Aktuelle Entwicklungen: Was Gründungen von Frauen auszeichnet

Die Beteiligung von Frauen am Gründungsgeschehen im gewerblichen Bereich ist in den vergangenen Jahren zurückgegangen, so das Ergebnis einer aktuellen Studie des IfM Bonn.

In der Studie wurden ausschließlich Existenzgründungen in der Rechtsform eines Einzelunternehmens betrachtet. Diese Rechtsform macht 73,3 % bzw. 73,4 % aller Existenzgründungen im Jahr 2017 bzw. 2018 aus.

„Seit geraumer Zeit beobachten wir eine erhebliche Abnahme der Existenzgründungen im gewerblichen Bereich, vor allem wegen der positiven Entwicklung am Arbeitsmarkt. Allerdings ist die Gründungsneigung unter den Frauen nochmals stärker gefallen als unter den Männern. Aufgrund ihrer tendenziell niedrigeren Risikoneigung fühlen Frauen sich womöglich stärker noch als Männer von den sich bietenden sicheren Möglichkeiten der abhängigen Beschäftigung angezogen”, berichtet Dr. Rosemarie Kay, stellvertretende Geschäftsführerin im Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM).

Allerdings gibt einen weiteren Grund für den sinkenden Frauenanteil an den gewerblichen Existenzgründungen: den Wegfall der eingeschränkten Arbeitnehmerfreizügigkeit für Bürgerinnen und Bürger der acht ost- und mitteleuropäischen EU-Beitrittsstaaten von 2004 und der zwei EU-Beitrittsstaaten von 2007 (Rumänien und Bulgarien).
„Bis Ende 2013 gründeten die Bürgerinnen und Bürger dieser Staaten in außerordentlich hohem Maße Unternehmen in Deutschland, um ihre Existenz bestreiten zu können. Seit Wegfall dieser Einschränkung ist die Gründungsneigung erheblich gesunken – wiederum stärker unter den Frauen. Den männlichen Bürgern dieser EU-Beitrittsstaaten bieten sich hingegen insbesondere im Baugewerbe weiterhin spezifische Chancen der Selbstständigkeit”, so Dr. Kay.

Weitere Tendenzen

Gründungen durch Frauen besitzen tendenziell ein ebenso großes Innovationspotenzial und sind ähnlich groß wie die von Männern gegründeten Unternehmen.

Auffallend ist, dass Frauen in der jüngsten Vergangenheit zunehmend auch in Wirtschaftszweigen Einzelunternehmen gründen, die nicht als frauentypisch gelten, wie beispielsweise im Produzierenden Gewerbe.

Demgegenüber ist der Frauenanteil in fast allen gewerblichen Dienstleistungsbranchen gesunken – auch in den wissensorientierten Dienstleistungen.
„Allerdings belegt die Auswertung der Gewerbeanzeigenstatistik auch, dass die gewerblichen Einzelunternehmen, die von Frauen gegründet werden, genauso häufig Innovationspotenzial besitzen wie die Gründungen von Männern”, berichtet Dr. Rosemarie Kay. „Auch sind frauengeführte Unternehmen kaum noch kleiner als männergeführte. Vielmehr gaben Frauen zum Zeitpunkt der Gründung sogar häufiger als Männer an, Mitarbeiter einstellen zu wollen.”

Zusammenfassend wurde festgestellt:
  • Die Gründungsneigung von Frauen ist stärker zurückgegangen als die der Männer. Der Frauenanteil an den Existenzgründungen von gewerblichen Einzelunternehmen ist von 33,2 % auf 28,8 % gesunken ist.
  • Das Gründungsverhalten von ausländischen Staatsangehörigen überlagert das Bild vom Gründungsverhalten von Frauen. Denn: Ausländische Frauen gründen keineswegs seltener als deutsche Frauen. Vielmehr gründen ausländische Männer häufiger als deutsche Männer.
  • Frauengründungen sind weit überwiegend im Dienstleistungssektor angesiedelt. Allerdings ist der Frauenanteil an den Gründungen im Produzierenden Gewerbe (ohne Baugewerbe) im betrachteten Zeitraum spürbar gestiegen.
  • Frauen gründen genauso häufig in Branchen mit Innovationspotenzial wie Männer. Von Frauen gegründete gewerbliche Einzelunternehmen besitzen relativ gesehen genauso häufig Innovationspotenzial wie von Männern gegründete.
  • Von Frauen gegründete gewerbliche Einzelunternehmen sind kaum noch kleiner als die von Männern gegründeten. So haben Frauen zum Beispiel zum Zeitpunkt der Gründung sogar häufiger vor, Personal einzustellen.

Weitere Informationen:
IfM Bonn, „Daten und Fakten Nr. 24 – Existenzgründungen von Frauen – aktuelle Entwicklungen“

Quelle: Institut für Mittelstandsforschung Bonn (IfM)

2019-08-21

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