Stellenanzeige: Diskriminierung wegen des Alters

Die Formulierung „junges, hochmotiviertes Team” kann ein Indiz für eine Benachteiligung wegen des Alters sein, so das LAG Nürnberg mit Urteil vom 27.05.2020.

Beschäftigte dürfen nach § 7 Abs. 1 AGG nicht wegen eines Diskriminierungsmerkmals im Sinne des AGG benachteiligt werden. Zu diesen Diskriminierungsmerkmalen gehören nach § 1 AGG die Rasse, die ethnische Herkunft, das Geschlecht, die Religion oder Weltanschauung, eine Behinderung, das Alter oder die sexuelle Identität.

Zum verhandelten Fall vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg

Eine Firma des Nahrungsmittelgroßhandels hatte eine Stellenanzeige geschaltet. Unter der Überschrift „Wir bieten Ihnen” stand unter anderem, man suche „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeiter in einem jungen, hoch motivierten Team”.
Der 61-jährige Kläger bewarb sich mit einer 18-seitigen Bewerbung und legte seinen Werdegang dar und Zertifikate vor. Im Nachgang sah er sich durch die Formulierung „junges, hoch motiviertes Team” wegen seines Alters diskriminiert. Er klagte auf Zahlung einer Entschädigung, nachdem seine Bewerbung erfolglos blieb.

Das LAG gab der Klage recht und begründete seine Entscheidung u. a. wie folgt:

Bietet ein Arbeitgeber in einer Stellenanzeige eine „zukunftsorientierte, kreative Mitarbeit in einem jungen, hochmotivierten Team”, so liegt hierin eine Tatsache, die eine Benachteiligung des nicht eingestellten 61-jährigen Bewerbers wegen des Alters nach § 22 AGG vermuten lässt.
Begriffe „jung” und “hochmotiviert” beschrieben Eigenschaften, die im Allgemeinen eher jüngeren als älteren Menschen zugeschrieben werden. Der Begriff „hochmotiviert” sei zudem vergleichbar mit dem Begriff „dynamisch”. Dadurch werde die Botschaft vermittelt, dass die Mitglieder des Teams jung und deshalb hochmotiviert sind.
Zudem könne die Formulierung nur so verstanden werden, dass der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer sucht, der in das Team passt, weil er ebenfalls jung und hochmotiviert ist wie die Mitglieder des vorhandenen Teams.
Die Beklagte habe keine ausreichenden Tatsachen vorgetragen und bewiesen, aus denen sich ergebe, dass ausschließlich andere als die in § 1 AGG genannten Gründe, hier das Alter, zu einer ungünstigeren Behandlung des Klägers geführt hätten.
Die umfassende Kritik am beruflichen Lebensweg des Klägers, wie auch an den von diesem aus Sicht der Beklagten vorgelegten Unterlagen, erbringe keine Indizentlastung. Die Beklagte habe nicht vorgetragen, dass sie bei der Behandlung aller Bewerbungen in einem bestimmten Verfahren vorgegangen sei, welches eine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes ausschließe. Dies könne zum Beispiel anzunehmen sein, wenn der Arbeitgeber ausnahmslos alle Bewerbungen in einem ersten Schritt daraufhin sichte, ob die Bewerber/innen eine zulässigerweise gestellte Anforderung erfüllen und er all die Bewerbungen von vornherein aus dem weiteren Auswahlverfahren ausscheide, bei denen dies nicht der Fall sei. Ein solches Verfahren betrieben zu haben, sei von der Beklagten nicht substantiiert dargelegt worden.
Dass der Kläger für die Stelle objektiv nicht geeignet sei, habe die Beklagte ebenfalls nicht ausreichend dargelegt. Im Übrigen halte das Bundesarbeitsgericht am Erfordernis der objektiven Eignung ohnedies nicht fest.

Problematisch für Arbeitgeber:

Besonders schwerwiegend für Arbeitgeber, gegen die Beschäftigte sich auf eine Diskriminierung berufen, ist die in § 22 AGG geregelte Beweislastverteilung.
Das bedeutet: Wenn Arbeitnehmer im Streitfall Indizien nachweisen, die eine Benachteiligung wegen eines der oben genannten Diskriminierungsmerkmale vermuten lassen, tragen die Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz von Benachteiligungen vorgelegen hat.
Das dürfte Arbeitgebern in der Praxis regelmäßig äußerst schwerfallen.

Urteil des LAG Nürnberg vom 27.05.2020 – 2 Sa 1/20

2021-03-18

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