Ralph Schipke

LAG-Urteil: Crowdworker einer Internetplattform ist kein Arbeitnehmer

Das Landesarbeitsgericht München hat entschieden, dass zwischen einem Crowdworker und einem Crowd-sourcing-Unternehmen, das einzelne Aufträge vermittelt, mangels konkreter Verpflichtung zur Arbeitsleistung kein Arbeitsverhältnis bestehe.
Zum Sachverhalt:

Die Beklagte war Betreiberin einer Internetplattform und ließ unter anderem Fotos von Tankstellen und im Einzelhandel machen. Diese Aufträge wurden über eine sogenannte »Crowd« vergeben. Der Kläger schloss mit der Beklagten eine »Basisvereinbarung«, die ihn dazu berechtigte, über eine App die auf der Plattform angebotenen Aufträge zu übernehmen. Nach erfolgter Übernahme waren diese regelmäßig innerhalb von zwei Stunden abzuarbeiten. Es bestand einerseits keine Verpflichtung zur Annahme eines Auftrags, andererseits keine Verpflichtung der Plattformbetreiberin, Aufträge anzubieten.

Die Beklagte kündigte dem Kläger per E-Mail das bestehende Vertragsverhältnis, der dagegen Kündigungsschutzklage auf Feststellung des Bestehens eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses einlegte. Die Klage blieb sowohl vor dem Arbeitsgericht als auch dem LAG erfolglos.

Aus der Begründung:

Ein Arbeitsvertrag liegt nach der gesetzlichen Definition nur dann vor, wenn der Vertrag die Verpflichtung zur Leistung von weisungsgebundener, fremdbestimmter Arbeit in persönlicher Abhängigkeit vorsieht. Dies drückt sich im Allgemeinen darin aus, dass der Mitarbeiter Arbeitsanweisungen hinsichtlich Zeit, Ort und Inhalt der geschuldeten Dienstleistung beachten muss und in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingebunden ist. Maßgeblich ist die tatsächliche Durchführung des Vertrages. Die Basisvereinbarung erfüllt die Voraussetzungen schon deswegen nicht, weil sie keinerlei Verpflichtung zur Erbringung von Leistungen enthält. Der Umstand, dass der Kläger tatsächlich einen erheblichen Teil seines Lebensunterhalts durch die Aufträge verdient hat und sich aus verschiedenen Gründen unter Druck gesehen hat, auch in Zukunft Aufträge anzunehmen, führt nach der bestehenden Gesetzeslage nicht dazu, dass der Kläger die Schutzvorschriften für Arbeitnehmer beanspruchen kann. Die Basisvereinbarung konnte deshalb als bloßer Rahmenvertrag auch per E-Mail wirksam gekündigt werden.

Ob bereits jeweils durch das Anklicken eines Auftrags ein befristetes Arbeitsverhältnis begründet worden sei, hat das LAG vorliegend nicht entschieden, da die Unwirksamkeit einer Befristung nur innerhalb einer Frist von 3 Wochen im Klageweg geltend gemacht werden kann, was vorliegend nicht der Fall war.

Das LAG ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision beim Bundesarbeitsgericht zu (BAG, Az. 9 AZR 102/20, siehe aktuell Pressemitteilung BAG vom 03.12.2020).

Quelle: LAG München, Urteil vom 04. Dezember 2019, Az.: 8 Sa 146/19

2020-06-03 (aktualisiert am 04.12.2020)

Print Friendly, PDF & Email