Gelten Krankenscheine aufgrund einer telemedizinischen Untersuchung?

Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat der Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zur Dauer von sechs Wochen.

Die Voraussetzung bisher: Die Arbeitnehmer legen eine vom Arzt ausgestellte Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung vor.

Durch eine Änderung der Musterberufsordnung für Ärzte ist das Fernbehandlungsverbot gelockert worden. Damit sind seitdem Fernbehandlungen und telemedizinische Untersuchungen möglich.

Diese Neuerung wird von einem Anbieter genutzt, der gegen Entgelt Krankschreibungen per WhatsApp anbietet, nachdem auf einer Website Fragen zum Gesundheitszustand beantwortet wurden.

Aufgrund der Änderungen in der Musterberufsordnung ist es für die Wirksamkeit einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht notwendig, dass die Diagnose durch einen Arzt aufgrund einer persönlichen Untersuchung erstellt wurde.

Bei Krankschreibungen gilt grundsätzlich, dass sich Arbeitgeber auf die Beurteilung der bescheinigenden Ärzte verlassen müssen. Ob die Untersuchung mit oder ohne persönlichen Kontakt zwischen Patienten und Ärzten erfolgt ist und um welche Krankheit es sich handelt, geht für Arbeitgeber aus der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht hervor.

Auch telemedizinische Untersuchungen sind anzuerkennen

Nach geltendem Recht müssen Arbeitgeber daher auch Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen akzeptieren, die ausschließlich aufgrund einer telemedizinischen Untersuchung ausgestellt wurden.

Entfällt der persönliche Kontakt zum Arzt, besteht das Risiko, dass die Hemmschwelle für Arbeitnehmer sinken kann, falsche oder übertriebene Angaben über ihren Gesundheitszustand zu machen.
Insofern kann bei einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung durch Online-Dienste eine höhere Gefahr der Fehleinschätzung bestehen.
Einer von einem Arzt nach einer telemedizinischen Diagnose ausgestellten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung kann insofern ein geringerer Beweiswert zukommen.

Freie Berufe, Arbeitsunfähigkeit
Nicht nur Medikamente bekommt man übers Internet, auch Krankenscheine werden “online” ausgestellt.
Bei Zweifeln rechtzeitig die Krankenkasse informieren

Bei Zweifeln müssen Arbeitgeber darlegen und beweisen, dass die Bescheinigung ohne eine persönliche Untersuchung im Rahmen des Online-Angebotes ausgestellt wurde und die Möglichkeit besteht, dass eine Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin trotz Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung nicht vorliegt.

Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit sind z. B. dann möglich, wenn Versicherte auffällig oft oder auffällig oft nur für kurze Dauer arbeitsunfähig sind oder der Beginn der Arbeitsunfähigkeit häufig auf einen Arbeitstag am Beginn oder am Ende einer Woche fällt.

Nach § 275 Abs. 1 Nr. 3b SGB V besteht für Arbeitgeber die Möglichkeit, der Krankenkasse die Tatsachen mitzuteilen, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit begründen.
Die Krankenkassen sind in den gesetzlich bestimmten Fällen verpflichtet, eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) einholen, wenn es nach Art, Schwere, Dauer oder Häufigkeit der Erkrankung oder nach dem Krankheitsverlauf erforderlich ist.

2019-02-08

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