Corona-Auswirkungen auf das Gründungsgeschehen

Das Institut für Mittelstandsforschung (IfM) Bonn hat das Gründungsgeschehen in den ersten 6 Monaten des Jahres 2020 untersucht.

In den ersten 6 Monaten dieses Jahres ist die Anzahl der Existenzgründungen – verglichen mit dem 1. Halbjahr 2019 – um 15,5 % gesunken. Angesichts der erheblichen Unsicherheit, die die Coronavirus-Pandemie zunächst ausgelöst hat, ist dies nicht verwunderlich.

Gründungsgeschehen im gewerblichen Bereich

Drei Aspekte haben sich laut dem IfM-Hintergrundpapier “Gewerbliche Existenzgründungen und Unternehmensaufgaben im 1. Halbjahr 2020 – Auswirkungen der Coronavirus-Pandemie” vorrangig auf das Gründungsgeschehen im gewerblichen Bereich ausgewirkt: Die nationalen Grenzschließungen zu Beginn der Coronavirus-Pandemie, die unterschiedlichen wirtschaftlichen Folgen der Pandemie für die einzelnen Branchen und die Unterstützungsmaßnahmen der Bundes- und Landesregierungen.

Die Anzahl der Gründungen von Einzelunternehmen ausländischer Staatsangehöriger reduzierte sich im ersten Halbjahr 2020 um mehr als 25 %. Damit sank sie deutlich stärker als bei den deutschen Staatsangehörigen (- 14 %). Eine Ursache könnte in den Einreisebeschränkungen zu Beginn der Coronavirus-Pandemie liegen: So sank insbesondere im Baugewerbe, in dem üblicherweise sehr viele ausländische Staatsangehörige unmittelbar nach ihrer Einreise gründen, die Anzahl der Existenzgründungen überdurchschnittlich stark – obwohl die Nachfrage am Baumarkt zunächst kaum von der Pandemie betroffen war.

Ein starker, eindeutig pandemiebedingter Rückgang der Gründungsaktivitäten ist jedoch im Gastgewerbe, bei den sonstigen personenbezogenen Dienstleistungen und im Bereich „Kunst, Unterhaltung und Erholung” zu beobachten. Dagegen konnte man im Gesundheits- und Sozialwesen, in der Land- und Forstwirtschaft bzw. Fischerei sowie bei den Finanz- und Versicherungsdienstleistungen eine Zunahme an gewerblichen Existenzgründungen feststellen.

Nebenerwerbsgründungen: Weniger von der Pandemie betroffen

Seit Jahren nimmt die Anzahl der Nebenerwerbsgründungen zu. Dieser Trend hat sich auch im ersten Halbjahr 2020 fortgesetzt. Die Anzahl der gewerblichen Nebenerwerbsgründungen ist um 1.700 auf 140.100 gestiegen und überschreitet damit die der gewerblichen Existenzgründungen deutlich.

Gründungsbereitschaft von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen

Die erste Welle der Coronavirus-Pandemie hat sich deutlich weniger als erwartet auf die Gründungsbereitschaft von Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen an deutschen Hochschulen ausgewirkt. Einer/eine von drei Gründungsinteressierten entdeckte aufgrund der Pandemie sogar neue Geschäftsmöglichkeiten für sich. Zu diesen Ergebnissen kommt die Sonderauswertung einer Befragung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern an deutschen Hochschulen für das Chartbook “Der Gründungserfolg von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in der Corona-Pandemie”.
In diesem Bereich verhindern eher klassische Hindernisse das Gründungsvorhaben: Vorrangig halten die mangelnde Vereinbarkeit des Gründungsvorhabens mit der aktuellen beruflichen Situation, die zeitliche Belastung sowie fehlende Kenntnisse bzw. Ressourcen und das Risiko zu scheitern gründungsinteressierte Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen von der Umsetzung ihres Gründungsvorhabens ab. Nur einer/eine von sechs gab bei der Befragung an, das Gründungsvorhaben aufgrund der Coronavirus-Pandemie zu verschieben.

Ausblick unsicher

Wie sich das Gründungs- und Liquidationsgeschehen kurz- und mittelfristig weiterentwickeln wird, ist schwer vorherzusehen. Die Coronavirus-Pandemie hält an und behindert somit weiter die Geschäftstätigkeit. Gegenwärtig ist nicht absehbar ist, ob sich die seit dem Frühsommer abzeichnende Erholung weiter Teile der Wirtschaft fortsetzen wird. Davon wird auch die Entwicklung am Arbeitsmarkt abhängen. Stärker noch als die konjunkturellen Aussichten hat in der Vergangenheit das Ausmaß der Arbeitslosigkeit die Gründungsaktivitäten beeinflusst.

Rücksetzer durch Corona-Krise absehbar

Die zunehmende wirtschaftspolitische Unsicherheit der vergangenen Jahre verdirbt die Gründungslust. Umso erfreulicher ist es, dass unter Jüngeren die Präferenz für eine berufliche Selbstständigkeit wieder zugenommen hat, besonders unter Studierenden. Die Corona-Krise trieb die Unsicherheit aber auf neue Höhen. Der Gründungsgeist wird dadurch wohl wieder einen Dämpfer erhalten. Die wirksame Unterstützung der durch die Krise betroffenen Selbstständigen und Unternehmen kann aber helfen, dass es hoffentlich nur ein vorübergehender Dämpfer sein wird. So sieht es eine Analysen und Informationen von KfW Research:

„Gründungsgeist“ bei Jüngeren gestiegen – Rücksetzer durch Corona-Krise absehbar”
PDF, 142 KB, nicht barrierefrei

Hinweis:
Die Studie wurde vor Beginn des Corona-Lockdown-light und dem jetzigen verschärften Lockdown abgeschlossen, sodass die jetzige Situation nicht in die Betrachtung einfließen konnte – natürlich insbesondere was die zu erwartende Entwicklung angeht.
Trotzdem dürften die grundlegenden Aussagen ihre Gültigkeit behalten – zumindest für das Jahr 2020.
Die weitere Entwicklung im Jahr 2021 bleibt abzuwarten.

Quelle: IfW Bonn, Forschungsnewsletter 4/20 | KfW Research Nr. 307, 16. Dezember 2020

2020-12-16

Print Friendly, PDF & Email