei Erfüllung der Voraussetzungen der bestimmten erfolgsabhängigen variablen Vergütung (Bonus) zu verdienen.
Diese Pflicht habe die Beklagte auch schuldhaft verletzt, denn es wäre ihre Sache gewesen, Umstände darzulegen, aus denen sich ergibt, dass sie das Nicht-Zustandekommen einer bzw. jährlichen Zielvereinbarung(en) ausnahmsweise nicht zu vertreten hat.

Leitsatz aus dem Urteil des BAG:
„Ein schuldhafter Verstoß des Arbeitgebers gegen seine arbeitsvertragliche Verpflichtung, mit dem Arbeitnehmer für eine Zielperiode Ziele zu vereinbaren, an deren Erreichen eine Bonuszahlung geknüpft ist, löst jedenfalls nach Ablauf der Zielperiode nach § 280 Abs. 1, Abs. 3 BGB iVm. § 283 Satz 1 BGB grundsätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung aus.“

BAG, Urteil vom 17.12.2020 – 8 AZR 149/20

2021-07-26

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