Kreditgeschäft wächst noch kräftig

Das Wachstum des Kreditneugeschäfts mit Unternehmen und Selbstständigen blieb zum Jahresstart auf überdurchschnittlichem Niveau.

Anfang 2019 legte das von KfW Research berechnete Kreditneugeschäft mit Unternehmen und Selbstständigen (ohne Wohnungsbau und Finanzunternehmen) in Deutschland um 6,4 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum zu. Damit blieb seine Dynamik in den ersten drei Monaten des Jahres fast genauso hoch wie im Schlussquartal 2018, als das Wachstum 6,6 % ggü. dem Vorjahr betrug.

Besonders interessant dabei: Das Neugeschäft mit längerfristigen Krediten fiel kräftig aus, obwohl die Konjunkturentwicklung in Deutschland seit dem zweiten Halbjahr 2018 insgesamt betrachtet doch ziemlich enttäuschend ausgefallen war. Die niedrigere Wirtschaftsdynamik und die beobachtbare gedämpftere Stimmung der Unternehmen hätten nahegelegt, dass längerfristige Kreditengagements zunehmend gemieden werden.

Beim Blick auf die Komponenten des realen Bruttoinlandsprodukts (BIP) fällt auf, dass die Unternehmensinvestitionen Juni 2019 zu Jahresbeginn in Deutschland überraschend stark mit 1,9 % im Vergleich zum Vorquartal zugenommen haben – und das in Zeiten konjunkturellen Gegenwinds, der vor allem aus der anhaltend hohen Unsicherheit bezüglich der von den USA ausgehenden Handelsstreitigkeiten und dem immer noch ungelösten Brexit resultiert.
Die plausibelste Erklärung hierzu lautet wie folgt: In Deutschland hatte es im zweiten Halbjahr 2018 Probleme in der Automobilbranche gegeben. Diese schaffte es zum Teil nicht, rechtzeitig ihre Modelle über das neue „WLTP“-Prüfverfahren zum Verkauf registrieren zu lassen. Hierdurch kam es zu Staus bei Produktion und Absatz. Dieser Stau löste sich im ersten Quartal wieder teilweise auf. Offensichtlich haben also die Unternehmen zum Jahresstart nun die von ihnen gewünschten Kraftfahrzeugmodelle nachfragen können. Und wenn diese kreditfinanziert wurden, dürfte dies auch die langfristigen Kreditneuzusagen angeschoben haben.

Erweiterungsinvestitionen zurzeit weniger sinnvoll – Spuren am Kreditmarkt wahrscheinlich

Trifft obige Erklärung zu, dürfte sich das Wachstum der Unternehmensinvestitionen im weiteren Jahresverlauf abschwächen, da der positive „Kfz-Effekt“ nur vorübergehender Natur gewesen sein dürfte.
Angesichts der genannten anhaltenden Unsicherheiten (Handelskonflikte, Brexit) sollte sich zudem das Investitionsmotiv bei der Kreditaufnahme abschwächen.
Sollte es allerdings im Handelsstreit zwischen den USA und China eine Lösung geben, dürfte das die Wirtschaft Chinas und damit auch die der Welt stimulieren. Auch beim mehrfachen „Exportweltmeister“ Deutschland würde in diesem Fall die Erleichterung groß sein. Zurückgehaltene Investitionen könnten getätigt werden. Gleiches gilt für das „Brexit-Thema“. Als Frage bleibt, was aus den von den USA angedrohten Zöllen auf europäische Autos wird.

Zeit starken Kreditwachstums wohl bald vorbei

Der Wachstumstrend des Kreditneugeschäfts dürfte nach seinem Zwischenstopp zum Jahresstart in den kommenden Quartalen wieder nach unten gerichtet sein. Überdurchschnittliche Raten sind perspektivisch kaum noch zu erwarten. Denn die verhaltenen Wirtschaftsaussichten bei nach wie vor hohen Unsicherheiten dürften die – zuletzt noch sehr kräftige – Kreditnachfrage tendenziell dämpfen. Zudem ist davon auszugehen, dass Banken in einem solchen Umfeld bei der Kreditvergabe etwas vorsichtiger werden.
Gleichzeitig kann es durchaus sein, dass demnächst aufgrund von als kurzfristig wahrgenommenen Nachfrageschwächen wieder vermehrt kurzfristige Kredite – zur Lagerfinanzierung oder Überbrückung von Liquiditätsengpässen – aufgenommen werden. Dies würde die Neuzusagen temporär erneut nach oben treiben. Insgesamt aber dürften die fetten Jahre am Kreditmarkt demnächst vorbei sein.

Quelle und mehr: KfW-Kreditmarktausblick

2019-07-02

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