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Wenn das Einkommen nicht reicht: Auch Selbstständige brauchen manchmal zusätzlich Grundsicherung

Eine Studie des Instituts für Mittelstandsforschung (IfM) beschäftigt sich mit der Situation von Selbstständigen, die zusätzlich zu ihrem Einkommen auf staatliche Leistungen angewiesen sind.

Ein besonderer Schwerpunkt lag dabei auf der Untersuchung der Verweildauern in der Grundsicherung für Arbeitsuchende und möglicher Ein- und Austrittsgründe.

Nachfolgend einige Aussagen der Studie:

Hilfebedürftigkeit entsteht meistens aufgrund von Einkommensverlusten
Erlittene Einkommensverluste aus der selbstständigen Tätigkeit sind bei den meisten Selbstständigen ursächlich für den Eintritt in die Grundsicherung. Ihr Einkommen reduziert sich im Vergleich zum Vorjahr durchschnittlich um rund 60 %.
Mehr als ein Viertel der Selbstständigen zehrt vorab noch von Ersparnissen.

Einkommen selbstständiger Leistungsbezieher sind sehr niedrig

Das monatliche Nettoeinkommen der Selbstständigen in der Grundsicherung liegt im Durchschnitt mit gerade einmal 390 € deutlich unter dem der abhängig beschäftigten Leistungsbezieher (746 €) und erst recht unter dem von Personen, die sich nicht in der Grundsicherung befinden.
Das ist umso bemerkenswerter, als die Selbstständigen tendenziell gut ausgebildet sind.
Dieser Unterschied kann nicht auf kürzere Arbeitszeiten zurückgeführt werden. Tatsächlich arbeiten viele der Betroffenen sogar ausgesprochen lange. Entsprechend gering sind dann auch die Stundenlöhne vieler Unternehmer: Durchschnittlich können sie netto lediglich 3,50 € vereinnahmen.

Zumeist schneller Austritt aus der Grundsicherung

Die meisten Selbstständigen beenden den Leistungsbezug relativ schnell innerhalb der ersten beiden Jahre des Leistungsbezugs.
Grund dafür ist meist ein gestiegenes Einkommen aus ihrer unternehmerischen Tätigkeit. Durchschnittlich können sie ihre Einkünfte fast verdreifachen. Das deutet darauf hin, dass sie sich aktiv mit ihrer unternehmerischen Situation auseinandergesetzt und ihr Geschäftsmodell angepasst haben.
Daneben gibt es allerdings auch eine kleinere Gruppe von Selbstständigen, die langfristig in der Grundsicherung verbleiben. Dieses Verharren kann nicht mit den persönlichen Merkmalen dieser Unternehmer erklärt werden. Es wird daher wahrscheinlich auf betriebliche Gründe zurückzuführen sein, was aber aufgrund der Datenlage nicht weiter überprüft werden konnte. Möglicherweise sind diese Unternehmen einfach wirtschaftlich nicht tragfähig oder etwaige Anpassungen des Geschäftsmodells gestalten sich vergleichsweise schwierig.

Grundsicherung für Selbstständige ist grundsätzlich sinnvoll

Die Grundsicherung für Selbstständige ermöglicht es vielen Selbstständigen, auf plötzliche Unternehmenskrisen reagieren und ihr Geschäftsmodell anpassen zu können. Ohne diese Möglichkeit hätten sie ihre Tätigkeit eventuell nicht fortführen können. Insofern ist das derzeitige System sinnvoll.
Da das ALG II – ähnlich wie die meisten Leistungen des Sozialgesetzbuches – grundsätzlich an das (vormalige) Vorhandensein einer abhängigen Beschäftigung anknüpft, ist die Ausgestaltung aus Sicht Selbstständiger mitunter nicht optimal. Ein Beispiel hierfür sind die Unstimmigkeiten, die sich im Hinblick auf die Altersvorsorge Selbstständiger ergeben können.

Hohe Bestandszahlen verdecken Dynamik

Die Anzahl der Selbstständigen in der Grundsicherung war über Jahre hinweg hoch und veränderte sich kaum. Erst im Zuge der guten gesamtwirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahre begann sie zurückzugehen. Dies täuscht zumindest teilweise über eine durchaus vorhandene Dynamik hinweg.
Hinter diesen Bestandszahlen verbergen sich nur zu einem kleinen Teil Selbstständige, die sich nur schwer aus der Hilfebedürftigkeit lösen können. Es ist daher wichtig, dass die Jobcenter die Selbstständigen im Rahmen des „Forderns und Förderns“ dabei unterstützen, möglichst schnell wieder auf eigenen Füßen stehen zu können.

Studie „Persistenz von Selbstständigen in der Grundsicherung“

Quelle: Institut für Mittelstandsforschung (IfM )

2019-06-07

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