Nachfolgend zwei aktuell veröffentlichte Entscheidungen von Finanzgerichten zu Fragen der Einkommens- und Lohnsteuer.
1. Sachbezug: Unbelegte Backwaren mit Heißgetränk sind kein Frühstück
Ein Arbeitgeber hatte seinen Arbeitnehmern unbelegte Backwaren, wie Brötchen und Rosinenbrot nebst Heißgetränken zum sofortigen Verzehr im Betrieb kostenlos zur Verfügung gestellt.
Das Finanzamt sah dies als Frühstück an, dass mit den amtlichen Sachbezugswerten zu versteuern ist. Der Bundesfinanzhof (BFH) hat jedoch mit Urteil vom 03.07.2019 gegen die Auffassung der Finanzverwaltung entschieden.
Die unentgeltliche oder verbilligte Abgabe von Speisen und Getränken durch den Arbeitgeber kann zu Arbeitslohn führen. Arbeitslohn liegt aber grundsätzlich nur dann vor, wenn der Arbeitgeber eine Mahlzeit unentgeltlich oder verbilligt zur Verfügung stellt. Hier hat eine Abgrenzung zu nicht steuerbaren Aufmerksamkeiten zu erfolgen, die lediglich der Ausgestaltung des Arbeitsplatzes und der Schaffung von günstigen Arbeitsbedingungen dienen und die keine Entlohnungsfunktion haben. Nach Auffassung des BFH muss für die Annahme eines (einfachen) Frühstücks jedenfalls ein Aufstrich oder Belag hinzutreten, um eine Mahlzeit im Sinne der Sachbezugsverordnung annehmen zu können.
(BFH, Urteil vom 03.07.2019 – VI R 36/17)
2. Einkommenssteuer: Finanzamt darf gleichen Sachverhalt in unterschiedlichen Jahren anders handhaben
Im Ertragssteuerrecht gilt der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung. Danach darf das Finanzamt den gleichen Sachverhalt in einem Jahr so und im anderen Jahr anders beurteilen.
Im entschiedenen Fall hatte das Finanzamt längere Zeit bei einem Unternehmer akzeptiert, dass er den jeweiligen betrieblichen Pkw nicht privat nutzt. Ein Fahrtenbuch wurde nie gefordert.
Für das streitbetroffene Jahr unterstellte das Finanzamt dann, dass der Unternehmer den Pkw doch privat genutzt habe und besteuerte den geldwerten Vorteil nach der 1 %-Regelung.
Hiergegen wehrte sich der Unternehmer vergebens.
Das Finanzgericht Niedersachsen stellte zunächst heraus, dass der Beweis des ersten Anscheins für eine Privatnutzung des betrieblichen Pkw spricht. Und diesen Anscheinsbeweis konnte der Steuerpflichtige nicht entkräften. Das Finanzamt war an seine steuerliche Würdigung des Sachverhalts in den vorangegangenen Veranlagungszeiträumen im Streitjahr nicht gebunden.
Bei Veranlagungssteuern wie der Einkommensteuer bedeutet die Würdigung eines gleichartigen Sachverhalts in verschiedenen Veranlagungszeiträumen weder einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz noch einen Verstoß gegen Treu und Glauben.
Im Ertragssteuerrecht gilt vielmehr der Grundsatz der Abschnittsbesteuerung, wonach die Grundlagen für die Festsetzung der Einkommensteuer jeweils für ein Kalenderjahr zu ermitteln sind.
Dies erlaubt dem Finanzamt in jedem Veranlagungszeitraum eine erneute Überprüfung und ggf. Änderung einer früheren steuerlichen Würdigung.(FG Niedersachsen, Urteil vom 20.03.2019. Az. 9 K 125/18, NZB: BFH, Az. VIII B 61/19)
2019-10-07