KfW-Konjunkturkompass Deutschland

Die konjunkturelle Schwächephase in Deutschland und in der Eurozone hält an, die Stimmung in den Unternehmen hat sich nach dem Jahreswechsel weiter eingetrübt.
  • Die konjunkturelle Schwächephase hält an; nach Stagnation im vierten Quartal 2018 lässt der Stimmungseinbruch zu Beginn des neuen Jahres befürchten, dass die Wirtschaftsleistung im ersten Quartal 2019 allenfalls geringfügig zulegen wird.
  • Wegen des fehlenden Schwungs zum Jahresstart und ungünstigerer Aussichten für die Weltwirtschaft revidiert KfW Research seine Konjunkturprognose für das Gesamtjahr 2019 deutlich nach unten auf nur noch 0,8 % (Vorprognose: 1,6 %)
  • 2020 dürfte die Konjunktur wieder auf 1,8 % anziehen (Erstprognose); vier Arbeitstage mehr überzeichnen die Erholung allerdings erheblich; bereinigt um den Arbeitstageeffekt reicht das Realwachstum mit 1,4 % nur knapp an das Wachstumspotenzial heran.
  • Die Negativrisiken überwiegen, wofür vor allem die weiter offene Brexit-Frage, Handelsspannungen, politische Kontoversen in Europa (italienischer Staatshaushalt, Gelbwesten) und die unklaren Aussichten für die chinesische Konjunktur verantwortlich sind

Bruttoinlandsprodukt

Der ursprünglich erhoffte kräftige Rückprall der Wirtschaftsleistung im Schlussquartal 2018 blieb aus.
Ursächlich für den konjunkturellen Gegenwind ist eine Gemengelage aus temporären Sonderfaktoren und schwächerer Nachfrage aus dem Ausland. Bei den Sonderfaktoren schlugen im dritten Quartal zunächst die hartnäckigen Schwierigkeiten der Autoindustrie bei der Implementierung des neuen Abgasteststandards WLTP (Worldwide harmonized Light vehicles Test Procedure) verstärkt zu Buche. Im vierten Quartal machten sich zudem erhebliche Logistikprobleme infolge rekordniedriger Pegel auf wichtigen deutschen Wasserstraßen wie dem Rhein negativ bemerkbar, besonders in der chemischen und pharmazeutischen Industrie.

Dessen ungeachtet blieb die Binnennachfrage in der Grundtendenz solide und eine Stütze der Konjunktur.

Stimmungseinbruch nach dem Jahreswechsel

Hoffnungen auf eine Rückkehr zu deutlich positiven Quartalswachstumsraten bereits zu Beginn des neuen Jahres wären gleichwohl verfrüht – auch wenn sich die Wasserstände inzwischen normalisiert haben und die WLTP-Probleme abebben, wie die sehr kräftige Erholung bei Auftragseingängen und Produktion von Kraftfahrzeugen im Dezember mit jeweils gut 7 % gegenüber dem Vormonat unterstreicht.

Die wirtschaftliche Stimmung hat sich nach dem Jahreswechsel massiv eingetrübt. Betroffen sind vor allem die Segmente der Wirtschaft, die international besonders exponiert sind. Hauptsächliche Ursache sind der befürchtete ungeordnete Brexit, die schwächere Konjunktur in China sowie die handelspolitischen Spannungen mit den USA.

Insbesondere dürften die Firmen bei ihren Investitionsentscheidungen zurückhaltender sein als zuletzt.

Besserungstendenz im Gesamtjahr

Im Gesamtjahr 2019 wird es trotz der erwarteten Besserungstendenz im Jahresverlauf dennoch lediglich für ein Realwachstum von 0,8 % reichen.

Bereinigt um den Kalendereffekt dürfte das konjunkturelle Grundtempo im kommenden Jahr 2020 bei 1,4 % liegen, was nur knapp den gängigen Schätzungen des deutschen Wachstumspotenzials und auch nur knapp dem kalenderbereinigten BIP-Zuwachs von 2018 (+1,5 %) entspricht.

Die Binnennachfrage bleibt – dank des robusten Arbeitsmarkts und unterstützt durch eine klar expansive Fiskalpolitik in diesem Jahr – eine verlässliche Konjunkturstütze.

Konsolidierung der hohen Kapazitätsauslastung

Indem Deutschland im Prognosezeitraum voraussichtlich unterhalb seiner Produktionsmöglichkeiten wächst, wird die Auslastung des Produktionspotenzials auf hohem Niveau nachlassen.

Für die weitere Überlebenswahrscheinlichkeit des bereits alten deutschen Aufschwungs kann dies sogar günstig sein, zumindest solange die globalen Risiken unter Kontrolle bleiben. Schließlich sind die Produktionskapazitäten nach neun Jahren ununterbrochenen Wachstums inzwischen recht eng, besonders am Arbeitsmarkt.

Negativrisiken überwiegen

Die Unsicherheit ist allerdings groß, Negativrisiken wie ein ungeordneter Brexit, Autozölle, Konjunktursorgen in China und möglicherweise wieder verstärkt geführte politische Kontroversen in Europa – Stichworte: Gelbwesten, italienischer Staatshaushalt – überwiegen. Sollten sie schlagend werden, könnte die Konjunktur vollends kippen.

Quelle und mehr: KfW Research, KfW-Konjunkturkompass Deutschland

2019-02-25

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