Global Entrepreneurship Monitor: Unternehmensgründungen im weltweiten Vergleich – Länderbericht Deutschland 2019/20

Seit 20 Jahren untersucht der Global Entrepreneurship Monitor (GEM) das weltweite Gründungsgeschehen. Bis zu 70 Länder erheben jährlich Daten zu nationalen Gründungsaktivitäten und den jeweiligen Rahmenbedingungen, was den GEM zum weltweit größten Projekt der ländervergleichenden Gründungsforschung macht.

Der neue GEM-Länderbericht, der in Kooperation zwischen dem Institut für Wirtschafts- und Kulturgeographie der Leibniz Universität Hannover und dem RKW Kompetenzzentrum entstanden ist, analysiert sowohl Gründungsaktivitäten und -einstellungen als auch gründungsbezogene Rahmenbedingungen in Deutschland im internationalen Vergleich.

Zu den zentralen Ergebnissen des neuen Länderberichts, die auf der Befragung auf weltweit 154.991 Bürgern und Bürgerinnen (davon 3.002 in Deutschland) in 50 Staaten sowie 2.315 Gründungsexperten und Gründungsexpertinnen (66 in Deutschland) in 54 Staaten basieren, gehören u. a. folgende Aussagen (Auszug aus dem Dokument):

  • „Anstieg der Gründungsquote
    Die Total early-stage Entrepreneurial Activity (TEA) in Deutschland befindet sich im Jahr 2019 mit 7,6 % auf einem neuen Höchststand. Dieser Wert ist der höchste, der seit Beginn der GEM-Datenreihe vor 20 Jahren ermittelt wurde.
    Trotz dieses Anstiegs belegt Deutschland unter 33 vergleichbaren Ländern mit hohem Einkommen bei einer Gründungsquote von 7,6 % lediglich Rang 28. Auffällig ist der große Rückstand Deutschlands gegenüber Ländern wie den USA, Kanada und Chile.
  • Junge Gründende überwiegen
    In Deutschland liegen im Jahre 2019 die beiden jüngsten der im GEM erfassten Altersgruppen mit einer TEA-Quote von 10,1 % (18–24-Jährige) und 11,8 % (25–34-Jährige) deutlich über dem Mittelwert aller 18–64-Jährigen. Die TEA-Quote der beiden genannten Altersgruppen ist zweieinhalbmal so hoch wie jene der 55–64-Jährigen.
    In Deutschland sind fast die Hälfte der TEA-Gründungen Teamgründungen mit wenigstens zwei Gründungspersonen. 52,9 % entfallen auf Sologründungen, also ohne andere Miteigentümerinnen und Miteigentümer.
  • Migrantinnen und Migranten gründen häufiger
    Die TEA-Quote der Migrantinnen und Migranten in Deutschland ist auch 2019 mit 11,8 % deutlich höher als die der einheimischen Bevölkerung (TEA-Quote 7,4 %).
    Mehr als jede zweite migrantische Gründungsperson gründet aus Mangel an Erwerbsalternativen. Lediglich jede vierte migrantische Person gründet aus dem Motiv heraus, einen größeren Wohlstand und ein höheres Einkommen zu erzielen. Bei der einheimischen Bevölkerung ist dieser Wert statistisch signifikant höher.
    Zwei Drittel der Migrantinnen und Migranten äußern den Wunsch, mit dem Unternehmen die Welt zu verändern. Im Gegensatz dazu sind nur 42 % der einheimischen Gründenden dieser Meinung.
    Zudem zeigen migrantische Gründungspersonen eine wesentlich stärkere internationale Ausrichtung (bezogen auf den Umsatz) ihrer Unternehmungen als die einheimische Vergleichsgruppe. In Bezug auf den Grad der Innovativität sind bei Produkt- und Prozess-Weltneuheiten die Prozentanteile migrantischer Gründungen deutlich niedriger als jene der in Deutschland geborenen Personen.
  • Fortführung der Familientradition“ als wichtigstes Gründungsmotiv
    Im aktuellen GEM-Länderbericht wird erstmalig zwischen vier Gründungsmotiven unterschieden. Zwei Drittel der TEA-Gründungspersonen in Deutschland geben dem Motiv „Fortführung der Familientradition“ die beiden höchsten Bewertungen der Fünferskala. Das andere nicht direkt ökonomische Motiv, „Verändern der Welt“, kommt auf einen Mittelwert von 44 % Zustimmung. 43 % der TEA-Gründungspersonen stimmen dem Gründungsmotiv „Lebensunterhalt verdienen“ zu sowie 32 % dem Gründungsmotiv „Einkommen erhöhen“.
  • Einstellungen zum Gründungsgeschehen in Deutschland
    63 % der Deutschen (68 % der Männer, aber nur 57 % der Frauen) würde die Angst vor dem Scheitern nicht vom Schritt in die Selbstständigkeit abhalten. 52,2 % der Befragten nehmen die Gründungschancen in der näheren Zukunft und in der Region, in der sie leben, als gut wahr (Rang 15 unter den einkommensstarken GEM-Ländern). Der Anteil der Befragten, die gute Gründungschancen sehen, differiert in Deutschland zwischen Männern (56 %) und Frauen (48 %).
    Weiterhin sind 46 % der befragten 18–64-Jährigen der Ansicht, dass sie ausreichende Fähigkeiten und Erfahrungen zur Umsetzung einer Gründung besäßen (Rang 27 unter den 33 Referenzstaaten). Männer sind statistisch signifikant häufiger als Frauen der Überzeugung, die notwendigen Fähigkeiten und Erfahrungen zu besitzen (54 % vs. 37 %).
  • Technologieintensität: Deutschland im Mittelfeld
    Gut ein Viertel der TEA-Gründungen offeriert ein Produkt oder eine Dienstleistung, das/die mindestens für ganz Deutschland neu ist und zusätzlich mindestens bundesweit (und nicht nur lokal oder regional) angeboten wird. Damit liegt Deutschland im Mittelfeld der 33 Länder mit hohem Einkommen.
    10,3 % der TEA-Gründenden sind im mittleren und hohen Technologiebereich aktiv. 11 % bieten ein zumindest für Deutschland neuartiges Produkt oder eine neuartige Dienstleistung an. 20,8 % der TEA-Gründenden planten zum Zeitpunkt der Befragung eine besonders (erwartete) wachstumsstarke Gründung oder haben sie seit 2016 verwirklicht.
  • Räumliche Verteilung von Kundinnen und Kunden und Exportorientierung der TEA-Gründungen
    91,4 % der jungen Unternehmen haben Kundinnen und Kunden in der Region der Gründung bzw. erwarten diese für ihre werdende Gründung. 68,1 % der TEA-Gründenden erreichen zusätzlich auch Kundinnen und Kunden „Andernorts in Deutschland“ oder „Außerhalb von Deutschland“ (50,3 %).
    Einen Exportanteil am Umsatz generiert nur etwas weniger als die Hälfte der TEA-Gründenden bzw. erwarten diesen zu generieren.
  • Gründungsbezogene Rahmenbedingungen im Aufwärtstrend
    Insgesamt schneiden der Schutz des geistigen Eigentums, die Wertschätzung und Offenheit der deutschen Konsumierenden gegenüber neuen Produkt- und Dienstleistungsangeboten von Gründenden sowie öffentliche Förderprogramme im Zuge der Bewertung durch die GEM-Expertinnen und -Experten (n=66) am besten ab.
    Im Vergleich zum Jahr 2018 ist eine leicht positive Veränderung vor allem bei gründungsbezogenen Rahmenbedingungen wie „Gründungskultur“, „Schulische bzw. außerschulische Gründungsausbildung“ sowie „Finanzierung“ zu verzeichnen.
    In der internationalen Gegenüberstellung belegt Deutschland den 13. Platz im Vergleich zu den 33 Ländern mit hohem Einkommen.
  • Unternehmensnachfolge als Gründungsoption ausbaufähig
    Bestehende Matching-Formate reichen teilweise noch nicht aus, um die Unternehmensinhabenden mit Übergabeabsicht und potenzielle Übernehmende effektiv zusammenführen. Trotz der umfassenden Angebote bewertet die Hälfte der befragten Gründungsexpertinnen und -experten die Beratung von Neugründenden zur Unternehmensübernahme als steigerungsbedürftig. Zudem wird die Einschätzung des gesellschaftlichen Bekanntheitsgrades der Unternehmensnachfolge als Gründungsoption von fast 60 % der Befragten als ausbaufähig bewertet.
  • Frühzeitige Förderung digitaler Kompetenzen
    Immerhin 26 % der Befragten schätzen ihre digitalen Kompetenzen positiv ein. Etwas mehr als 57 % geben an, dass sie Kreativität und die Fähigkeit, aus Ideen einen wirtschaftlichen Mehrwert zu schaffen, besitzen.
    Vonseiten der Gründungsexpertinnen und -experten wird der Bevölkerung in Deutschland eher eine schwache Gründungs- und Innovationskompetenz zugeschrieben. Am besten schneiden die technologischen Fähigkeiten zur Schaffung von Innovationen im Bereich Umweltschutz ab.

Auf diese vorgenannten Aspekte geht der Bericht im Weiteren ausführlich ein und gibt diverse Handlungsempfehlungen.
Zusätzlich wird der Gründungsstandort Deutschland im internationalen Vergleich beurteilt.

Der komplette Bericht kann heruntergeladen werden unter:
www.rkw-kompetenzzentrum.de/gruendung/studie/global-entrepreneurship-monitor-20192020

Quelle: Pressemitteilung RKI

2020-05-13

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